Sachsen [3]

Sachsen [3]

Sachsen (Gesch.). I. Sachsen-Wittenberg unter den Askaniern als Herzöge u. Kurfürsten von S. 1180–1422. Bernhard von Askanien, welcher von seinem Vater Albrecht das Land um Wittenberg erhalten hatte u., nachdem ihm nach der Auflösung des Herzogthums S. 1180 auch Titel u. Würde eines Herzogs von S. übergeben war (s. oben S. 655), nun auch den Titel als Herzog von Westfalen u. Engern annahm, führte das Ballenstedtische Wappen, fünf schwarze Balken im goldenen Felde mit dem quer darüber gelegten Rautenkranze (s.d.). Er suchte auch das Land der Polaben, das nachmalige Lauenburgische, zu nehmen, aber Heinrich der Löwe bekriegte ihn seit 1185 u. eroberte 1189 die Lauenburg. Nach Bernhards Tode 1211 (1212) folgte sein Sohn Albrecht I. Die Zersplitterung u. Schwächung des alten Herzogthums S. (s. oben S. 654 s.) benutzte König Waldemar von Dänemark, um den nördlichen über der Elbe gelegenen Theil des Herzogtbums S. an sich zu ziehen; aber 1223 von einem seiner Vasallen, Grafen Heinrich von Schwerin, gefangen, wurde er 1224 u. 1225 zu sehr nachtheiligen Bedingungen, unter ihnen auch zur Rückgabe aller überelbischen Länder, genöthigt. Als aber Waldemar wieder befreit u. durch den Papst von seinen beschworenen Verbindlichkeiten dispensirt, aufs Neue in S. einfiel, wurde er von Albrecht I. bei Bornhövede geschlagen. Um damalige Zeit kam Lauenburg definitiv an Sachsen. Nach dem Tode Albrechts I. 1260 bekam dessen älterer Sohn, Johann, die Lauenburgischen Lande, den einzigen Überrest des damaligen S. (s. Lauenburg, Gesch.), der jüngere, Albrecht II., die Wittenbergischen Lande, den nachmals sogenannten Kurkreis (s.d.); den Titel eines Reichsmarschalls führten Beide, u. die mit dem Herzogthum S. verbundenen lehnsherrlichen Rechte über die sächsischen Grafen wurden von beiden ausgeübt, dagegen kam dem Herzogthum S. nicht mehr als Eine Stimme bei der Königswahl zu. Während der Regierung Albrechts II. wurde die Grafschaft Brehna, welche der römische König Rudolf seinem aus der Ehe Albrechts mit seiner Tochter Agnes erzeugten Enkel Albrecht 1290 verlieh, mit den Besitzungen der Sachsen-Wittenbergischen Linie vereinigt. Auch erwarb Albrecht II. 1269 die Burggrafschaft Magdeburg. Albrecht st. um 1279, u. sein unmündiger Sohn Rudolf I. folgte unter der Vormundschaft seiner Mutter Agnes, Tochter des Kaisers Rudolf von Habsburg. Unter Rudolf brachen Streitigkeiten über die Kur zwischen der Wittenberger u. Lauenburger Linie aus, u. bei der Königswahl nach Heinrichs VII. Tode wurde die lauenburgische Stimme Ludwig dem Baiern gegeben, während Rudolf Friedrich von Österreich mit wählte. Nach dem Tode des Markgrafen Waldemar von Brandenburg 1319 maßte sich Rudolf über den unmündigen Heinrich den Jüngeren die Vormundschaft an u. wurde nach dessen Tode 1320 von einem Theile Brandenburgs, namentlich von einer Vereinigung der meisten Städte in der Mittelmark, 1321 als Oberherr anerkannt, mußte jedoch 1324 dem Sohne des Kaisers Ludwig weichen u. damit zufrieden sein, daß ihm der nunmehrige Markgraf für seinen Aufwand die Mark Lausitz nebst einigen brandenburgischen Städten gegen 16,000 Mark Silber auf 12 Jahre wiederkäuflich überließ. Von Karl IV, welcher das Haus Baiern aus dem Besitz von Brandenburg verdrängen wollte, wurde Rudolf 1347 mit der Altmark u. dem Wisther Kreis nebst den Städten Seehausen, Werben u. Arneburg belehnt (s. Brandenburg S. 184) u. erhielt hiermit, nebst den Fürsten von Anhalt, die Eventualbelehnung mit Brandenburg, welche aber ohne Wirkung blieb, da Karl IV. sich 1349 mit dem Hause Baiernaussöhnte. Karl IV. entschied auch durch die Prager Bulle 1355 den bisherigen Streit zwischen der Wittenberger u. Lauenburger Linie über die Kur u. das Erzmarschallamt zum Vortheil der ersteren. Zugleich wurde die Primogenitur in dem Herzogthum Sachsen-Wittenberg festgesetzt. Die Goldene Bulle von 1356 gab außer den kurfürstlichen Privilegien der Appellationsbefreiung, des Bergregals, Münzregals, Judenschutzes etc. für das Herzogthum S. die Verordnung, daß auf den Fall der Unmündigkeit eines Kurprinzen stets der nächste Agnat zur Führung der Vormundschaft berechtigt sein sollte, u. eine ausdrückliche Versicherung des sächsischen Reichsvicariats.[678] Nach Rudolfs I. Tode 1356 erhielt sein Sohn Rudolf II. einen in Metz den 27. December 1357 über die Kur u. alle Länder, darunter auch über die Pfalz S., ausgefertigten Lehnbrief (Sächsische Goldene Bulle). Gleichwohl nannte sich Erich, Herzog von Lauenburg, Erzmarschall des Reichs u. Kurfürst, u. zwischen Rudolf II. u. dem Herzog von Brabant u. Luxemburg entstand ein Streit über das Recht dem Kaiser das Schwert vorzutragen, welcher sow ohl jetzt, als auch später von 1415 in Kostnitz vom Kaiser Sigismund zu Gunsten S-s entschieden wurde. Rudolf II. bediente sich zuerst des Titels Kurfürst (Princeps Elector) in einer Urkunde von 1370. 1358 erhielt er das von den Markgrafen von Brandenburg an sich gezogene u. nachher an den Markgrafen von Meißen versetzte Schloß Übigau von Karl IV. zugesprochen u. von der Äbtissin von Quedlinburg die, ihrem Stifte anheim gefallene Herrschaft Barby nebst Walternienburg verliehen. Er st. 1370, u. ihm folgte, kraft der Goldenen Bulle, sein Bruder Wenzel, mit Übergehung Albrechts, des Sohnes des älteren Bruders. Bei dem Lüneburger Erbfolgekriege spielten Wenzel u. sein Neffe Albrecht eine Hauptrolle. Schon 1355 hatte Karl IV. das Haus S.-Wittenberg, zum Nachtheil des Hauses Braunschweig, anfallsweise mit dem Herzogthum Lüneburg beliehen, als nun Herzog Wilhelm von Lüneburg, um die sächsische Eventualbelehnung zu vereiteln, seinen Vetter u. Schwiegersohn Ludwig von Braunschweig zum Mitregenten annahm, wurde das Herzogthum Lüneburg durch ein kaiserliches Hofgerichtsurtheil dem Herzog zu S. zugesprochen u. Herzog Wilhelm in die Reichsacht erklärt. Allein Wilhelm behauptete sich nicht nur im Besitz seines Fürstenthums, sondern ließ auch nach Ludwigs Tode 1367 dessen Bruder, Magnus dem Jüngeren, als Nachfolger huldigen. Gleichwohl erhielten nach Wilhelms Tode die Herzöge von S. die wirkliche Belehnung mit den Lüneburger Landen, u. als der Herzog Magnus nicht weichen wollte, erklärte ihn der Kaiser 1371 in die Acht, aber unterstützt vom Herzog Erich von Lauenburg, hielt sich Magnus im Lande, bis er 1373 bei Leveste erschlagen wurde. Nun verglichen sich seine Söhne Friedrich u. Bernhard den 29. Sept. mit den Herzögen zu S. dahin, daß zuerst Wenzel u. Albrecht, nach deren Tode der älteste Sohn od. Enkel des Herzogs Magnus, u. alsdann wieder der älteste Sohn der sächsischen Herzöge die Regierung des Fürstenthums Lüneburg im Namen beider Häuser führen sollte. So regierten die Herzöge von S. das Lüneburger Land, walteten zugleich als Friedrichs u. Bernhards Vormünder u. betrachteten Lüneburg als mit S. vereinigt. Mit ihrem Vetter Erich, welcher die an Magnus versetzten Städte Blekede, Hitzacker u. Schnackenburg zurückgab, schlossen die Herzöge von S. 1374 Frieden. 1385 starb Herzog Albrecht ohne männliche Erben. Das gute Vernehmen der Häuser S. u. Braunschweig, welches dadurch noch mehr befestigt wurde, daß der Kurfürst Wenzel seine Töchter Anna u. Margarethe an die Herzöge Friedrich u. Bernhard von Braunschweig vermählte, wurde von dem dritten Bruder der Letzteren, Heinrich, welcher die Gültigkeit des Vertrags 1373 anzufechten versuchte, weil er wegen seiner Jugend keinen Antheil daran genommen hatte, gestört u. das Mißverständniß vergrößert, als die Stadt Lüneburg den Kurfürsten Wenzel zu ihrem Schutzherrn erwählte. In dem daraus erfolgenden neuen Kriege starb Kurfürst Wenzel bei der Belagerung von Celle, u. seine von den Braunschweigern 1388 bei Winsen geschlagenen Söhne mußten im Frieden vom 21. Jan. 1389 ihren Ansprüchen auf Lüneburg entsagen. Auf den Kurfürsten Wenzel folgte in S.-Wittenberg sein älterer Sohn Rudolf III. Eine Fehde mit dem Erzstift Magdeburg wurde nach einer schiedsrichterlichen Entscheidung der Landgrafen von Thüringen u. Markgrafen von Meißen durch Abtretung Aakens für 2000 Schock Groschen an das Erzstift u. durch Verzichtleistung auf die Ansprüche an die Schlösser Zahna u. Schweinitz von Seiten des Hochstifts geendigt. Da sich Rudolf 1400 an der Absetzung des Kaisers Wenzel betheiligt hatte, wurde er auf seiner Rückkehr von Frankfurt von dem Grafen Heinrich von Waldeck unterwegs gefangen genommen u. nur nach gegebener Zusage, ferner nicht mehr für Wenzels Absetzung zu wirken, losgelassen. Zwischen dem Hause S. u. Anhaltwurde 1404 ein Erbvertrag abgeschlossen, weil die Herzöge von Braunschweig sich damals weigerten die mit dem Hause S. eingegangene Erbverbrüderung fortzusetzen. Dieses ist wohl auch der Grund, daß der Herzog von S. seine Ansprüche auf Lüneburg erneuerte, u. bei der Bestätigung seiner alten Vorrechte u. Besitzungen durch den neuerwählten Römischen König zu Aachen sich damit belehnen ließ. Von Sigismund erhielt Rudolf 1418 auch ein Privilegium goldene Münzen zu schlagen. Rudolf starb 1419 auf einem Feldzuge gegen die Hussiten, u. ihm folgte, da seine beiden Söhne vor ihm gestorben waren, sein Bruder Albrecht III.; dieser wurde durch Finanzverlegenheiten zur Veräußerung der vier burggräflich magdeburgischen Ämter genöthigt u. schloß zur Hemmung des Faustrechts 1421 mit dem Erzbischof Günther zu Magdeburg, dem Markgrafen Friedrich zu Brandenburg u. dessen Sohn Johann ein Bündniß, wie es sein Vorgänger 1408 mit dem Landgrafen in Thüringen u. den Markgrafen zu Meißen gethan hatte. Albrecht starb 1422 u. mit ihm erlosch die Wittenbergische Linie des Askanisch-sächsischen Hauses.

II. S. unter den Wettinern bis zur Ländertheilung 1422–1485. Nachdem 1422 durch den Tod des Kürfürsten Albrecht III. die Sachsen-Wittenbergische Linie des Askanischen Hauses ausgestorben war, erhob der nächste Agnat des letzten Kurfürsten von S.-Wittenberg, der Herzog Erich V. von S.-Lauenburg, Ansprüche, dagegen nahm der Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg für seinen Sohn Johann, welcher mit Barbara, einer Tochter Rudolfs III., vermählt war, Wittenberg nebst dem Kurkreise in Besitz. Indeß erklärte der Kaiser Sigismund S. als erledigtes Reichslehn u. übertrug dasselbe (das Schloß Kalau u. das Kloster Dobrilugk ausgenommen) 6. Jan. 1423 dem Markgrafen Friedrich I. den Streitbaren von Meißen aus dem Hause Wettin, worauf der Kurfürst von Brandenburg das besetzte Land in Folge des Wittenberger Vertrags den 25. Febr. 1423 räumte. Der Name S. wurde nun auf die bisherigen Länder Meißen, Osterland u. Thüringen übergetragen; das Haus Wettin aber sitzt noch auf den Thronen S-s. Friedrich, im Besitz der Kur, ertheilte der sächsischen Landschaft eine feierliche Bestätigung ihrer Freiheiten u. Privilegien u. wurde den 18. Jan. 1424 auf dem Kurfürstentage zu Bingen in das Kurcollegium eingeführt, nachdem er zuvor dem Herzog von Lauenburg Caution geleistet,[679] daß er sich wegen der Ansprüche desselben richterlicher Entscheidung unterwerfen wolle, u. am 1. Aug. 1425 mit der Kur, dem Herzogthum S. u. dem Erzmarschallamte belehnt. Außer dem Kurkreise gehörten ihm das Herzogthum S., die Pfalz S., die Grafschaft Brehna u. die Burggrafschaft Magdeburg, von welcher letzten aber nur noch das Grafengedinge zu Halle übrig war. Der Streit des neuen Kurhauses mit S.-Lauenburg dauerte noch lange fort; Erich V. brachte sogar einen von 1414 datirten falschen kaiserlichen Lehnbrief vor, wodurch die Reichsstände so gegen die Rechtmäßigkeit der Ansprüche Erichs eingenommen wurden, daß sie die Berufung eines Fürstengerichts nicht mehr für nöthig hielten. Als sich darauf Erich wegen verweigerter Justiz bei der Baseler Kirchenversammlung beschwerte u. diese eine aus Prälaten zusammengesetzte Commission ernannte, erkannte weder der Kaiser noch der Kurfürst von S. dieselbe an. 1435 starb Herzog Erich V. u. sein Nachfolger Bernhard ließ die Sache liegen; aber dessen Nachfolger Johann IV. nahm 1472 auf dem Reichstage zu Regensburg den kürfürstlichen Titel u. das kurfürstliche Wappen wieder an. Doch entschied der Kaiser gegen S.-Lauenburg u. gebot dem Herzog den angemaßten Titel u. Wappen abzulegen u. den Reichsständen, Johann für keinen Kurfürsten von S. u. Erzmarschall zu halten.

Kurfürst Friedrich leistete dem Kaiser wiederholt gegen die Hussiten Beistand, erlitt aber die großen Niederlagen 1425 bei Brüx u. 1426 bei Aussig, wobei die Blüthe der sächsischen Wehrmannschaft ihren Untergang fand. Da in letzter Schlacht auch der Burggraf von Meißen, Heinrich von Hartenstein, geblieben war, so belehnteder Kaiser mit dem Burggrafenthum den Voigt Heinrich Reuß von Plauen; doch brachte der Kurfürst dasselbe nach längerem Streit 1440 an sich (s.u. Reuß S. 76). Die Hussiten setzten ihre Angriffe auf das Land des Kurfürsten fort, u. dieser starb aus Kummer darüber 4. Jan. 1428. Sein Sohn Friedrich II. der Sanftmüthige folgte ihm im Herzogthum S. u. in der Kurwürde u. verwaltete auch die Lande seiner Brüder Sigismund, Heinrich u. Wilhelm. Nachdem die Hussitenkriege beendigt u. Heinrich gestorben war, theilte er 1435 die Lande mit Wilhelm u. Sigismund, doch blieben die Kurlande dem Ältesten, in Hinsicht Meißens, des Thüringischen Antheils u. des Osterlandes fand aber eine Mutschirung auf neun Jahre statt, so daß diese Lande in drei Theile getheilt wurden u. jeder der drei Brüder einen Antheil erhielt, welcher alle drei Jahre gewechselt wurde. Sigismund, welchem das Pleißnerland zugefallen war, ließ sich mit dem Voigt Heinrich Reuß von Plauen, Burggrafen von Meißen, in eine verrätherische Verbindung gegen Friedrich ein u. wurde 1437 in Gewahrsam gebracht; er wählte nachher den geistlichen Stand u. wurde 1440 Bischof von Würzburg. Nach dem Tode des Landgrafen Friedrich des Friedfertigen 1440 fiel auch dessen Theil von Thüringen an S., u. Friedrich u. Wilhelm theilten nun in dem Vertrage zu Altenburg den 4. Mai 1440 die Länder dergestalt, daß Wilhelm Thüringen u. die fränkischen Besitzungen, Friedrich dagegen Meißen erhielt; das Osterland, Freiberg, die Bergwerke, die Münze u. die Zehnten blieben gemeinschaftlich. Waren die ersten Jahre von Friedrichs Regierung durch die Einfälle der Hussiten in Meißen 1429, 1430 u. 1432 getrübt worden, so geschah dies noch mehr durch den darauf folgenden Bruderkrieg. Näm lich da sich Friedrich in der Theilung bevortheilt glaubte u. auch die zweite Theilung 1445 zu Altenburg ihn nicht befriedigte, so begann er 1446 Krieg gegen Wilhelm u. nahm zuerst Rosla, ein Besitzthum Apels von Vitzthum, des von Friedrich gehaßten Rathes seines Bruders, worauf Vitzthum dem Herzog Wilhelm seine Güter abtrat. Auf der Seite des Kurfürsten stand der Voigt Heinrich Reuß von Plauen: gegen diesen zog Wilhelm 1450, eroberte Gera u. ließ dort an 5000 Einwohner niedermetzeln. Nun vermittelten Brandenburg u. Hessen den 27. Jan. 1451 einen Frieden zu Naumburg u. Vergleich, durch welchen der Ritter Kunz von Kauffungen, welcher dem Kurfürsten in dem Bruderkriege Beistand geleistet hatte, einige seiner Besitzungen einbüßte u. von dem Kurfürsten Entschädigung dafür verlangte. Als dieser sich aber dazu nicht verstehen wollte, raubte Kauffungen in der Nacht vom 8. auf den 9. Juli 1455 dem Kurfürsten seine beiden Söhne Ernst u. Albrecht aus dem Schlosse zu Altenburg (s. Prinzenraub). Die Prinzen wurden aber bald wieder befreit u. ihr Räuber zu Freiberg hingerichtet. Am 28. April 1457 wurde zu Naumburg ein Erbvertrag zwischen S., Brandenburg u. Hessen geschlossen. Schon vorher hatte König Wladislaw von Böhmen Anspruch auf die Lehnsherrlichkeit von 64 meißnischen Städten u. Schlössern gemacht, doch seine Forderung nicht durchsetzen können; als aber nach Wladislaws Tode Herzog Wilhelm, als Eidam des Kaisers Albrecht II., sich um die böhmische Krone bewarb, verfeindete er sich mit dem Mitbewerber Georg Podiebrad, u. dieser erneuerte die Ansprüche auf die Lehnshoheit der meißnischen Besitzungen. Um einen Krieg mit den Böhmen zu vermeiden, verstanden sich die sächsischen Fürsten unter Vermittelung des Kurfürsten von Brandenburg am 25. April 1459 zu dem Vertrage von Eger, in welchem sie die Lehnsherrlichkeit Böhmens anerkannten u. die Herrschaften Riesenburg, Brüx, Dux u. Landskrona an Böhmen abtraten, dagegen keine Lehndienste übernahmen. Friedrich der Sanftmüthige starb 7. Sept. 1464. Seine beiden Söhne, Ernst u. Albrecht, regierten Anfangs gemeinschaftlich, doch so, daß der ältere, Ernst, die Kurwürde u. das Herzogthum S. allein verwaltete. 1466 überzogen die Brüder den Voigt Heinrich von Plauen mit Krieg u. eroberten Plauen, Ölsnitz u. Adorf. 1471 wurde das ergiebige Silberwerk bei Schneeberg entdeckt, welches eine so reiche Ausbeute gewährte, daß davon 1472 das Herzogthum Sagan in Schlesien für 50,000 Goldgulden, u. die Herrschaften Sorau, Beeskow u. Storkow 1477 für 62,000 Gulden gekauft werden konnten. (Die letztern wurden aber schon 1510 gegen Wiederzahlung der Kaufsumme den frühern Besitzern zurückgegeben, das erstere aber 1547 an Böhmen abgetreten.) Nach dem Tode des Königs Podiebrad von Böhmen 1474 bewarb sich Herzog Albrecht, welcher 1460 dessen Tochter Zedena geheirathet hatte, um die böhmische Krone, doch gab er seine Ansprüche auf, als der Prinz Wladislaw von Polen das Übergewicht erhielt. Der Kursnrs leistete seiner Schwester, der Äbtissin Hedwig vor Quedlinburg, gegen die dasigen Bürger Beistand, wofür er 1479 die Schirmherrschaft über dieses Stift erhielt; seinen Sohn, den Erzbischof Ernst von Magdeburg, unterstützte er 1478 bei der Erboberung[680] der widerspenstigen Stadt Halle u. half ihm 1486 die Stadt Halberstadt überwältigen. Bis 1480 hatten beide Brüder in Eintracht regiert, nun aber fand, eingetretener Mißhelligkeiten halber, unter der Vermittlung des Bischofs von Meißen eine Auseinandersetzung statt. Albrecht erhielt einen Jahrgehalt von 14,000 Gulden, das Schloß Tharand u. die Städte Dippoldiswalde, Dommitsch, Schilda u. Torgau. 1483 fiel nach dem Tode Wilhelms, des Oheims beider, Thüringen an S., u. nun wurde festgesetzt, daß des Herzogs Albrecht Jahrgehalt um 3000 fl. erhöht werden u. die bisherige Regierung noch 10 Jahre fortwähren sollte. In diesem Jahre erhielt Albrecht von dem Kaiser die Anwartschaft auf die Jülichschen Lande (s. unten S. 681) u. der Kurfürst Ernst die Mitanwartschaft. Neue Mißhelligkeiten veranlaßten jedoch bald eine Theilung der Länder unter die Brüder.

III. Von der Ländertheilung 1485 bis zur Schlacht bei Mühlberg 1547. In der Theilung zu Leipzig am 28. Aug. 1485 wurden die Länder in zwei Portionen getheilt; auf die eine kam Meißen, auf die andere Thüringen nebst dem halben Osterland mit Altenburg u. Eisenberg, auch Saalfeld u. das, was im Voigtlande u. in Franken zu S. gehörte; gemeinschaftlich blieben die Schirmherrschaft über das Hochstift Meißen, die Bergwerke, die Schutzgelder von Erfurt, ferner Mühlhausen, Nordhausen u. Görlitz, wie auch die Lehnsanfälle. Damit aber beide Fürstenhäuser stets in einem gemeinschaftlichen Vernehmen bleiben möchten, so sollte jeder in dem Gebiete des andern einige Besitzungen erhalten, daher wurden zur Meißner Portion Weißenfels, Kamburg, Jena, Freiburg, Weißensee, Sangerhausen, Eckartsberga, Thomasbrück u. Tennstädt, zur Thüringischen Portion dagegen Torgau, Dommitzsch, Eilenburg, Kolditz, Grimma u. Düben, Zwickau u. Annaberg geschlagen. Der Besitzer von Meißen sollte überdies noch an den von Thüringen 100,000 fl. zahlen. Albrecht, welchem als dem jüngern Bruder die Wahl gelassen war, wählte die Meißner Portion, zahlte seinem Bruder Ernst aber nur 50,000 Gulden u. trat ihm das Amt Jena ab; Ernst erhielt Thüringen u. behielt die Kurwürde. Am 24. Febr. 1486 ertheilte der Kaiser Friedrich III. beiden Brüdern die Lehen über ihre Länder.

A) Ernestinische Linie (Kurlinie) in Thüringen. Kurfürst Ernst starb am 26. August 1486; ihm folgte sein ältester Sohn Friedrich III. der Weise; der zweite u. dritte Sohn, Albrecht u. Ernst, hatten den geistlichen Stand gewählt, der vierte, Johann, war noch minderjährig u. stand unter Vormundschaft des ältesten. 1493 unternahm Friedrich III. eine Reise nach Jerusalem u. erwarb 1496 die Herrschaft Querfurt, nachdem mit dem letzten Grafen Bruno diese Dynastie erloschen war; die Anwartschaft auf die Erbfolge in Jülich u. Berg bestätigte der Kaiser 1507 u. 1511 dem Kurfürsten, welcher 1507 auch die Anwartschaft auf Lauenburg erhielt. Auf Antrieb seines Leibarztes Pollich hatte Friedrich die Universität zu Wittenberg gestiftet, welche am 18. Oct. 1502 eingeweiht wurde, u. an welche er Martin Luther als Professor berief, welcher am 31. Oct. 1517 durch seine 95 Sätze die Reformation (s.d.) begann. Vergebens verlangte der Papst von dem Kurfürsten Friedrich Luthers Sendung nach Rom, derselbe vermittelte nur das Religionsgespräch Luthers mit Cajetan zu Augsburg 1518 u. ließ, als dieses erfolglos blieb, die angefangene Reformation ihren Weg gehen u. schützte Luthern allenthalben, blieb aber für seine Person der Katholischen Kirche treu u. empfing erst auf dem Sterbebette das Abendmahl unter beiderlei Gestalt. Auf die Angelegenheiten des Deutschen Reiches hatte Friedrich der Weise den größten Einfluß u. sein Ansehn im Reiche war so groß, daß ihm nach Maximilians Tode 1519, wo er das Reichsvicariat, welches er schon in des Kaisers Abwesenheit 1496 u. 1507 geführt hatte, bekam, die Kaiserkrone angeboten wurde, doch nahm er sie nicht an, sondern lenkte die Wahl auf Karl V. 1525 brach in Deutschland der Bauernkrieg aus, welcher sich bis nach Thüringen verbreitete, dessen Beendigung aber der Kurfürst nicht mehr erlebte; er starb unvermählt am 5. Mai 1525 zu Lochau, u. ihm folgte sein jüngster Bruder, Johann der Beständige, welcher schon bei Friedrichs Lebzeiten 40 Jahre lang Mitregent in den Ernestinischen Landen außerhalb dem Herzogthum S. gewesen war. Er endigte den Bauernkrieg durch die Schlacht bei Frankenhausen, 15. Mai 1525. Als ein eifriger Beförderer u. öffentlicher Bekenner der Reformation schloß er 1526 mit dem Landgrafen Philipp von Hessen u. andern Reichsständen das Bündniß zu Torgau zum Schutz gegen den von den Katholischen zu Dessau geschlossenen Bund. Er gründete Schulen, setzte evangelische Prediger ein, verordnete 1528 eine allgemeine Kirchenvisitation u. stand an der Spitze der auf dem Reichstage zu Speier 1529 protestirenden Reichsstände u. ebenso derer, welche 1530 zu Augsburg die Confession überreichten. 1531 half er den Schmalkaldischen Bund (s.d.) stiften, zu dessen Haupt er nebst dem Landgrafen Philipp von Hessen ernannt wurde. Die Stiftung dieses Bundes veranlaßte 1532 den ersten Religionsfrieden in Nürnberg, durch welchen den protestantischen Ständen die freie Ausübung der Religion nach Luthers Verbesserung bis zur Haltung eines allgemeinen Concils gestattet wurde. Johann starb 16. Aug. 1532 u. hatte seinen ältesten Sohn, Johann Friedrich den Großmüthigen, zum Nachfolgerin der Kurwürde. Dieser regierte die Kurlande allein u. fand seinen jüngern Bruder Johann Ernst, nachdem er nach dem väterlichen Testament seit dessen Volljährigkeit 1539 die Regierung mit ihm gemeinschaftlich geführt hatte, 1542 mit der Pflege Koburg u. mit einem Jahrgehalt von 14,009 Gulden ab. Über den Kadaner Vertrag vom 29. Juni 1534, wegen Anerkennung Ferdinands I. als römischen Königs, erhoben sich Mißverständnisse mit Kaiser Karl V., doch erhielt Johann Friedrich von diesem 1535 in Wien die Belehnung mit der Kurwürde u. den gesammten Landen, welche der Kaiser seinem Vater verweigert hatte u. die durch Johann Friedrichs Vermählung mit Sibylle von Kleve 4526 erworbenen Ansprüche auf das Herzogthum Kleve anerkannt. Johann Friedrich löste 1538 für 9009 Mark Silber die an die Stadt Magdeburg verpfändeten Ämter des Burggrafenthums Magdeburg ein u. erneuerte den Titel eines Burggrafen von Magdeburg. In den Schmalkaldischen Bundeskrieg 1546 verwickelt, verlor er sein u. des Bundes Übergewicht über den Kaiser u. gerieth in die Acht; die Achtsvollstreckung wurde seinem Vetter, dem Herzog Moritz von Sachsen, aufgetragen, welcher in die Kurlande eindrang, während der Kurfürst in Süddeutschland[681] abwesend war; zwar eroberte der Kurfürst 1547 seine Staaten zurück, nahm am 2. März den Markgrafen Albrecht von Baireuth, einen Verbündeten des Herzogs Moritz, bei Rochlitz gefangen u. besetzte auch einen großen Theil der Lande des Herzogs, wurde aber in der Lochauer Haide bei Mühlberg am 24. April 1547 von dem kaiserlichen Heere geschlagen u. gerieth in Gefangenschaft des Kaisers, wo er am 18. Mai die Wittenberger Capitulation einging, darüber s. das Ausführliche unter Schmalkaldischer Krieg. Vermöge dieser Capitulation verlor Johann Friedrich die Kurwürde u. die Kurlande, seinen Söhnen wurde aber ein Gebiet zugestanden, welches 50,000 rheinische Gulden jährlich eintragen sollte u. aus den Ämtern Gerstungen u. Breitenbach, einem Theil von Salzungen u. dem sechsten Theil von Treffurt, dem Schloß u. Amt Wartburg, der Stadt Eisenach, den Städten u. Ämtern Kreuzburg, Weimar, Tenneberg, Roda, Jena, Kamburg, Dornburg, Buttelstädt, den Städten Buttstädt, Waltershausen, Orlamünda, Kahla, Schloß u. Amt Leuchtenburg, den Ämtern u. Flecken Kapellendorf u. Rosla, Schloß u. Amt Wachsenburg, den Ämtern Arnshaugk, Weida, Ziegenrück u. den dazu gehörigen Klöstern Georgenthal, Reinhardsbrunn, Ettersberg, Ichtershausen, Bürgel, Laußnitz u. einigen Jagdschlössern bestand; dann überließ König Ferdinand den Söhnen Johann Friedrichs Saalfeld als böhmisches Lehn, u. von den auf diesem Gebiet haftenden Schulden übernahm Herzog Moritz 100,000 Gulden. Diesem Herzog Moritz wurden aber am 1. Juli die sächsische Kurwürde u. die von Johann Friedrich abgetretenen Lande übertragen, wogegen er die böhmischen Lehen im Voigtlande, Plauen, Voigtsberg, Ölsnitz, Adorf, Pausa, Mühldruff, Neukirch u. Schöneck an Heinrich V. Reuß, Voigt von Plauen, an König Ferdinand aber das schlesische Herzogthum Sagan u. die Lehnshoheit über die Reußischen Lande Gera, Greiz, Schleiz u. Lobenstein abtreten, in dem Bisthum Naumburg, statt des evangelischen Bischofs von Amsdorf, den katholischen Bischof Julius von Pflug anerkennen u. auch die Herstellung der alten Verhältnisse im Stifte Merseburg gestatten mußte. Die Residenz der Herzöge wurde Weimar. Der Bruder Johann Friedrichs, Johann Ernst, behielt zwar die Pflege Koburg, aber sein Jahrgehalt von 14,000 Gulden wurde ihm auf die Hälfte beschränkt.

B) Die Albertinische Linie (Herzogliche Linie) in Meißen. Herzog Albrecht der Beherzte, welcher bereits 1483 vom Kaiser die Anwartschaft auf Jülich erhalten hatte, hatte in der Theilung von 1485 die Meißnische Portion erhalten (s. oben S. 680), welches augenscheinlich die bessere Hälfte war. 1487 leistete er dem Kaiser Beistand gegen den König Matthias von Ungarn u. führte 1488 zur Befreiung des von den Niederländern gefangen gehaltenen römischen Königs Maximilian ein Heer nach den Niederlanden, während er in seiner Abwesenheit seinem ältesten Sohn die Regierung seines Landes übertragen hatte. Deshalb wurde er von Maximilian zum Statthalter der Niederlande ernannt u. erhielt 1498 die Erbstatthalterschaft von Friesland. Als er nach S. zurückkehrte, hatte er seinen zweiten Sohn Heinrich zum Unterstatthalter in Friesland ernannt; gegen diesen empörten sich aber die Friesen u. belagerten ihn in Franeker; Albrecht eilte ihm zu Hülfe u. überwältigte die Friesen, starb aber 12. Septbr. 1500 in Emden. Zufolge eines am 18. Febr. 1499 geschlossenen Erbvertrags hatte Albrecht verordnet, daß eine Landestheilung nicht stattfinden, sondern sein ältester Sohn Georg der Bärtige od. der Reiche die Albertinischen Lande, der jüngere, Heinrich, dagegen die Erbstatthalterschaft von Friesland erhalten sollte; im Falle aber Österreich die Erbstatthalterschaft einlösen würde, sollte Heinrich die Ämter Freiberg u. Wolkenstein mit der Landeshoheit u. 1/4 aller Landeseinkünfte erhalten. Da die Friesen sich gegen Heinrich abermals empört hatten, überließ dieser seinem Bruder Georg die Erbstatthalterschaft u. nahm 1505 dafür Freiberg u. Wolkenstein nebst einem Jahrgelde von 12,500 Gulden an. Der immerwährenden Händel müde, trat aber auch Georg 1515 die Erbstatthalterschaft an den Erzherzog Karl von Österreich für 200,000 Gulden ab. Der beginnenden Reformation nach lutherischer Weise, ohne die Auctorität eines allgemeinen Concils, widersetzte sich Georg mit Strenge, bes. als eine von ihm 1519 in Leipzig zwischen Eck u. Luther veranlaßte Disputation die Streitigkeiten nicht ausgeglichen hatte u. er das Unwesen der Wiedertäufer u. Bauernaufstände als Folge dieser Art des Reformircus ansah. Er vertrieb mehr als 1000 Anhänger der Evangelischen Lehre aus seinem Lande, ohne doch dem Umsichgreifen der Reformation steuern zu können. 1521 wurde Jülich u. Berg, womit S. eventuell belehnt worden war (s. oben S. 680), trotz dem lebhaften Widerspruch Georgs mit Kleve vereinigt. Große Verdrießlichkeiten verursachte ihm sein Kanzler Otto von Pack (s.d.), welcher 1528 dem Landgrafen Philipp von Hessen vorspiegelte, daß der Herzog Georg mit dem Kaiser u. mehren katholischen Fürsten ein Bündniß zur Vertilgung der Lutherischen Lehre geschlossen habe. Die innere Regierung führte Georg mit großer Einsicht u. kluger Wirthschaftlichkeit. Er entwarf ein Testament, nach welchem, da seine Kinder sämmtlich gestorben waren, seinem Bruder Heinrich u. dessen Söhnen, Moritz u. August, die Erbfolge zustehen sollte, wenn sie zur Römischen Kirche zurückkehrten, im Weigerungsfalle sollte ihm der Römische König Ferdinand I. succediren. Georg starb aber 1539, bevor er das Testament unterschrieben hatte. Georgs Bruder, Heinrich der Fromme, war dem Lutherthum geneigt, er begünstigte dessen Ausbreitung aus allen Kräften, führte bald nach Antritt seiner Regierung die Reformation in Leipzig u. die kurfürstliche Kirchenordnung in seinen Landen ein u. veranstaltete cine Kirchenvisitation. Er hatte kurz vor seinem Tode 1541 seinem Sohn Moritz durch Testament die Regierung abgetreten u. gegen die Albertinische Hausordnung eine Landtheilung unter seine beiden Söhne verordnet. Dieses Testament ließ aber Moritz unbeachtet u. verglich sich am 6. Mai 1544 mit seinem Bruder August dahin, daß er demselben die Ämter u. Städte Freiburg, Laucha, Sangerhausen, Weißensee, Kindelbrück u. Sachsenburg überließ u. ihm die Administration des Hochstifts Merseburg ertheilte (da dieses jedoch bei der Wittenberger Capitulation abgetreten werden mußte, so erhielt August hierfür die Ämter Weißenfels, Eisenberg u. Schwarzenberg). Moritz war zwar am Hofe des Kurfürsten Johann Friedrich für die Lutherische Lehre gewonnen worden, stand aber dessen ungeachtet mit dem Kurfürsten Johann Friedrich von S.[682] in keinem guten Vernehmen, u. 1542 kam es zwischen beiden wegen der in Wurzen ausgeschriebenen Türkensteuer sogar zu einer Kriegsdrohung, dem Fladenkrieg (so benannt, weil er in die Osterzeit fiel u. die Thaten beider Heere darin bestanden, daß sie bes. in der Gegend von Wurzen u. Oschatz den Bauern die Osterfladen wegaßen), welcher aber ohne Blutvergießen durch die Vermittelung des Landgrafen Philipp geendigt wurde. Dem Kaiser leistete er 1542 Beistand gegen die Türken u. wohnte den Zügen desselben nach der Champagne 1543 u. 1544 bei. Der Reformation war er entschieden zugethan, stiftete auch die beiden Consistorien in Leipzig u. Meißen (welches letztere nachmals nach Dresden verlegt wurde); die Universität Leipzig stattete er mit eingezogenen Klostergütern reich aus, auch stiftete er 1543 u. 1544 die Landesschulen in Meißen, Pforta u. Merseburg (welche letztere 1550 nach Grimma verlegt wurde). Obwohl er kein Mitglied des Schmalkaldischen Bundes war, so kämpfte er doch mit dem Kurfürsten von S. u. dem Landgrafen Philipp von Hessen gegen den Herzog Heinrich von Braunschweig, nahm denselben gefangen u. lieferte ihn an den Landgrafen Philipp aus. Als es aber 1546 zum Kampfe zwischen dem Kaiser u. den Gliedern des Schmalkaldischen Bundes kam, entschied sich Moritz, um seinen längst gehegten Plan auf die Kurwürde auszuführen, für den Kaiser, welcher ihm in einem geheimen Vertrag 19. Juni 1546 in Regensburg Würde u. Erblande des Kurfürsten Johann Friedrich zugesagt hatte. Er fiel nun in die Kurlande ein u. eroberte dieselben, mußte sie zwar wieder verlassen, aber in Verein mit den kaiserlichen Truppen siegte er 24. April 1547 bei Mühlberg, wo der Kurfürst gefangen u. nun die Kur an Moritz übertragen wurde, s. oben S. 681. Am 1. Juli 1547 erfolgte die Belehnung mit den Ernestinischen Landen, ausgenommen den Ämtern in Thüringen u. Franken.

IV. Nach dem Wechsel der Kurlinie 1547 bis 1862. A) Albertinische od. Kurfürstliche Linie, nachmals Königreich Sachsen. Derneue Kurfürst Moritz grollte aberinsgeheim dem Kaiser, seinem Wohlthäter, weil derselbe wider den Vertrag seinen Schwiegervater, den Landgrafen Philipp von Hessen, gefangen hielt u. überhaupt mit dem Plane umging die Rechte u. Freiheiten der deutschen Reichsstände zu unterdrücken u. sich zum unbeschränkten Herrn Deutschlands zu machen. Moritz benutzte die ihm übertragene Achtsvollziehung an Magdeburg u. die Belagerung dieser Stadt 1550–51, um ein starkes Heer zu sammeln, mit welchem er den Kaiser, nachdem derselbe seine wiederholten Bitten wegen Freilassung seines Schwiegervaters stolz abgelehnt hatte, nun offen angriff, nach Tyrol trieb u. zum Vertrag von Passau am 31. Juli 1552 nöthigte, worin der Kaiser den Protestanten ungestörte Ausübung des Gottesdienstes u. dem Landgrafen Philipp von Hessen u. dem Kurfürsten Johann Friedrich die Freiheit gab. Seinem bisherigen Verbündeten, dem Markgrafen Albrecht von Kulmbach, welcher wider den Passauer Vertrag den Krieg gegen die Bischöfe u. Reichsstädte fortführte, lieferte er 9. Juli 1553 die Schlacht bei Sievershausen im Lüneburgischen, welche er zwar gewann, doch dabei eine tödtliche Wunde erhielt, an welcher er am 11. Juli starb. Moritz erwarb sich nicht allein durch Förderung der geistigen Bildung u. Gründung von gelehrten Schulen Verdienste um das Land, sondern auch durch die Unterstützung des Bergbaues u. Hüttenwesens; außerdem befestigte er Dresden, Leipzig u. Pirna u. organisirte das Heer. Ihm folgte sein Bruder August, welcher sich damals bei seinem Schwiegervater, dem König von Dänemark, aufhielt, weshalb die Landstände Anfangs die Regierung führten. Der entsetzte Kurfürst, Johann Friedrich, machte nun wieder Ansprüche auf die abgetretenen Würden u. Länder, doch kam durch Vermittelung des Königs von Dänemark am 24. Febr. 1554 der Naumburger Vertrag zu Stande, durch welchen die Wittenberger Capitulation in Kraft blieb, der Ernestinischen Linie aber Amt, Stadt u. Schloß Altenburg, die Städte Schmölln u. Lucka, die Ämter Sachsenburg, Herbesleben (mit Ausnahme der Stadt Tennstädt), Eisenberg, Schwarzwald, die Städte Neustadt a. d. Orla, Triptis, Pößneck u. Auma, die Lehnshoheit über Arnstadt u. Gleichen abgetreten u. 100,000 Gulden gezahlt wurden, auch behielt Johann Friedrich den Titel geborener Kurfürst. 1555 wurde gleichfalls in Naumburg zwischen beiden Linien die schon früher verabredete Erbvereinigung u. Erbverbrüderung bestätigt. Unter Augusts Mitwirkung wurde am 25. Septbr. 1555 der Religionsfriede zu Augsburg geschlossen, wodurch die Evangelischen mit den Katholiken gleiche Rechte erhielten. 1555 wurde auch August zum Kreisobersten des Obersächsischen Kreises erwählt, u. diese Würde blieb nun bei Kursachsen bis zur Auflösung des Deutschen Reiches. 1557 veranstaltete August eine allgemeine Kirchenvisitation u. erneuerte mit dem Römischen Könige die seit 1439 bestehende Erbeinigung zwischen Böhmen u. S., wodurch beide Staaten sich zu gegenseitigem Beistande u. zur Begünstigung des Handelsverkehrs zwischen ihren Landen verpflichteten. Nachdem der Kurfürst 1558 die Erneuerung des Privilegiums de non appellando erwirkt hatte, errichtete er 1559 das Appellationsgericht zu Dresden. Auf dem Convent zu Naumburg 1561 verpflichtete er sich durch Unterschrift zur Aufrechterhaltung der unveränderten Augsburgischen Confession u. 1562 bewirkte er durch seinen Einfluß die Wahl des Römischen Königs Maximilian II., wofür er die Anwartschaft auf die zu Anhalt gehörigen Reichslehen nach Aussterben des dortigen Mannsstammes erhielt. Für die Vergrößerung des Kurstaats war er stets besorgt; mit dem Bischof von Meißen schloß er 1559 einen Vertrag, nach welchem die protestantische Kirchenverfassung im Stifte eingeführt, das Amt Stolpen gegen das Amt Mühlberg vertauscht u. der bischöfliche Sitz nach Wurzen verlegt wurde; als der Bischof von Haugwitz 1579 selbst der Lutherischen Lehre beitrat u. die bischöfliche Würde ablegte, schloß August mit dem Domcapitel einen Vertrag, nach welchem der Administrator des Stifts nur aus dem Albertinischen Regentenhause gewählt werden durfte. Gleiche Verträge hatte er schon 1561 mit Merseburg u. 1564 mit Naumburg geschlossen, so daß die drei Hochstifter von nun an Theile des Kurstaats, wiewohl mit getrennter Verwaltung, ausmachten. Die Ämter u. Städte Plauen, Voigtsberg, Ölsnitz, Adorf u. Pausa nahm er 1566 vom Grafen Reuß in Pfand u. kaufte dieselben 1569 (aus ihnen wurde später der Voigtländische Kreis gebildet), auch das Wappen u. die Reichsstandschaft des Burggrafthums Meißen brachte er nach dem Tode des Burggrafen Heinrichs VII. von Reuß 1572 an sich. 1567 vollzog er als Kreisoberster gegen den Herzog Johann [683] Friedrich den Mittlern von Gotha die Reichsacht, in welche derselbe wegen der Grumbachschen Händel (s.d.) gerathen war, eroberte Gotha, nahm den Herzog gefangen u. erhielt für die Kriegskosten die Ämter Sachsenburg, Arnshaugk, Weida u. Ziegenrück (Affecurirte Ämter) zum Unterpfand. Da er aber durch diese Pfandstücke sich noch nicht hinreichend entschädigt fand, so brachte er es als Vormund der Prinzen des Ernestinischen Hauses 1573 dahin, daß ihm 5/12, der zu erwartenden u. 1583 wirklich erfolgten Hennebergischen Erbschaft abgetreten werden mußten. Durch die Sequestration der Mansfeldischen Besitzungen, welche er 1570 erwarb, sicherte er sich den Heimfall eines Theils dieser Grafschaft. 1568 brachte er noch Dippoldiswalde u. Stolpen, 1579 das Amt Gommern an sich. In der innern Regierung des Landes zeigte Kurfürst August große Einsicht, viele fürstliche Güter u. Klostergüter ließ er zerschlagen u. in Erbpacht austhun, ersparte Summen gab er zu billigen Zinsen im Lande auf Darlehn, welche nicht gekündigt werden durften u. deren Zinsen eine stehende Staatsrente bildeten. Mehr als 20,000 der Religion wegen aus den Niederlanden vertriebene Colonisten nahm er auf, welche die Tuchmanufactur hoben u. die Baumwollenmanufactur im Lande begründeten; er ermunterte auch Acker-, Obst- u. Weinbau, verminderte die Frohndienste u. verordnete deren Ablösung in Gelde, gab eine neue Bergwerks- u. Forstordnung, legte das Gestüt zu Graditz bei Torgau an, gab eine Münzordnung, setzte einen gewissen Zinsfuß fest, gab Wucherverbote u. mehre Meßfreiheiten, ließ die Hauptstraßen verbessern u. richtete eine Polizei ein, wodurch er den Handel hob; er verwendete auch viel Geld auf Bauten in Dresden u.a. Städten, sowie er den Königstein befestigte u. die Schlösser Augustusburg u. Annaburg bauen ließ; 1556 setzte er das Kammercollegium, 1559 das Appellationsgericht, 1570 das Obersteuercollegium u. 1574 das Geheimerathscollegium ein, gab auch ein neues von seinem Kanzler Krakau bearbeitetes Gesetzbuch, die Constitutionen, in welchen die alten Gewohnheitsrechte durch römische Rechtsnormen ersetzt wurden; 1562 führte er die Censur aller Druckschriften ein; 1580 verlegte er das Consistorium von Meißen nach Dresden u. erhob es zum Oberconsistorium; machte auch eine neue Universitäts-, Kirchen- u. Schulordnung bekannt; stattete die Universitäten durch Stiftung von Stipendien u. Erhöhung der Besoldung der Lehrer aus u. errichtete neue Lehrstühle, legte den Grund zu der Bibliothek u. dem Grünen Gewölbe in Dresden etc. In den Kryptocalvinistischen Streitigkeiten (s.d.) neigte er sich erst zu der milderen Ansicht der Philippisten u. setzte es auch durch Strenge durch, daß die Geistlichen im Kurstaate u. in den Landen seiner von ihm bevormundeten weimarischen Vettern diese Auffassung lehrten; seit 1574 aber wandte er sich wieder dem strengen Lutherthum zu, u. das Bestreben die unveränderte Augsburgische Confession zu erhalten hatte die Abfassung der Concordienformel (s.d.) zur Folge, welche 1580 in Dresden publicirt wurde, worauf mehre Staatsmänner u. Theologen, wie Krakau, Peucer etc., als des Kryptocalvinismus verdächtig, eingekerkert wurden. Der Kurfürst starb am 11. Februar 1586.

Sein Sohn, Christian I., ein kränklicher Fürst, überließ die Regierung erst ganz seinem Kanzler Nikolaus Crell, welcher aber sowohl von dem Adel, welchem er nicht genug Rücksicht schenkte, als auch von den Geistlichen, welche er durch seine offene Begünstigung des Calvinismus verletzte, gehaßt wurde; einen schweren Vorwurf zog er sich auch dadurch zu, daß er den Kurfürsten veranlaßte dem König Heinrich IV. von Frankreich, des Kaisers Feind, ein Hülfsheer zuzusenden. Doch ehe dieser letztere Plan zur Ausführung kam, starb Christian I. 25. Septbr. 1591. Christian II., sein achtjähriger Sohn, folgte ihm unter Vormundschaft des Herzogs Friedrich Wilhelm von Weimar, welcher deshalb in Torgau seine Residenz nahm. Dieser, ein eifriger Lutheraner, ließ den Kanzler Crell verhaften u. mehre calvinisch gesinnte Geistliche absetzen u. vertreiben; Crell selbst wurde nach zehnjähriger Hast auf dem Königstein, 11. Sept. 1601 in Dresden enthauptet. Gegen den Kryptocalvinismus wurdett auf dem Landtage zu Torgau 1592 die vier Visitationsartikel abgefaßt, welche in den Kurlanden lange symbolische Geltung hatten u. in den Confessionseid der Staats- u. Kirchenbeamten eingeflochten wurden. 1600 wurde die Voigtet über Nordhausen nach Absterben des letzten Grafen von Hohenstein erworben. 1601 endigte die Vormundschaft Friedrich Wilhelms. 1602 stiftete Christian II. den Kirchenrath u. vereinigte 1607 mit demselben das Oberconsistorium. Große Weitläufigkeiten veranlaßte 1605 ein angeblicher Mordversuch auf den Kurfürsten, welcher von anhaltischen Unterthanen gemacht worden sein sollte, da Anhalt die Anstifter nicht ausliefern, sondern die Untersuchung des Verbrechens selbst führen wollte. Beim Aussterben des Jülich-Kleveschen Herzoghauses (s. Kleve) 1609 begann Christian II. wegen der dem Hause S. gegebenen Anwartschaft auf Jülich u. Berg mit Brandenburg u. Kurpfalz den Jülichschen Erbfolgestreit (s.u. Kleve), dessen Ausgang er jedoch nicht erlebte. Da Christian, um einen günstigen Ausspruch des Kaisers zu erlangen, sich zu dessen Partei neigte, so wurde statt seiner Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz zum Haupte der Protestantischen Union gewählt, u. Kursachsen verlor seitdem nicht nur von seiner Bedeutung für die Protestantische Kirche, sondern auch viel von seiner politischen Wichtigkeit. Christian II. st. am 23. Juni 1611 ohne Nachkommenschaft, u. sein jüngerer Bruder Johann Georg I. folgte ihm. Dieser, welcher seit 1601 Administrator des Stifts Merseburg war, führte auch bis 1615 die Vormundschaft über den Herzog von Weimar u. 1612 u. 1619 das Reichsvicariat u. trug beide Male wesentlich zur Wahl des Kaisers aus dem Hause Österreich bei. Das letztere Reichsvicariat ist bes. dadurch merkwürdig, weil die böhmischen utraquistischen Stände den Vicariatsschutz S-s gegen Ferdinand II. anriefen u. dabei erwiesen, daß Böhmen u. Schlesien stets zu dem Reichsvicariat von S. gehört habe, wobei es denn nun auch ferner bei allen Interregnen blieb. Aus Eifersucht gegen den Kurfürsten von der Pfalz, welcher seit 1614 die von S. beanspruchten Länder Jülich u. Berg in Besitz genommen hatte, bewies er sich lau gegen die Protestantische Union u. neigte sich auf die Seite des Hauses Österreich. Als die Unruhen in Böhmen u. mit ihnen 1618 der Dreißigjährige Krieg (s. d) ausbrachen, schlug der Kurfürst die ihm angetragene böhmische Krone aus, rieth auch dem Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz ab dieselbe anzunehmen, verhinderte, daß die Protestantische Union demselben [684] Beistand leistete, u. unterwarf, als Friedrich dennoch die böhmische Krone annahm, in Folge der Erbeinigung mit Böhmen 1620 dem Kaiser die Lausitzen u. Schlesien u. bekam nach dem am 28. Februar 1620 mit den Schlesiern abgeschlossenen Sächsischen Accord die Summe von 300,000 Gulden, wogegen er sich verbürgte, daß der Kaiser ihnen den Majestätsbrief halten u. freie Religionsübung gestatten würde; als aber der Kaiser seine Zusage nicht hielt, flüchteten viele evangelische Einwohner aus Schlesien u. Böhmen nach S. u. gründeten dort Johann-Georgenstadt, der Kurfürst aber überließ, als ihm 1622 der Kaiser fürdie Kriegskosten die Lausitzen in Pfand gab, die Protestanten in Schlesien ihrem Schicksal. Obschon ihm der Kaiser die Anwartschaft auf die Grafschaft Hanau u. auf die Grafschaft Schwarzburg gegeben hatte, so drohte doch 1629 das Restitutionsedict (s.d. 2), nach welchem alle seit dem Passauer Vertrage eingezogenen geistlichen Stifter, in S. also Meißen, Merseburg u. Naumburg, wiederhergestellt werden sollten, das gute Vernehmen zu stören, deshalb protestirte der Kurfürst, u. der Kaiser bewilligte, daß Kursachsen von der Restitution ausgenommen sein solle. Als die Schweden 1630 in Deutschland landeten, war Johann Georg I. nicht geneigt sich mit ihnen in ein Bündniß einzulassen u. berief, da er nach Vertreibung des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz wieder das Haupt der Protestanten war, einen Convent nach Leipzig, auf welchem alle protestantischen Reichsstände Norddeutschlands erschienen u. den Beschluß faßten dem Kaiser Vorstellungen wegen des Restitutionsedictes zu machen, im Fall man aber kein Gehör fände, die Reichs- u. Glaubensfreiheit mit Gewalt zu behaupten. Johann Georg rüstete ein Heer von 11,000 Mann Fußvolk u. 2000 Mann Reiterei u. schickte, als Tilly nach der Eroberung Magdeburgs am 10. Mai 1631 in Kursachsen eindrang, den General Arnim ins schwedische Lager u. schloß am 1. Sept. 1631 ein Bündniß mit Gustav Adolf. Mit ihm siegte der Kurfürst am 7. Sept. bei Breitenfeld u. Arnim trieb hierauf die Kaiserlichen durch die Lausitz bis Prag, säumte aber Böhmen vollends zu erobern u. wurde im Frühjahr 1632 von Wallenstein wieder aus Böhmen geworfen. Als darauf die Sachsen u. Schweden in Schlesien einbrachen, erschien Wallenstein im September in S., doch befreite die Schlacht bei Lützen am 6. Novbr. 1632 S. von den Kaiserlichen. Nun sollte der schwedische Reichskanzler Oxenstierna das Directorium der protestantischen Stände erhalten; dadurch verletzt, nahm der Kurfürst im Mai 1633 die dänische Vermittelung zum Frieden mit dem Kaiser an; die Verhandlungen zerschlugen sich zwar wegen eines Raubzugs, welchen der kaiserliche General Holke durch das Voigtland u. das Erzgebirge machte, wurden aber nach der Schlacht bei Nördlingen in Pirna wieder angeknüpft u. darauf den 30. Mai 1635 der Friede zu Prag geschlossen, dem gemäß die Protestanten die mittelbaren Stifter u. Klöster, welche vor dem Passauer Vertrage eingezogen worden, behalten, die unmittelbaren u. die mittelbaren, nach dem Passauer Vertrage eingezogenen nach 40 Jahren restituiren sollten. Prinz August behielt das Erzstift Magdeburg auf Lebenszeit; die dazu gehörigen Querfurtschen Ämter (Burg, Dahme, Jüterbogk u. Querfurt) fielen als Magdeburgisches Lehen an Kursachsen, welches auch die bis jetzt nur pfandweise besessenen beiden Lausitzen als Mannlehen von Böhmen erb- u. eigenthümlich erhielt. Dieser Friede, welcher die Greuel des fernern Kriegs über S. zog, brach vollends die Macht u. das Ansehen S-s in Deutschland, u. an dessen Stelle trat nun Brandenburg als zweiter Staat neben das Haue Habsburg.

Um die Schweden aus Deutschland zu vertreiben, trat der Kurfürst in einen Bund mit Österreich u. erklärte jenen den 6. Oct. 1635 den Krieg. Nachdem die Sachsen am 22. Octbr. bei Dömitz u. am 7. Decbr. bei Kyritz geschlagen worden waren, drang Baner in S. vor u. verheerte das Land, mußte dasselbe aber aus Mangel an Lebensmitteln wieder verlassen; der Kurfürst, mit dem kaiserlichen Feldherrn Hatzfeld vereinigt, nahm zwar am 3. Juli 1636 Magdeburg durch Capitulation, doch wurde das sächsisch-österreichische Heer den 24. Septbr. bei Wittstock geschlagen; die Schweden eroberten nun Erfurt, siegten bei Eilenburg u. besetzten Torgau. Bevor sie, gedrängt von der kaiserlichen Kriegsmacht, im April 1637 S. verließen, hatten sie die Elb- u. Muldegegenden verwüstet u. Belgern, Kolditz, Leißnig, Liebwerda, Schilda, Schmiedeberg u. Strehla in Asche gelegt. Schon im Febr. 1639 kehrte Baner zurück, erfocht einen Sieg bei Reichenbach, besetzte Zwickau, belagerte Freiberg, schlug die Österreicher u. Sachsen den 4. April bei Chemnitz u. besetzte Pirna. Zwar eroberte der Kurfürst am 7. Juni 1642 Zwickau wieder, dagegen besetzte Königsmark, nach dem Sieg bei Leipzig über die Österreicher, 27. Nov. Leipzig. Als der König von Dänemark 1643 Schweden den Krieg erklärte, bot der Kurfürst noch einmal seine Streitkräfte auf, um mit Hülfe der Österreicher sein Land von dem Feinde zu befreien, doch Torstenson vernichtete im October 1644 das sächsische Heer bei Jüterbogk, verbrannte im December Pegau u. drückte das ganze Land mit großen Contributionen. Um die Kriegslast des Landes zu mindern, schloß der Kurfürst endlich am 27. August 1645 einen Waffenstillstand zu Kötschenbroda mit den Schweden, welche alle von ihnen besetzten Orte, das Querfurtsche ausgenommen, zurückgaben, dagegen Mundvorrath, Pferdefutter u. eine monatliche Kriegssteuer von 18,000 Thlrn. empfingen. Der auf sechs Monate geschlossene Stillstand wurde später bis zu Ende des Kriegs erneuert u. die Steuer bis auf 8000 Thlr. vermindert. Erst zwei Jahre nach dem Westfälischen Frieden, als das Reich den Schweden die ausbedungene Baarzahlung von 5 Mill. Thlrn., wozu Kursachsen 267,000 beitragen mußte, geleistet hatte, verließen 1650 die Schweden Leipzig. Kursachsen hatte durch den Krieg 1 Mill. Menschen eingebüßt u. durch Kriegssteuern, Plünderungen u. Verwüstungen einen Schaden von beinahe 100 Mill. Thlrn. erlitten; in dem Westfälischen Frieden erhielt es den Besitz der Lausitzen, der Bisthümer Meißen, Merseburg u. Naumburg bestätigt u. Magdeburg auf Lebenszeit des Administrators August. 1653 erhielt Kursachsen wieder das Directorium des Corpus Evangelicorum. Johann Georg I. starb den 8. Octbr. 1656. Nach seinem Testament vom 20. Juli 1652 folgte ihm sein ältester Sohn Johann Georg II. in der Kurwürde u. erhielt den Kurkreis, den Leipziger, Meißner, Erzgebirgischen Kreis, die Oberlausitz nebst den Stiftern Meißen u. Wurzen; die jüngern Söhne, August, Christian u. Moritz, sollten eigene Gebiete bekommen, u. der Kurfürst bewilligte ihnen, trotz den Gegenbestimmungen[685] des Albertinischen Hausgesetzes von 1499, in dem Hauptvergleich zu Dresden vom 22. April 1657 die von ihnen begehrte Landeshoheit. So entstanden neben der Hauptlinie die drei Nebenlinien Sachsen-Weißenfels, Sachsen-Merseburg u. Sachsen-Zeitz, welche jedoch sämmtlich binnen einem Jahrhundert wieder ausstarben, worauf ihre Besitzungen an das Kurhaus zurückfielen.

a) Sachsen-Weißenfels. Herzog August, der zweite Sohn des Kurfürsten Johann Georg I., der Stifter dieser Linie, war zugleich Administrator des Erzbisthums Magdeburg u. residirte in Halle, woher die Linie auch den Namen Sachsen-Halle führte; er erhielt die vier Magdeburgischen Ämter u. Städte Burg, Dahme, Jüterbogk u. Querfurt, ferner die Ämter Langensalza, Weißensee, Sachsenburg, Eckartsberga, Freiburg, Bibra, Sangerhausen, Heldrungen, Sittichenbach u. Wendelstein, nebst der Anwartschaft auf das Amt Barby, welches 1659 anfiel. Da er in der Erbtheilung 1653 noch auf den ganzen Thüringer Kreis Anspruch machte, so überließ ihm der Kurfürst Johann Georg II. noch Thomasbrück, Röblingen, Laucha, Mücheln u. Kindelbrück, die Klöster u. Stifter Beutitz, Bornrode, Kölleda, Kaltenborn, Langendorf, Rohrbach, Salza, St. Ulrich u. Weißenfels. 1663 erlangte er die Landeshoheit über Querfurt u. begann in diesem Jahre den Bau des Schlosses zu Weißenfels u. gründete ein Gymnasium daselbst. Er st. 1680, u. nun fiel das Stift Magdeburg nebst Halle, laut Bestimmung des Westfälischen Friedens, an Brandenburg. Sein Sohn Johann Adolf I. folgte ihm in Weißenfels. Dessen jüngerer Bruder Heinrich, welcher die Grafschaft Barby als eigenes Herzogthum erhalten hatte, stiftete daselbst den Zweig Sachsen-Barby, doch kam Barby, als Heinrichs Sohn Georg Albrecht 1739 ohne Erben starb, an Weißenfels zurück. Johann Adolf I. hatte unterdessen durch den Elucidationsreceß vom 12. Septbr. 1682 alle Streitigkeiten mit Kursachsen beigelegt u. trat im Vergleich vom 22. Juli 1687 Burg an Brandenburg ab, wogegen dieses der Lehnshoheit über die drei übrigen von Magdeburg getrennten Ämter entsagte. Seit 1688 wurde Weißenfels wegen des neugebildeten Fürstenthums Querfurt Reichsstand, doch ohne Sitz u. Stimme auf dem Reichstage. Johann Adolf st. 1697; sein Sohn Johann Georg wurde 1700 Director des Corpus Evangelicorum. machte wie sein Großvater u. Vater großen Aufwand, stürzte sich dadurch in Schulden u. st. 1712. Auch sein Bruder u. Nachfolger Christian war sehr verschwenderisch; seiner großen Schulden wegen kam eine kaiserliche Commission nach Weißenfels, welche Christian viele Beschränkungen u. Kränkungen zuzog. Christian st. 1736; Johann Adolf II., sein Bruder, verminderte durch gute Wirthschaft die Schulden seiner Vorgänger u. befreite sich von der kaiserlichen Schuldencommission. 1734 führte er den Danzigbelagernden Russen ein sächsisches Corps zu, im Österreichischen Erbfolgekrieg befehligte er das sächsische Heer 1742 gegen, 1744 für Österreich u. verlor mit den Österreichern die Schlacht bei Hohenfriedberg. Er st. 1746, u. mit ihm erlosch die Weißenfelser Linie, deren Lande nun wieder mit Kursachsen vereinigt wurden.

b) Sachsen-Merseburg. Diese Linie gründete Herzog Christian I., der dritte Sohn des Kurfürsten Johann Georg I.; sein Antheil bestand aus dem Stift Merseburg, dessen Administrator er war, der Niederlausitz, mit den Städten Delitzsch, Bitterfeld, Zörbig, Dobrilugk u. Finsterwalde; 1660 erhielt er noch die Ämter Delitzsch, Bitterfeld u. Zörbig, welche aber 1681 wieder durch Vertrag an das Kurhaus kamen. Er st. 1691. Sein Sohn Christian II., bis 1694, hatte wegen vorgedachter Ämter Streitigkeiten mit Kursachsen, so wie sein Sohn Moritz Wilhelm, welcher bis 1709 unter Vormundschaft Kursachsens stand, wegen der Stiftsregierung zu Merseburg u. der Landtage in der Niederlausitz, welche erst 1724 beigelegt wurden. Er st. 1731 ohne Nachkommen, u. ihn beerbte Heinrich, jüngster Sohn Christians I. nach dessen Tode 1738 die Besitzungen der Merseburger Nebenlinie an die Kurlinie zurückfielen.

c) Sachsen-Zeitz, gegründet vom Herzog Moritz, jüngstem Sohn des Kurfürsten Johann Georg I.; er war Administrator des Stifts Naumburg-Zeitz u. erhielt nun das Stift Naumburg-Zeitz, den Voigtländischen u. Neustädter Kreis, die Herrschaft Tautenburg mit Frauenpriesnitz u. 1660 den Albertinischen Antheil von Henneberg. 1662 brachte er durch Kauf Amt u. Stadt Pegau an sich u. verlegte 1663 seine Residenz von Naumburg nach Zeitz, wo er die Moritzburg baute. Er verwaltete 1658 als sein Bruder, der Kurfürst, zur Kaiserwahl gereist war, Kursachsen u. war 1669–74 Mitvormund über den Herzog Friedrich Wilhelm III. von Altenburg. Er st. 1681, u. sein Sohn Moritz Wilhelm folgte ihm, welcher bis 1685 unter Vormundschaft des Kurfürsten von S. stand. Da er 1715 in Dux auf Zureden seines Bruders, des schon früher zum Katholicismus übergetretenen Cardinals Christian August, zur Römischen Kirche übertrat, so erklärte ihn 1717 das Domcapitel seiner Administration für verlustig. Er verkaufte nun die Stiftsregierung an das Kurhaus, trat demselben auch seine anderen Länder ab u. begab sich auf Schloß Osterburg bei Weida. 1718 kehrte er zur Lutherischen Kirche zurück, starb aber bald darauf in Naumburg. Noch war eine apanagirte Linie, Sachsen-Neustadt, von Friedrich Heinrich, Sohn des Herzogs Moritz von Zeitz, gegründet worden, sie starb aber 1714 wieder mit ihm aus, indem sein jüngster Sohn, Moritz Adolf, katholisch geworden, 1731 Bischof zu Königgrätz u. 1733 zu Leitmeritz wurde u. seine Rechte dem Kurhause definitiv abtrat. Er st. 1759. Auch der andere Bruder Moritz Wilhelms, der Cardinal Christian August, hatte in diese Abtretung gewilligt, u. alle Zeitzer Besitzungen gingen daher an Kursachsen über.

In der Hauptlinie führte Kurfürst Johann Georg II. nach dem Tode des Kaisers Ferdinand III., den 23. März 1657, das Reichsvicariat u. ernannte 1658, als er nach Frankfurt ging, seinen Bruder Moritz zum Statthalter der kursächsischen Lande. Ihm überließ er auch 1660 seinen Antheil an der Hennebergischen Erbschaft, wogegen er nun die seit 1567 verpfändeten Ämter Arnshaugk, Weida u. Ziegenrück definitiv erwarb (sie wurden zum Neustädter Kreis geschlagen) u. 1671 mit dem Herzog Johann Franz von Lauenburg eine Erbverbrüderung schloß (s. Lauenburg S. 157). Johann Georg unterstützte den Kaiser gegen Frankreich 1673 u. 1677 bis 1679 u. schloß 1666 mit Schweden ein Defensivbündniß zu Halle, auf den Fall, daß einer von beiden wider den Westfälischen Frieden angefochten werden sollte. Wegen der Unordnung im Münzwesen errichtete Johann Georg mit Kurbrandenburg[686] u. Braunschweig 1667 einen Vergleich im Kloster Zinna (s. Zinnaischer Münzfuß) u. starb 22. Aug. 1680 in Freiberg. Ihm folgte in der Regierung sein einziger Sohn, Johann Georg III. Er bemühte sich, wegen der aus dem brüderlichen Hauptrecesse entstandenen u. durch die Nachsicht seines Vaters vermehrten Irrungen, mit den Nebenlinien sich zu vergleichen. 1683 entsetzte er mit 20,000 Sachsen im Verein mit Johann Sobieski, König von Polen, das von den Türken belagerte Wien, überließ 1684 der Republik Venedig in ihrem Kriege gegen die Pforte 3 Regimenter zur Eroberung Morea's u. schickte 1686 5000 Mann unter dem Prinzen Christian von Weißenfels nach Ungarn, welche an der Eroberung Ofens Theil nahmen. Bei dem Kriege zwischen Frankreich u. Österreich führte Johann Georg für letzteres 1688 u. 1689 10,000 M. Sachsen an den Rhein u. hatte Antheil an der Eroberung von Mainz, ging 1690 mit dem Kurfürsten von Baiern über den Rhein u. erhielt 1691 den Oberbefehl über die Reichsarmee am Rhein, setzte bei Sandhofen im Angesicht des Feindes über den Fluß, konnte aber, wegen der Eifersucht des kaiserlichen Generals Caprara, nichts ausrichten. Nach dem Erlöschen des Hauses Sachsen-Lauenburg 1689 hatte sich ein Erbfolgestreit wegen Lauenburg zwischen Kursachsen u. der Ernestinischen Linie auf der einen u. Braunschweig-Lüneburg auf der andern Seite erhoben; der Kurfürst von Brandenburg hatte sich, als Kreisoberst des Niedersächsischen Kreises, Lauenburgs bemächtigt u. behielt es auch, da S. durch den Krieg gegen Frankreich abgehalten sich nicht dagegen wehren konnte (s. Lauenburg). Dieser Streit wurde erst 1697 dahin verglichen, daß Kursachsen Braunschweig-Lüneburg seine Ansprüche an der Erbschaft für 1,100,000 Gulden verkaufte. Johann Georg II. st. 1691 u. hatte seinen ältesten Sohn Johann Georg IV. zum Nachfolger. Bei einem Besuche, welchen ihm Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg 1692 in Torgau machte, verband er sich zur Aufrechterhaltung der Allianz u. Beide stifteten gemeinschaftlich den Orden der guten Freundschaft (s.d.). Er sendete 1692 sein Contingent an den Rhein u. war dann im Begriff persönlich dahin zum Heere zu gehen, als er 27. April 1694 in Dresden starb. Sein Bruder u. Nachfolger, Friedrich August I. der Starke, persönlich befreundet mit dem Kaiser Joseph I., führte 1695 8000 M. nach Ungarn gegen die Türken, legte zwar schon im August 1696 nach dem Siege bei Olasch das Commando nieder, ließ jedoch seine Truppen beim kaiserlichen Heere. Nach dem Tode des Königs Johann Sobieski von Polen bewarb er sich um die polnische Königskrone u. trat auch deshalb 25. Mai 1697 in Baden zur Römisch-Katholischen Kirche über, worauf er den 17. Juni 1697 zum König von Polen gewählt wurde, mit 10,000 Sachsen gegen die französische Partei in Polen einrückte u. 15. Septbr. in Krakau die Krönung erhielt. Das bisher geführte Directorium der Protestanten übertrug er auf den Herzog Friedrich II. von Gotha.

Die durch die Königswürde vergrößerten Geldbedürfnisse Augusts veranlaßten ihn zu mehren Veräußerungen von Landgebieten u. Rechten, so verkaufte er die Erbvogtei über Quedlinburg nebst den Ämtern Lauenburg, Sevenberg u. Gersdorf u. den Petersberg bei Halle für 300,000 Thlr. an Brandenburg, das Amt Borna wiederkäuflich für 500,000 Gulden an Gotha, das Amt Gräfenhaynchen wiederkäuflich an Dessau für 35,000 Thlr., das Amt Pforta ebenso an Weimar für 100,000 Gulden, den sächsischen Antheil an Mansfeld für 600,000 Thlr. u. die Lehnshoheit über Schwarzburg für 100,000 Thlr. an Hannover, die Ansprüche auf Sachsen-Lauenburg für 1,100,000 Gulden an Braunschweig. August verwickelte sich 1700 im Bunde mit Rußland u. Dänemark in den Nordischen Krieg (s.d.) gegen Schweden, um die an Schweden abgetretenen polnischen Provinzen wiederzuerobern. Obgleich aber die Polen von ihm dies als Bedingung bei seiner Wahl zu ihrem König gemacht hatten, waren sie doch dem Kriege abgeneigt, u. August mußte denselben mit sächsischem Militär u. auf Kosten S-s führen. Nach den Niederlagen der Sachsen bei Klissow 20. Juli 1702 u. bei Pultusk 1. Mai 1703 erklärte der Polnische Reichsrath 14. Febr. 1704 den König August der Krone für verlustig, u. Karl XII. erpreßte bei seinem Aufenthalte in S. 1706 u. 1707 allein 23 Mill. Thlr. u. verstärkte sein Heer mit mehren tausend Sachsen. Im Frieden von Altranstädt 1706 erkannte August seinen Gegenkönig Stanislaw in Polen an, aber nach der Schlacht von Pultawa 1709 nahm er sein Wort zurück u. führte den Krieg in Polen u. Pommern fort, bis der Vertrag von Warschau 1716 die Sachsen aus Polen entfernte u. der von Nystädt 1721 den Krieg endigte (s.u. Nordischer Krieg). Die Krone Polens behielt er (s.u. Polen). 1714 u. 1718 fiel Sachsen-Neustadt u. Sachsen-Zeitz wieder an Kursachsen. Für S. erließ August mehre heilsame Verordnungen, Physiker wurden in den Ämtern angestellt, das Schloß Waldheim zum Zucht- u. Armenhaus eingerichtet, 1724 eine neue erläuterte Proceßordnung herausgegeben u. der Codex Augusteus gesammelt, in Dresden viele prächtige Gebäude errichtet, die Kunstsammlungen mit größter Munificenz vergrößert u. 1729 die Ritterakademie gestiftet, aber durch seine Prachtliebe, welche er durch glänzenden Hofstaat u. Prunkfeste zeigte, wurde das Land in große Schulden gestürzt; so kostete 1730 das Lustlager bei Zeithain, bei welchem 49 fürstliche Personen anwesend waren, allein 968,000 Thlr. Er st. 1. Febr. 1733 in Warschau. Friedrich August II. (als König von Polen August III.), des Vorigen Sohn, war, obgleich protestantisch erzogen, doch 12. Nov. 1712 zur Römisch-Katholischen Kirche übergetreten u. hatte darauf den kursächsischen Ständen, wie schon früher sein Vater, wegen Ansrechthaltung der evangelischen Kirchen- u. Schulverfassung Gewähr geleistet. Durch Vermittelung Österreichs u. Rußlands wurde er gegen Stanislaw von einer Partei im Sept. 1712 zum König von Polen erwählt, doch war die Folge davon ein Krieg mit der Gegenpartei, zu welchem 13,000 M. Sachsen ins Feld rückten u. welcher erst 1735 durch die Wiener Präliminarien u. 1736 durch den Warschauer Frieden völlig geendigt u. August als König anerkannt wurde (s. Polnischer Thronfolgekrieg). Um die sächsischen Krieger zu belohnen, stiftete er 1736 den St. Heinrichsorden. 1736, nach dem Aussterben der Grafen von Hanau, entstand ein Erbschaftsstreit zwischen Kursachsen u. Hessen-Kassel, welcher erst 1743 ansgeglichen wurde; 1737–39 fochten sächsische Truppen in Ungarn gegen die Türken. Nach dem Aussterben der Merseburgischen Seitenlinie 1733 fielen deren Besitzungen an das Kurhaus zurück. 1738 wurde, nachdem der[687] Fürst Sulkowski gestürzt worden war, der Graf Brühl (s.d.) Augusts II. Günstling, welcher sämmtliche Regierungsangelegenheiten leitete. Als nach dem Tode Karls VI. 1740, ungeachtet der Pragmatischen Sanction (s.d.), der Österreichische Erbfolgekrieg ausbrach, ließ sich August II. von Frankreich u. Preußen bewegen an demselben gegen Österreich Theil zu nehmen u. seine Ansprüche wegen seiner Heirath mit Maria Josepha, Tochter des Kaisers Joseph, geltend zu machen u. seine Truppen in Böhmen einrücken zu lassen. Dem Frieden zu Breslau, welchen Preußen 1742 mit Österreich schloß, trat auch S. bei, als aber der König von Preußen 1744 den zweiten Schlesischen Krieg begann, trat August II. auf Österreichs Seite u. versprach in dem geheimen Tractat zu Leipzig 18. Mai 1745 für englische u. holländische Subsidien 50,000 M. gegen Preußen zu stellen. Nach der Niederlage des österreichisch-sächsischen Heeres bei Hohenfriedberg 4. Juni 1745 rückten die Preußen in S. ein u. besiegten das sächsische Heer 15. Dec. 1745 bei Kesselsdorf, worauf am 25. Dec. 1745 der Friede zu Dresden zwischen S., Preußen u. Österreich geschlossen wurde (s. Österreichischer Erbfolgekrieg). Während dieses kurzen Krieges hatte S. beträchtlich durch die Preußen gelitten u. mußte im Frieden noch 1 Mill. Thlr. Kriegssteuer an Preußen zahlen. 1746 erlosch die Weißenfelsische Seitenlinie, deren Besitzungen wieder an die Hauptlinie fielen. Durch seinen Günstling Brühl geleitet, ließ sich der Kurfürst 1756 wieder zu einem geheimen Bündniß mit Österreich u. Rußland gegen Preußen bewegen, wodurch er in den Siebenjährigen Krieg verwickelt wurde. Das sächsische, 17,000 M. starke Heer wurde gleich zu Anfang des Krieges, 14. Oct. 1756, im Lager von Pirna gefangen genommen u. die Gemeinen in preußische Regimenter untergesteckt. Mehre Hauptschlachten, so die von Roßbach, Torgau u. Freiberg, wurden in S. geliefert; Dresden war mehre Jahre in feindlichen Händen u. mußte dann eine harte Belagerung aushalten. S. war also ununterbrochen ein Hauptschauplatz des Krieges u. wurde von Freund u. Feind ausgesogen u. verwüstet. Der Friede zu Hubertsburg am 13. Febr. 1763 setzte endlich diesem Elend ein Ziel, doch war Kursachsen ganz erschöpft. Es hatte 90,000 Menschen weniger als vor dem Kriege, sein Schaden durch Kriegssteuern u. Lieferungen betrug 70 Mill. Thlr.; dazu kam noch die Münzzerrüttung, welche durch die von Preußen ausgeprägten geringhaltigen Münzen entstanden war; die Schulden beliefen sich auf 29 Mill. Thlr. Steuer- u. 9 Mill. Hof- u. Kammerschulden. August II., welcher sich bis dahin in Polen aufgehalten hatte, kehrte nun nach S. zurück, berief sogleich einen Landtag u. bildete, um das Schuldenwesen des Staates zu ordnen, eine Restaurationscommission, bei welcher bes. die geheimen Räthe von Fritsch, von Gutschmidt u. Wurmb sich verdient machten. August II. st. am 5. Oct. 1763. Er war der letzte König von Polen aus dem Hause Sachsen.

Friedrich Christian, ältester Sohn des Vorigen, folgte ihm, st. aber schon nach einer 21/2 monatlichen Regierung den 17. Dec. 1763 u. hatte seinen ältesten Sohn Friedrich August III. den Gerechten zum Nachfolger. Dieser war bei seines Vaters Tode erst 13 Jahre alt, daher sein ältester Oheim, Xaver, die Regierung bis zu seiner Volljährigkeitführte. Dieser suchte den gesunkenen Wohlstand wieder empor zu bringen, erweiterte deshalb die 1739 errichtete Landesökonomie-, Manufactur- u. Commerziendeputation, gründete 1765 die Bergakademie in Freiberg u. 1768 die Artillerieschule in Dresden u. ein Sanitätscollegium, errichtete eine Kammercreditkasse u. veranlaßte 1766 eine Vermehrung des Heeres. Am 16. Sept. 1768 übernahm Friedrich August selbst die Regierung. Unter ihm wurden mehre lästige Abgaben aufgehoben u. die Zolleinnahme vereinfacht, 1773 die Generalhauptkasse errichtet, 1778 das Generalacciscollegium aufgehoben u. 1782 das Kammercollegium u. das Bergcollegium mit der Generalhauptkasse als geheimes Finanzcollegium vereinigt; 1770 die Tortur abgeschafft, 1772 u. 1776 neue Zucht- u. Arbeitshäuser in Torgau u. Zwickau errichtet, 1784 die Verpachtung der Justizämter aufgehoben u. 1788 das Appellationsgericht besser eingerichtet; Gewerbfleiß u. Handel, Landbau u. Viehzucht, bes. Schafzucht durch Veredelung mit spanischen Schafen, gefördert u. so dem Lande ein wesentliches Mittel der Ausfuhr u. des Erwerbes gewonnen. Eine Menge neuer Stiftungen traten unter ihm ins Leben, die schon bestehenden wurden verbessert, 1778 ein Taubstummeninstitut in Leipzig u. eine Knabenschule für Soldatenwaisen in Annaberg errichtet, Schullehrerseminarien in Dresden u. Weißenfels zur Hebung des Schulwesens errichtet, die Ritterakademie in Dresden 1798, sowie die Fürstenschulen besser eingerichtet, die Anstalten auf den Landesuniversitäten ergänzt, die Bibliothek in Dresden zweckmäßiger aufgestellt, die Kunstsammlungen 1792 durch die Mengsschen vermehrt, 1787 die Brandassecuranzanstalt gestiftet, 1790 zur Beförderung des Handels neue Kanäle u. Schleußen gebaut, 1791 die Gesetzcommission ins Leben gerufen. 1778 nahm der Kurfürst, wegen der ihm von seiner Mutter, der baierischen Prinzessin Maria Antonia, abgetretenen Ansprüche auf die baierische Allodialherrschaft, mit Preußen verbündet, am Baierischen Erbfolgekrieg (s.d.) gegen Österreich Theil u. erhielt am 13. Mai 1779 im Frieden zu Teschen für die Allodialerbschaft 6 Mill. Gulden u. die seit 1777 von Böhmen beanspruchte Lehnshoheit über die Schönburgischen Herrschaften Glauchau, Waldenburg u. Lichtenstein. 1780 fiel nach dem Tode des letzten Grafen von Mansfeld der Theil von dessen Besitzungen, welcher sächsisches Lehn war, an Kursachsen. Der Kurfürst trat dem von Friedrich II. von Preußen gestifteten Fürstenbund am 23. Juli 1785 bei u. führte 1790 u. 1792 das Reichsvicariat. Ein Aufstand, welchen 1790 die Bauern gegen die Grundherren zur gewaltsamen Befreiung von den Frohnen gemacht hatten, wurde durch militärische Hülfe schnell unterdrückt u. die gegründeten Beschwerden gehoben. 1791 schlug Friedrich August die ihm dargebotene Thronfolge in Polen aus, eben so lehnte er auch das bei seiner Zusammenkunft mit Kaiser Leopold II. u. König Friedrich Wilhelm II. in Pillnitz 25 Aug. 1791 ihm angetragene Bündniß mit Österreich u. Preußen gegen Frankreich ab, aber an dem Reichskriege gegen die Französische Republik nahm er seit 1793 als deutscher Reichsstand bis 1796 Theil, worauf er 13. Aug. zu Erlangen einen Waffenstillstands- u. Neutralitätsvertrag mit Frankreich schloß (s.u. Französischer Revolutionskrieg II. B) u. c). In dem Kriege Österreichs u. Rußlands[688] gegen Frankreich 1805 beharrte der Kurfürst in seiner Neutralität, stellte aber ein Heer von 15,000 M. zur Deckung seiner Grenzen auf, aber am Kriege, welchen Preußen 1806 gegen Frankreich führte, betheiligte er sich als Bundesgenosse Preußens mit 22,000 M., nahm jedoch nach der Schlacht bei Jena die ihm von Napoleon angebotene Neutralität am 17. Oct. an (s.u. Preußisch-Russischer Krieg gegen Frankreich 1806 u. 1807 S. 572). Kursachsen wurde dennoch von den Franzosen besetzt u. mußte eine Kriegssteuer von 25 Mill. Franken zahlen. Am 11. Dec. 1806 kam der Friede in Posen zwischen Frankreich u. S. zu Stande, u. der Kurfürst trat dem Rheinbunde bei, nahm die königliche Würde an u. verpflichtete sich zur vorläufigen Stellung eines Bundescontingents von 6000 M.

Der König, als solcher Friedrich August I., erklärte nach der Erhebung S-s zum Königreich das Fortbestehen der bisherigen Staatsverfassung, hob jedoch gemäß der erlangten Souveränetät 1809 alle fremde Lehnsherrlichkeit in seinen Staaten auf u. gab auch 1806 den Katholiken gleiche Rechte mit den Lutheranern, welche Gleichberechtigung er 1811 auch auf die Reformirten ausdehnte. 1810 wurde die Gendarmerie errichtet, 1811 das Landeswaisenhaus in Langendorf (1815 nach Bräunsdorf verlegt) u. die Irrenanstalt auf dem Sonnenstein bei Pirna gestiftet, 1811 mit Beistimmung der Landstände eine Staatsanleihe von 6 Mill. Thlrn. eröffnet, 1812 ein Abgabensystem eingeführt u. dadurch die Steuerfreiheit der Rittergüter aufgehoben, auch die Anfertigung eines neuen Grundkatasters verfügt. Durch die Bayonner Übereinkunft vom 10. Mai 1808 kaufte der König auf Antrag Frankreichs für 20 Mill. Franken alles preußische, im Herzogthum Warschau befindliche Eigenthum von Napoleon an sich. Da das meiste davon Privateigenthum war, so fanden viele Beschwerden der preußischen Regierung statt, welche erst 1814 ausgeglichen wurden. Am Kriege gegen Preußen u. Rußland 1807 nahm S. auf französischer Seite durch ein Hülfsheer von 6000 M. Theil, welche vor Danzig u. bei Friedland fochten. Im Frieden zu Tilsit am 7. Juni 1807 wurde von Preußen der Cottbuser Kreis an S. abgetreten, welches dafür seinen Antheil an Mansfeld (mit Ausnahme von Artern, Fockstädt, Bornstädt), die Ämter Gommern u. Querfurt, das Amt Barby u. Treffurt an das neu gestiftete Königreich Westfalen abgab. Zugleich erhielt der König von S. das neu gestiftete Großherzogthum Warschau (s.d.) erblich in seiner Familie, doch blieb die Verwaltung der Erblande von der Warschau's getrennt; für S. erlangte er beträchtliche Handelsvortheile in Betreff der Zölle u. Handelsstraßen durch das Preußische Gebiet, auch bekam er die Mitschutzherrlichkeit über die freie Stadt Danzig. Am 22. Juli 1807 stiftete der König den Orden der Rautenkrone. An dem Kriege zwischen Österreich u. Frankreich 1809 nahm S. als Rheinbundsmitglied für Frankreich Theil; aber während nun das Land von Truppen entblößt war, wurde es von Streifcorps beunruhigt, gegen welche der sächsische General Thielmann operirte (s.u. Österreichischer Krieg gegen Frankreich von 1809). Im Frieden von Schönbrunn 1809 wurden von Österreich an S. einige böhmische Enclaven in der Lausitz abgetreten, so wie in demselben Jahre auch die Deutschordensballei an S. fiel, deren Einkünfte den Universitäten u. Fürstenschulen zugewiesen wurden. Auch an dem Kriege Frankreichs gegen Rußland 1812 betheiligte sich der König als Bundesgenosse Frankreichs u. stellte ein Heer von 21,000 M., wovon der größere Theil unter Reynier dem Fürsten von Schwarzenberg in Volhynien, der kleinere dem Hauptheer beigegeben wurde. Nach der Vernichtung des französischen Heeres in Rußland trennte der König seine Truppen von den französischen, aber als die Preußen u. Russen im Frühjahr 1813 gegen Frankreich in Deutschland vordrangen u. der König von S. von diesen Mächten zum Beitritt eingeladen wurde, begab er sich über Plauen u. Regensburg nach Prag u. erklärte, daß er im Verein mit Österreich den Frieden vermitteln wolle, u. liest seine Truppen in Torgau einschließen, mit der Ordre an den Commandanten Thielmann diesen Ort ohne seinen speciellen Befehl weder Franzosen, noch Verbündeten zu öffnen. Unterdessen drangen im März die Russen u. Preußen in S. vor u. besetzten Dresden, wo die Brücke zum Theil von den Franzosen gesprengt worden war. Nach der Schlacht bei Lützen am 2. Mai lud Napoleon den König zur Rückkehr nach Dresden ein, mit der Drohung, wenn er nicht käme, S. feindlich zu behandeln. Der König kam daher den 12. Mai nach Dresden, öffnete Torgau den Franzosen u. stellte sein Heer zur Disposition Napoleons, welcher nach der Schlacht bei Bautzen 20. u. 21. Mai die Verbündeten aus S. drängte. S. wurde nun wieder der Schauplatz des Krieges u. litt alle Drangsale desselben, war auch während des Waffenstillstandes von Poischwitz fast das alleinige Cantonnement der Franzosen. Nach Aufkündigung jenes Waffenstillstandes wurden die meisten Schlachten in S. geschlagen u. das sächsische Heer bei Großbeeren u. Dennewitz aufgerieben; nur ein kleiner Theil (Cavallerie) focht bei Dresden. Als Napoleon im Oct. 1813 bei Leipzig überwunden worden war, wurde der König in Leipzig gefangen u. erst nach Berlin, dann nach Friedrichsfelde geführt, S. aber von den Siegern für ein erobertes Land erklärt u. am 22. Oct. ein Generalgouvernement unter dem russischen Fürsten Repnin eingesetzt, welches eine Kriegssteuer von 2 Mill. Thlrn. ausschrieb u. alles königliche Eigenthum mit Beschlag belegte. S. mußte nun bis zum Frühjahr 1814 ein neues Heer von 28,000 M. Linientruppen u. 20,000 M. Landwehr stellen, welches mit unter dem Herzog von Weimar in den Niederlanden focht. Über diese Periode s.u. Russisch-Deutscher Krieg von 1812–15. Am 8. Nov. 1814 wurde das Generalgouvernement von Rußland an Preußen übergeben u. v. Gaudy Civil- u. v. Dobschütz Militärgouverneur des Landes. Auf dem Wiener Congreß wurde Seiten Preußens u. Rußlands darauf angetragen S. mit Preußen zu vereinigen u. dem König von S. ein Gebiet am Rhein anzuweisen (s.u. Wiener Congreß), der König von S. protestirte zwar hiergegen, mußte sich jedoch endlich entschließen durch den Frieden zu Wien am 18. Mai 1815 einen Theil seines Königreichs von nahe an 370 QM. mit einer Bevölkerung von mehr als 864,000 Ew. an Preußen abzutreten, nämlich den Wittenberger, Thüringer u. Neustädter Kreis u. die Niederlausitz ganz, Theile von dem Meißner u. Leipziger Kreis, fast die ganzen Stifter Merseburg u. Naumburg, das Fürstenthum Querfurt, Theile des Voigtländischen Kreises, den Antheil von Henneberg, einen Theil der Oberlausitz, den Cottbuser Kreis u. die Hoheitsrechte[689] über Stollberg, die schwarzburgischen Ämter Ebeleben, Kelbra u. Heringen u. die Solmsischen Herrschaften Baruth u. Sonnenwalde. Darauf kehrte der König am 7. Juni 1815 in seine Hauptstadt zurück u. stiftete bei dieser Gelegenheit den Civilverdienstorden, trat dem Deutschen Bunde bei u. stellte zu dem Kriege gegen Frankreich 1815 10,000 M. Nach dem zweiten Pariser Frieden wurden beträchtliche Veränderungen vorgenommen u. bedeutende Einschränkungen verfügt; am 16. Oct. 1817 wurde das Geheimerathscollegium errichtet u. zugleich der Wirkungskreis der Kreishauptleute erweitert. 1819 wurde die sächsische Staatsschuld an 16,660,771 Thlr. berechnet. In der Verfassung trat nur die Veränderung ein, daß 1817 die erbländische u. lausitzer Ritterschaft zu einem Landtage vereinigt u. 1821 die ständische Vertretung der Ritterschaften erweitert wurde. 1815 wurde die Chirurgisch-medicinische Akademie in Dresden, 1816 die Forstakademie in Tharand u. die Militärakademie in Dresden gegründet; 1818 für die Katholiken in S. ein Consistorium errichtet; eine neue Kreisordnung erschien am 10. Aug. 1821, eine Vereinfachung der Justizbehörden am 13. März 1822. Die Zeit von 1825 u. 1826 empfand S. vor allen Ländern schwer, der Handel erhielt durch mehre Bankerotte einen empfindlichen Stoß u. der Absatz der Fabriken stockte. In dem Erbschaftsstreit der Ernestinischen Häuser Koburg, Meiningen u. Hildburghausen, nach Aussterben der Linie Gotha, wurde die Vermittelung des Königs angerufen (s. unten). Friedrich August starb am 5. Mai 1827.

Ihm folgte sein älterer Bruder Anton der Gütige, welcher sich zwar durch seine Leutseligkeit, durch manche nützliche Einrichtungen für Landbau u. Gewerbe den Beifall des Volkes erwarb, aber doch durch seine u. seines Ministerpräsidenten, Grafen von Einsiedel, religiösen Tendenzen die Besorgnisse der Protestanten, des bei weitem größeren Theiles der Bevölkerung, erregte. Längst hatte ein großer Theil der Bevölkerung S-s das Bedürfniß einer zeitgemäßen Umwandlung der veralteten öffentlichen Einrichtungen gefühlt, sich aber stets beschieden, daß der milde u. gerechte Friedrich August durch Einsicht u. väterliche Fürsorge die etwaigen Mängel der Staatsverwaltung ersetze, an den neuen König wurden die Wünsche lauter u. der Unmuth kam, nachdem sich schon bei der Jubelfeier der Augsburger Confession am 25. Juni 1830 in Dresden u. Leipzig eine Aufregung gezeigt hatte, durch das Beispiel der Julirevolution in Paris gefördert, zum Ausbruch. Am 2. Sept. 1830 kam es in Leipzig zu einer Demonstration gegen den Stadtrath u. die Polizei, wobei mehre Privatwohnungen demolirt wurden. Eine aus den Bürgern u. Studirenden schleunig errichtete Communalgarde that dem Tumulte Einhalt, u. nachdem der Rath die Rechnungsablegung versprochen u. einige Polizeibeamten entlassen hatte, wurde die Ruhe hier hergestellt. Allein nun brach am 9. Sept. ein Aufstand in Dresden gegen die Polizei aus, welcher einen gefährlicheren Charakter annahm u. bei welchem das dortige Polizeigebäude in Flammen aufging. Ähnliche Unruhen fanden auch in Chemnitz u. mehren anderen kleinen Städten, bes. im Voigtland, statt. Das Bedürfniß einer verbesserten Städteordnung u. zugleich einer Vertretung des Volkes auf dem Landtage kam nun zur Sprache, u. König Anton nahm am 13. Sept. seinen ältesten Neffen Friedrich August zum Mitregenten an. Diese Maßregel, das bestimmte Versprechen einer neuen Constitution, der Rücktritt des Ministerpräsidenten von Einsiedel u. die Ersetzung desselben durch von Lindenau verursachte eine allgemeine Freude durch ganz S. Am 31. Oct. wurde bereits in Leipzig u. Dresden ein neuer Stadtrath eingesetzt. Am 4. Dec. entstand aber ein neuer Auflauf in Dresden, weil die alte Nationalgarde daselbst aufgelöst werden sollte. Durch energische Maßregeln wurde dieser Tumult, so wie ein späterer in Leipzig, durch Zwistigkeiten über ein verändertes neues Wachtlocal der Bürgergarde veranlaßter, gedämpft, bei welchem letzteren es zum Feuern des Militärs kam u. mehre Menschen blieben. Bereits am 25. Sept. 1830 waren die Stände berufen u. ihnen von der Regierung eine Übersicht des Staatshaushaltes u. die Entwürfe des neuen Grundgesetzes der künftigen Verfassung u. des Wahlgesetzes vorgelegt worden. Nach langen Berathungen wurde der letzte Landtag nach alter Form am 4. Sept. 1831 geschlossen u. die neue Verfassungsurkunde (s.u. Sachsen, Geogr., S. 657) angenommen, die sechs Ministerialvorstände (v. Lindenau als Ministerpräsident) im November 1831 eingesetzt u. später der Staatsrath errichtet. Seitdem legte sich die aufgeregte Stimmung in S., indessen blieben Ende 1831 der Durchzug der polnischen Offiziere u. Soldaten, welche sich aus Preußen nach Frankreich begaben, so wie das Frankfurter Attentat am Gründonnerstage 1833 nicht ohne Einwirkung auf die Volksstimmung u. es erfolgten Verhaftungen einiger in die Demagogischen Umtriebe Verwickelter. Am 2. Febr. 1832 wurde die allgemeine Städteordnung bekannt gemacht. Der erste constitutionelle Landtag mit öffentlichen Sitzungen (vom 27. Jan. 1833 bis zum 1. Oct. 1834) sollte organisiren, die Stellung der Regierung zum Volk im Ganzen bestimmen u. die Behörden in die neue Form bringen. Er billigte die Einsetzung des Oberappellationsgerichts in Dresden, der vier Bezirksappellationsgerichte in Dresden, Leipzig, Zwickau u. Bautzen, der vier Kreisdirectionen ebendaselbst als Hauptadministrationsbehörden, die Vereinigung der Kammer u. Steuer, als bisher getrennter Staatskassen, u. votirte Gesetze über Aufhebung des Dienstzwanges der Bauernsöhne, über Ablösungen u. Zusammenlegung der Grundstücke, über die Militärpflicht aller Staatsbürger ohne die bisherigen Ausnahmen, aber mit Stellvertretung, über die Verhältnisse des Staates zu den Staatsdienern, über die gemischten Ehen, doch wurden die letztgenannten Gesetze erst später publicirt. Zum Behuf leichterer Frohnablösung wurde die Landrentenbank errichtet. Noch während dieses ersten Landtages, mit dem 1. Jan. 1834, trat der bereits am 30. März 1833 durch Staatsübereinkommen bestimmte Anschluß S-s an den allgemeinen Deutschen Zollverband in Wirksamkeit.

Am 6. Juni 1836 st. König Anton, u. sein Neffe, der bisherige Mitregent, Friedrich August II., welcher seither den größeren Theil der Regierung geführt hatte, folgte ihm, vermöge der Verzichterklärung seines Vaters, des Prinzen Max, auf die Thronfolge vom 15. September 1830. Friedrich August hielt treu bei der mit von ihm gegebenen Verfassung. 1835 begann der Bau der Leipzig-Dresdner Eisenbahn (der ersten größeren Bahn in ganz Deutschland). Im October 1836 crschien eine provisorische Preßpolizeiverordnung, welche die[690] Nachcensur bereits gedruckter Schriften einführte u. auch ferner Schriften über 20 Bogen der Censur unterwarf. Auf dem zweiten Landtage (13. November 1836 bis 3. December 1837) wurde das neue Strafgesetzbuch u. ein neues Hausgesetz angenommen, die Bannrechte beim Brau- u. Mühlenwesen aufgehoben, auch den kleinen Landstädten u. ländlichen Gemeinden durch die Landgemeindeordnung eine repräsentative Einrichtung gegeben, durch ein neues Gesetz das Verfahren des Staatsgerichtshofes über die Verantwortlichkeit der Minister u. die Auslegung zweifelhafter Stellen der Verfassungsurkunde u. das Expropriationsgesetz hinsichtlich der Eisenbahn gebilligt, auch ein Heimathsgesetz angenommen, welches den Grundsatz der Freizügigkeit durch das ganze Land verwirklichte. Auf dem dritten Landtage (vom 10. November 1839 bis zum 22. Juni 1840) wurde ein Gesetz über Erleichterung des Gewerbsbetriebs auf dem Lande, eine allgemeine Armenordnung, eine neue Münzverfassung, die Herabsetzung des Briefportos, des Salzpreises u.m.a. berathen. Der die Presse u. den Buchhandel betreffende Entwurf, welcher den Kammern 3. Januar 1840 vorgelegt worden war, wurde, da er in den Händen der Berichterstatter große Änderungen erlitt u. auch der Schluß des Landtags nahte, von der Regierung zurückgenommen. 1841 trat die neue Münzwährung, nach dem mit den übrigen Zollvereinsstaaten 1838 auf dem Münzcongreß zu Dresden getroffenen Übereinkommen, ein (s.u. Münzconvention e). Der vierte Landtag (20. November 1842 bis 21. Aug. 1843) brachte ein neues Grundsteuergesetz mit Entschädigung der bisher steuerbefreiten Grund-, bes. Rittergutsbesitzern, ein Gesetz über literarisches Eigenthum, eine neue Hypothekenordnung etc. Hinsichtlich der Presse bewirkte der Landtag 1843, daß die Nachcensur von 1836 aufgehoben wurde u. Schriften über 20 Bogen nicht censirt zu werden brauchten. Die Regierung beschränkte, um dem ungeheuern Andrang von Petitionen zu steuern, das Petitionsrecht dadurch, daß jede Petition dem Landtag von einem Abgeordneten überreicht u. befürwortet werden sollte. Außerdem wurde auf diesem Landtage die Einbringung eines, von der Gegend von Freiberg bis Meißen od. Rothschönberg führenden Stollens, welcher das Silberlager bei Freiberg entwässern sollte, genehmigt. Am 1. September 1843 verließ der Minister von Lindenau den sächsischen Staatsdienst u. im Vorsitze des Ministeriums folgte ihm der Justizminister v. Könneritz. Durch die Ungunst, welche das Verlangen nach einer selbständigern Entwickelung des Volkslebens schon länger von Seiten der Regierung erfuhren, wurde bes. seit 1845 eine schroffere Parteistellung zwischen dem bedächtigern Conservatismus u. dem eiliger fortschreitenden Liberalismus hervorgerufen. In Folge davon traten zunächst strengere Maßregeln gegen die Presse, bes. gegen die oppositionellen Blätter, u. gegen die freiere Bewegung auf dem kirchlichem Gebiet ein, bes. gegen den Deutschkatholicismus u. die Protestantischen Freunde (s.b.). Die Unzufriedenheit im Lande darüber wurde freilich von der demagogischen Agitation genährt u. ausgebeutet, u. namentlich das Volk in steter Furcht vor Jesuitismus erhalten u. in die größte Bewegung gesetzt. An vielen Orten fanden deshalb öffentliche Versammlungen statt u. von Leipzig, Glauchau, Zwickau, Chemnitz, Plauen etc. gingen Verwahrunaen zu Gunsten der anaeblich bedrohten Gewissensfreiheit ab. Bes. war in Leipzig die Erregung zu einer außerordentlichen Höhe gestiegen, u. als am 12. August der Prinz Johann, welchem man die Veranlassung aller gegen die kirchlichen Neuerungen ergriffenen Maßregeln zuschreiben wollte, zur Abhaltung der jährlichen Revue über die Communalgarde nach Leipzig kam, fanden am Abende so ausschweifende Demonstrationen der versammelten Menge vor der Wohnung des Prinzen statt, daß schließlich das Militär einschritt, wobei mehre Menschen getödtet u. schwer verwundet wurden. Am andern Tage rückte, nach der Abreise des Prinzen, Militär aus anderen Garnisonen ein, u. es fiel keine weitere Ruhestörung vor, indem ein Bürgercomite die aufgeregte Stimmung in ein ruhiges Geleis zurückbrachte, worauf die Regierung die Militärbesatzung in Leipzig verstärkte u. die Bürgerversammlungen schloß, wie denn eine allgemeine Verordnung vom 26. August alle Volksversammlungen im Lande überhaupt verbot. Zudem war bereits am 16. August eine von der Regierung abgeordnete außerordentliche Untersuchungscommission in Leipzig eingetroffen, welche harte Straferkenntnisse wider die Ruhestörer des 12. August verhängte, worauf die aus anderen Garnisonen herbeigerufenen militärischen Verstärkungen allmälig zurückgezogen wurden. Als ein neu zur Aufregung ausgebeuteter Umstand kam noch eine in Freiberg zwischen den Offizieren des dort in Garnison liegenden ersten Reiterregiments u. den Eleven der Bergakademie entstandene heftige Reibung hinzu, gelegentlich deren die Akademie eine Zeitlang geschlossen wurde.

Unter der unruhigsten Bewegung des Landes, wovon etwa nur das höhere Erzgebirge u. die Lausitz eine Ausnahme machte, erfolgte am 14. Sept. die Eröffnung des fünften Landtages. Hinsichtlich der Parteigestaltung bot dieser Landtag im Vergleich zu dem früheren eine bezeichnende Veränderung dar; die alte Opposition hatte einen Zuwachs erhalten, welcher sehr bald als Linke mit größerer Entschiedenheit auftrat u. das Übergewicht über die ministerielle Rechte bekam; in der Ersten Kammer war dagegen das aristokratische Element in der Majorität. Es wurde auf diesem Landtage zuerst die Abgabe einer Adresse an den König beschlossen, aber der Entwurf dazu, von der Zweiten Kammer verfaßt, kam in seinen wesentlichsten Punkten aus der Ersten so verändert hervor, daß die Zweite Kammer auf die Überreichung dieser Adresse zu verzichten beschloß. In der Frage wegen Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens u. der Beschwerden wegen der Presse kam es zu keiner Einigung der beiden Kammern; hinsichtlich der protestantischen Kirchenreform erkannten beide Kammern die Nothwendigkeit einer solchen an, ohne sich jedoch für bestimmte neue Formen auszusprechen, u. beruhigten sich endlich bei dem Versprechen der Regierung dem nächsten Landtag einen bezüglichen Gesetzentwurf vorlegen zu wollen; wegen des Deutschkatholicismus schlossen sie sich dem von der Regierung vorgeschlagenen Interimisticum (publicirt im Juli 1846) an. Die Verhandlungen über die Leipziger Augustereignisse fielen in eine Zeit, wo die Verhältnisse innerhalb der Kammern, wie die öffentliche Meinung über dieselben, eine wesentliche Änderung erlitten hatten, daher wurde schließlich das Verfahren des Militärs für gerechtfertigt erklärt u. der Antrag auf Einleitung einer Criminaluntersuchung wider die Veranlasser[691] der Maßregeln gegen die Volksmenge abgelehnt. Außerdem beschäftigte sich der Landtag mit dem Bau eines neuen Museums in Dresden, der Landtagsordnung, der Landrentenbank, einem neuen Maßsystem. So waren im Ganzen die hohen Erwartungen, welche Viele von dem Landtag von 1845–46 gehegt hatten, nur in geringem Maße erfüllt worden. Am 4. Juli 1845 erfolgte auch die endliche Regulirung des Besitzstandes der böhmischen Enclaven Schirgiswalde u. Petersbach, welche 1809 im Schönbrunner Frieden dem Königreich S. zugewiesen worden waren, indem dieselben von Seiten Österreichs an S. übergeben wurden. Der auch S. mit seiner dichtgedrängten Bevölkerung hart betreffende Nothstand von 1846–47 u. die Verhältnisse der Sächsisch-baierischen Eisenbahn machten die Einberufung eines außerordentlichen Landtags nothwendig, welcher vom 18. Januar bis 22. März 1847 tagte. Die Verhandlungen desselben über die gegen den Nothstand zu ergreifenden Maßregeln veranlaßten eine allseitige Beleuchtung des sächsischen Pauperismus u. seiner Ursachen, außerordentliche Regierungsmaßregeln wurden aber als nicht nothwendig anerkannt; nur der Bau von Straßen in den bedrängtesten Bezirken u. etwaige Anlegung von Mehlmagazinen wurde empfohlen u. im Übrigen die Privatmildthätigkeit für ausreichend gehalten. Außerdem wurde die Übernahme der Sächsischbaierischen Eisenbahn durch den Staat genehmigt. Das Jahr 1847 verging in äußerlicher Ruhe, desto bewegter wurde das folgende.

Obgleich sich in Hinsicht auf den materiellen Fortschritt kaum ein Land mit S. messen konnte, denn binnen 17 Jahren war die Ablösung der Grundlasten bewirkt u. über 10 Mill. auf die Landrentenbank übernommen worden; das ganze Land war vermessen u. abgeschätzt u. auf Grund dieser Abschätzung die Steuerfreiheit gegen Entschädigung abgelöst, eine neue mäßige Grundsteuer eingeführt u. neben derselben eine Gewerbe- u. Personalsteuer nach einem billigen Verhältniß, alle Bannrechte aufgehoben, die schwierige Ablösung der Lehnsoblasten eingeleitet, der Bau sämmtlicher nothwendigen Eisenbahnen gesichert u. die Finanzverwaltung so geordnet, daß fast in jedem zweiten Jahre ein bedeutender Theil der Steuern erlassen werden konnte: so fehlte es doch bei der Fortschrittspartei nicht an Beschwerden, so wegen des Widerstandes der Regierung gegen die Einführung des öffentlichen u. mündlichen Gerichtsverfahrens, wegen der Beschränkung der Presse, wegen der Eingriffe in die Selbständigkeit der Gemeinden, wegen des Verhaltens gegen die kirchlichen Neuerer, wegen der allgemeinen deutschen Verhältnisse. Darauf gründete sich die Theilnahme S-s an der Bewegung, welche in Deutschland nach den Februarereignissen 1848 in Frankreich erfolgte. Die sächsische Bewegung nahm ihren Ausgangspunkt von Leipzig, von wo am 2. März eine Adresse der Stadtverordneten u. des Stadtraths mit der Hindeutung auf den zwischen dem Geiste des Volkes u. dem der Verwaltung herrschenden Zwiespalt u. mit der Bitte um eine Reorganisation der Bundesverfassung im Geiste der Neuzeit, angebahnt durch die Entfesselung der Presse u. die Berufung von Vertretern sämmtlicher deutscher Völker an den Sitz des Bundestages, dem König in Dresden überbracht wurde. Der König aber, welcher die Gemeindevertretung als überhaupt zu solcher allgemeinen Manifestation für nicht befugt erkannte, entließ die Deputation mit einem abweisenden Bescheide. Inzwischen griff in Leipzig die Bewegung um sich. Einer zweiten Adresse war als Antwort nur eine Vertröstung auf Verwendung bei dem Bundestage für Erleichterung der Presse geworden. Erst eine dritte von den Stadtverordneten erlassene Adresse hatte den Erfolg, daß von Falkenstein (Minister des Innern) aus dem Ministerium trat. Nichtsdestoweniger wurde von Leipzig aus die Agitation zum Sturze des ganzen Regierungssystems fortgesetzt. Im übrigen Lande fand Leipzig nur eine getheilte Unterstützung; einzelne Orte, Chemnitz, Plauen, Krimmitzschau, Tharandt, Glauchau u. bes. das Erzgebirge, schlossen sich seinem Vorgehen an; dagegen blieben andere Landestheile, namentlich das flache Land, vorläufig von der Bewegung noch ganz unberührt; eine Adresse der Stadt Dresden bat blos um Einberufung der Stände. Eine Ansprache des Königs vom 6. März verhieß die Eröffnung des Landtags bis spätestens zu Anfang Mai, u. bei dem fortwährenden Drängen auf Entlassung des ganzen Ministeriums wurde der Landtag bereits auf den 30. März einberufen. Zugleich ward die Censur vorläufig bis zum 15. April aufgehoben. Indessen waren bedeutende Militärkräfte um Leipzig zusammengezogen u. auch preußische Truppen in der Nähe von Leipzig an der Grenze aufgestellt worden. Das Ministerium trat noch vor Eröffnung des Landtags bereits am 13. März zurück; das neue, vom 16._– 22. März gebildete Ministerium bestand aus Braun für die Justiz, v. d. Pforten für das Auswärtige u. den Cultus, Georgi für die Finanzen, v. Holtzendorff für den Krieg u. Oberländer für das Innere u. sein Programm enthielt folgende Verheißungen: Aufhebung der Censur für immer, ein Preßgesetz ohne Cautions- u. Concessionswesen, Reform der Rechtspflege auf Grund der Öffentlichkeit u. Mündlichkeit mit Geschwornengerichten in Strafsachen, Reform des Wahlgesetzes, Anerkennung des Vereinsrechtes mit Repressivbestimmungen wegen Mißbrauchs, Ordnung der kirchlichen Verhältnisse im Geiste der Duldung u. Parität, kräftige Mitwirkung zu zeitgemäßer Gestaltung des Deutschen Bundes mit Volksvertretung bei demselben. In diesem Sinne entfaltete denn nun auch die Regierung sofort ihre Thätigkeit. Die Verordnung vom 23. über die Angelegenheiten der Presse verwies die Bestrafung der Preßvergehen lediglich auf die allgemeinen strafrechtlichen Bestimmungen u. hob das Concessionswesen auf; durch ein provisorisches Gesetz vom 11. April ward das Institut der Communalgarde erweitert; am 17. April erging eine Amnestie für alle bis zum 17. März 1848 begangenen politischen Vergehen; am 30. März ward das Versammlungs- u. Vereinsrecht freigegeben, die Beaufsichtigung der Universität durch einen Regierungscommissar u. das Verbot der Studentenverbindungen aufgehoben. Der Vertrauensmann am Bundestage wurde im Sinne der Herstellung eines Bundesstaates auf volksthümlicher Grundlage mit einem von verantwortlichen Ministern umgebenen Oberhaupte, einem Parlament von zwei Häusern u. einem Reichsgericht instruirt. Dem stockenden Verkehr wurde durch öffentliche Arbeiten, durch Vorschußleistung von 300,000 Thalern auf Waaren etc. aufzuhelfen gesucht u. zugleich zur Unterstützung der erschöpften Staatskassen (schon wenige Monate nach der Revolution war ein [692] Kassenbestand von 10 Mill. neben der laufenden u. vorauserhobenen Steuer verbraucht worden) die Erhebung einer Einkommensteuer vorbereitet. So entschieden nun aber auch die Regierung ihr reformatorisches Werk angegriffen hatte, so hörte dennoch die Bewegung von unten keineswegs auf, breitete sich vielmehr, namentlich in Folge der Freigebung des Vereinsrechtes, immer weiter aus. In kurzer Zeit war das ganze Land von einem Netze von Vereinen bedeckt, welche alle Richtungen des Zeitgeistes repräsentirten, namentlich der demokratische Vaterlands-, der liberale Deutsche, der gemäßigte Constitutionelle Verein, der conservative Sachsenverein etc. Das Überwiegen des rein demokratischen Elementes stellte sich schon bei den Wahlen zur Frankfurter Nationalversammlung heraus, indem von 24 sächsischen Abgeordneten in der Paulskirche 20 auf der Linken, zum Theil auf der äußersten Linken saßen. Dennoch traten im Anfange wirkliche Äußerungen einer revolutionären Stimmung im Ganzen nur vereinzelt hervor; so ein Straßenauflauf in Dresden am 14. März u. die Plünderung u. Niederbrennung des Schlosses des Fürsten von Schönburg bei Waldenburg durch eine rohe Menge. Bald aber wendete sich nun die allgemeine Theilnahme der am 18. Mai neu zusammentretenden Ständeversammlung zu. Die Erste Kammer sprach selbst von dem nothwendigen Wegfall der Vorrechte eines Standes vor dem anderen als Staatsbürger u. eines neuen Wahlsystems, wie denn auch bald darauf 21 ritterschaftliche Abgeordnete einen Antrag auf Gleichstellung des ritterschaftlichen Grundbesitzes mit dem bäuerlichen u. auf Beseitigung der noch bestehenden Vorrechte der Rittergutsbesitzer einbrachten; die von der Regierung zur Aufhülfe der finanziellen Verhältnisse des Staates gemachten Vorschläge, Ausgabe von Papiergeld, Flüssigmachung eines Theiles des mobilen Staatsvermögens, Aufnahme von kleineren Handdarlehen u. außerordentliche Abgabenerhöhung, fanden Billigung. Unter den übrigen den Ständen gemachten Vorlagen befand sich ein Preßgesetz, welches durch die Kammern mehre Änderungen erfuhr, ferner ein Vereinsgesetz, ein Geschwornengesetz; den Deutschkatholiken wurden die Rechte anerkannter christlicher Religionsgesellschaften zugesprochen; daneben wurde über die Umgestaltung des Gerichtswesens, gänzliche Trennung der Verwaltung von der Rechtspflege, Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit etc. verhandelt. In der deutschen Frage war Seitens der Regierung bei Ankündigung der Wahl des Reichsverwesers die volle Zustimmung des Königs zu derselben u. seine Bereitschaft für die Einheit des Vaterlandes selbst Opfer zu bringen erklärt worden; doch machte sich sehr bald in der sächsischen Politik gegenüber der Nationalversammlung eine bedächtige Zurückhaltung bemerkbar; vor den Kammern sprach sich die Regierung für das Princip der Vereinbarung zwischen den Regierungen u. der Nationalversammlung aus, ja wollte selbst die Frankfurter Beschlüsse der Zustimmung der Kammern unterstellt wissen u. fand hierfür bei diesen auch eine große Majorität. Der neue von der Regierung vorgelegte, nach den Wünschen des Landtags modificirte Wahlgesetzentwurf nahm für beide Kammern den directen Wahlmodus, als Grundlage zum activen Wahlrecht Selbständigkeit u. ein Alter von 21 Jahren an; die Erste Kammer sollte zum größten Theil aus Wahlen der Grundbesitzer, zum kleineren aus Wahlen der Universität, der Geistlichen u. Lehrer bestehen; bei Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Kammern sollten dieselben zu einer einzigen vereinigt werden u. als solche abstimmen. Und trotzdem daß eine Versammlung der Vaterlandsvereine in Dresden am 3. September u. eine große Volksversammlung ebenda am 4. September sich gegen dieses Wahlgesetz ausgesprochen hatte, nahmen die Kammern doch die Regierungsvorlage an. Nur die Standesherren protestirten gegen den Eingriff in ihr Recht der Standschaft. Die Entlassung des Landtages, welcher mit dem Wahlgesetz seine letzte Aufgabe gelöst hatte, stand bereits nahe bevor, als die Nachricht von der standrechtlichen Hinrichtung R. Blums in Wien (s.u. Deutschland S. 76) das Land in die heftigste Aufregung versetzte; die Kammern vereinigten sich sofort in dem Verlangen an die Regierung strenge Rechenschaft zu geben über die von ihr u. von dem sächsischen Gesandten zu Wien zum Schutze Blums gethanen Schritte, u. das Ministerium sah sich endlich genöthigt zuzusagen, daß es von dem Gesandten in Wien Rechenschaft fordern, die österreichische Regierung um Aushändigung der Proceßacten angehen u. bei der Centralgewalt auf Ergreifung energischer Maßregeln wegen des Geschehenen dringen wolle. Mitten unter diesen Wirren war der Landtag am 17. November aufgelöst worden. Unter mehren tumultuarischen Auftritten während der Zeit war der bedeutendste der in Chemnitz am 10. September, wo nach Abhaltung einer großen Volksversammlung, welche ein Mißtrauensvotum gegen Ministerium u. Kammern erlassen hatte, die Menge bei Befreiung eines Gefangenen mit der Bürgerwehr zusammenstieß, worauf Barrikaden gebaut wurden, welche das herbeigezogene Militär nicht ohne Blutvergießen nahm.

Am 17. Jan. 1849 fand die Eröffnung des Landtages statt, dessen Mitglieder zum größten Theile der demokratischen Partei angehörten. Ein Antrag in der Deutschen Frage, die Kammern möchten ihren Widerwillen gegen ein unverantwortliches u. erbliches Oberhaupt des Bundesstaates u. gegen jede andere als eine wahrhaft demokratische Lösung der Oberhauptsfrage erklären, wurde angenommen. Außer zahllosen Interpellationen kamen nächst der Geschäftsordnung nur zwei eigentliche Berathungen vor, über eine Amnestie für Jagdvergehen u. eine Revision der Kriegsartikel, welche durch die Beeidigung des Militärs auf die Verfassung für nothwendig erklärt wurde. Nachdem es sich mehrmals gegenüber den Forderungen der extremen Partei im Lande u. in den Kammern um den Rücktritt des Ministeriums gehandelt hatte, entschied endlich die Frage wegen Einführung der Grundrechte, hinsichtlich deren die Kammern gegenüber der Ansicht der Regierung auf sofortiger u. unveränderter Publication bestanden, den völligen Bruch. Am 24. Febr. trat das Ministerium Braun definitiv zurück, u. im neuen Ministerium erhielt der Geheime Justizrath Held den Vorsitz wie das Departement der Justiz u. provisorisch das des Cultus, von Ehrenstein die Finanzen, Weinlig das Innere, von Beust das Äußere übertragen; in das Kriegsministerium trat erst später Oberst Rabenhorst ein. Die Frage wegen Publication der Grundrechte wurde sofort im Sinne der Kammer entschieden; ein königliches Decret vom 27. Febr. sagte die sofortige u. unveränderte Veröffentlichung derselben zu (was auch am 2. März[693] geschah), ebenso auch die vornehmsten Ausführungsgesetze zu den Grundrechten, so namentlich eine Habeas-Corpus-Acte, ein Jagdgesetz, ein Gesetz über die neuen Verhältnisse der Kirche u. Schule etc. Als aber die äußerste Linke an das Ministerium oas Verlangen nach Vorlegung eines vollständigen neuen Programms stellte, als dessen unerläßliche Cardinalpunkte Einkammersystem, suspensives Veto, Herabsetzung der Civilliste, unbedingt allgemeines Wahlrecht, Einziehung der Gesandtschaften, Theilnahme der Kammern an der Ernennung der richterlichen Beamten, Überlieferung der Verwaltung in die Hände des Volkes etc. angegeben waren, wies das Ministerium diese Anmuthungen zurück, worauf gegen dasselbe von den Antragstellern am 16. März ein Mißtrauensvotum eingebracht, aber von der Kammer nicht ausgesprochen wurde. Überhaupt war jetzt eine etwas veränderte Parteistellung bemerkbar, indem die Linke in der Kammer sich schärfer von der äußersten Linken getrennt hatte u. letztere im Lande schon seit längerer Zeit Gegenstand der entschiedensten Angriffe geworden war; dazu kam, daß auch die conservative Partei wieder offen hervortrat u. die Regierung zu entscheidenden Schritten aufforderte. Die lange erwartete Krisis trat jedoch erst bei den Verhandlungen über die Deutsche Frage ein. Die radicale Kammermajorität hatte sich bereits länger, angeblich weil die Nationalversammlung die Volkssouveränetät verläugnet hätte, auf den Standpunkt des Particularismus zurückgezogen; aus diesem Grunde waren von ihr auch die Proteste gegen die von der Reichsgewalt verfügte Besetzung Thüringens durch sächsische Truppen u. die Verwendung derselben in dem Kriege gegen Dänemark, so wie gegen ein preußisches Erbkaiserthum erhoben worden. Dennoch stand auch die sächsische Linke, nachdem die Frankfurter Linke die Durchführung der unveränderten Reichsverfassung zu ihrem Feldgeschrei gemacht hatte, plötzlich für dieselbe ein u. die Kammern nahmen dieselbe an. Dem gegenüber erklärte der Ministerpräsident zwar die Bereitwilligkeit der Regierung dahin zu wirken, daß das Frankfurter Verfassungswerk kein vergebliches sei, sprach sich aber zugleich über die Unausführbarkeit einer einseitigen Einführung der Reichsverfassung aus, u. als darauf in den Kammern Anträge der extremsten Art folgten, wurden dieselben am 30. April aufgelöst.

Unterdessen hatte aber im Lande die von den liberalen Vereinen aufgenommene Bewegung für die Durchführung der Reichsverfassung eine bedeutende Ausdehnung gewonnen u. Petitionen von Leipzig, Dresden u. anderen Städten verlangten von König u. Regierung Nachgiebigkeit in Sachen der Reichsverfassung. Daneben fanden in allen Landestheilen Volksversammlungen statt, welche von den Führern zu den heftigsten Beschlüssen fortgerissen wurden. Der König seinerseits blieb bei der einfachen Erklärung, daß die Reichsverfassung in ihrer vorliegenden Gestalt nach seiner Überzeugung nie zum Heile des Volkes dienen könne u. daß er daher entschlossen sei in dieser Angelegenheit mit Preußen zu gehen; die Majorität des Ministeriums aber, Weinlig, Ehrenstein u. Held, legte am 2. Mai ihr Amt nieder, worauf von Zschinsky mit der Bildung eines neuen Cabinets beauftragt wurde, in welchem von Beust u. Rabenhorst verblieben. In Hinblick auf das nach des Königs eigenen Andeutungen zu erwartende Einrücken fremder Truppen hatten die Stadtverordneten mit Zustimmung des Stadtrathes in Dresden am 3. Mai einen Landesvertheidigungsausschuß erwählt, u. der Ausschuß des Vaterlandsvereines erließ einen Aufruf ins Land an die Communalgarden u. Vereine sich zu möglichst zahlreichem Erscheinen in Dresden bereit zu halten. Als nun dagegen die Regierung kurz nach Mittag die in Leipzig u. Chemnitz stehenden Truppen schleunig st nach Dresden beorderte u. das Gerücht sich verbreitete, daß Preußen in Anmarsch seien, begann Nachmittags 3 Uhr die Menge, ohne Widerstand der Communalgarde, Barrikaden zu bauen u. drängte nach dem Zeughause, um Waffen zu holen. Hier begann der erste Kampf. Das Militär feuerte auf die gewaltsam andringende Menge u. es fielen mehre Todte u. Verwundete. Das bald darauf zur Herstellung der Ordnung anrückende Bataillon der Bürgerwehr gerieth selbst in das Feuer des Militärs; dadurch steigerte sich die Erbitterung. Doch wurde auch ein zweiter Sturm des Volkes von den Truppen abgeschlagen. Als gegen 6 Uhr wiederholt an den König wegen Gewährung abgesendete Deputationen mit abschlägiger Antwort zurückkehrten, war die Stadt bereits allenthalben mit Barrikaden bedeckt u. das Volk bewaffnet. Doch kam es an diesem Tage zu keinem weiteren Kampf. Die oberste Leitung des Aufstandes hatte seit dem Nachmittag der Sicherheitsausschuß, Tzschirner an der Spitze, an sich gerissen, Heinze war zum Oberbefehlshaber der Communalgarde mit unumschränkter Vollmacht gewählt. Signale u. Boten gingen in das Land, um Zuzug aufzubieten; auch die von der Regierung herbeigerufenen Truppentheile, so wie die requirirte preußische Hülfe, waren noch nicht eingetroffen. Am 4. Mai früh verließ der König mit seiner Familie u. sämmtlichen Ministern die Hauptstadt u. begab sich nach der Festung Königstein. Von Seiten der Aufständischen wurde mit dem Gonverneur von Dresden ein Waffenstillstand bis zum Mittag des folgenden Tages abgeschlossen. Diesen benutzte der Sicherheitsausschuß zunächst dazu, um durch eine Anzahl von ehemaligen Kammermitgliedern, weil der König u. die Minister sich entfernt hätten, eine provisorische Regierung, bestehend aus Heubner, Todt u. Tzschirner, erwählen zu lassen; die Seele des Aufstandes wurde aber seit dem 5. Mai Bakunin an Todts Stelle. Ungeachtet nun am Abend des 4. Mai die Minister von Beust u. Rabenhorst nach Dresden zurückkehrten, bestand die provisorische Regierung doch fort. Inzwischen hatte man eifrige Versuche gemacht das Militär für den Aufstand zu gewinnen; nur am Zeughause hatten dieselben einen Erfolg, wo das Militär, ohne alle Kunde über die Sachlage u. durch falsche Nachrichten getäuscht sich zum Abschluß einer Convention verleiten ließ, kraft deren die Communalgarde an der Besetzung des Zeughauses Theil nahm. Die provisorische Regierung benutzte dies, um sofort eine Bekanntmachung zu erlassen, daß das sächsische Militär zum Volke übergegangen sei; als sie jedoch nun auch die Auslieferung von Geschütz u. Kriegsmaterial verlangte, war es gelungen, die bereits schwierig gewordene Mannschaft wieder in der Treue zu befestigen, so daß das Zeughaus bis zur Ankunft neuer Verstärkung gehalten werden konnte. Von Seiten der Aufständischen wurde die Waffenruhe zur Bereitung u. Herbeischaffung von Munition u. Verstärkung der Barrikaden benutzt;[694] in immer sich verstärkender Zahl traf Zuzug von Außen ein. Inzwischen waren aber auch die Truppen von Leipzig u. Chemnitz angelangt, so daß sich die Militärmacht auf 4000 M. belief; Generallieutenant von Schirnding commandirte sie. Am 5. Mai wurde schon in der Frühe von den Aufständischen das Feuer gegen das königliche Schloß wieder eröffnet. Die Minister veröffentlichten eine versöhnliche Ansprache des Königs u. eine andere in ihrem eigenen Namen, um das Fortbestehen der königlichen Regierung ausdrücklich zu erklären, sie ließen stch selbst auf eine Friedensverhandlung mit dem Magistrate ein, welche aber kein Resultat lieferte. Um 10 Uhr Vormittags begannen die Truppen den Angriff gegen die Altstadt, da die Waffenstillstandsbedingungen längst von den Aufständischen gebrochen waren, doch gelang es ihnen nicht im Laufe des 5. Mai erhebliche Fortschritte zu machen. Am Abend rückte das erste Bataillon der preußischen Hülfstruppen ein. Am Morgen des 6. Mai setzten die Aufständischen das alte Opernhaus in Brand, welcher sich auch einem Theile der Zwingergebäude mittheilte u. die kostbaren Naturaliensammlungen vernichtete. Hierauf erneuerte sich der Kampf mit Wuth. Die Truppen beschossen mit Geschütz u. Kleingewehrfeuer die Barrikaden, in denen sich jedoch die Aufständischen mit der größten Hartnäckigkeit behaupteten, so daß die Positionen meist dieselben blieben. Nur dem linken Flügel gelang es, größere Fortschritte zu machen u. den Neumarkt u. die Pirnaische Gasse zu erreichen. Am 7. Mai wurde wieder von früh an gekämpft; am Vormittag traf ein zweites Bataillon Preußen ein, u. die Fortschritte der Truppen wurden entscheidend. Der 8. Mai begann mit einer gegenseitigen Waffenruhe; als jedoch wiederum ein Bataillon Preußen anlangte, wurde der Kampf wieder aufgenommen u. die provisorische Regierung berief fortwährend Communalgarden nach Dresden. Das Ministerium dagegen verhängte den Kriegszustand über Dresden u. Umgegend. Am 9. Mai endlich erreichte der Kampf sein Ende; zuerst verließ die provisorische Regierung Dresden, dann begann seit 8 Uhr der Abzug der Aufständischen, welche nach allen Seiten hin zerstreut u. verfolgt wurden. Tzschirner entfloh in die Schweiz, Heubner u. Bakunin, in Freiberg abgewiesen, wendeten sich nach Chemnitz, wo sie von der Bürgerwehr gefangen genommen u. über Leipzig nach Dresden abgeführt wurden. Ein fernerer Widerstand fand nach Dresdens Fall nirgends Statt. Was den Zustand des übrigen Landes während des Dresdener Aufstandes anlangt, so war bes. die Lage Leipzigs eine sehr bedenkliche. Trotz der seit dem 2. Mai sich täglich steigernden Aufregung blieb der Stadtrath doch darin fest, daß er das ihm gestellte Ansinnen die provisorische Regierung anzuerkennen ablehnte, wies auch beharrlich die Forderungen von Waffen u. Geld zurück u. schlug zuletzt den Ausweg ein sich insofern für neutral zu erklären, als er am 6. Mai die Gemeinde Leipzig bis zum Austrag der Conflicte zwischen Krone u. Volk unter den Schutz der deutschen Centralgewalt stellte. Am Abend des 6. Mai waren die aufgeregten Massen nicht länger im Zaume zu halten, sie begannen Barrikaden zu bauen u. wurden durch Zuzüge vom Land verstärkt, doch wurde der Aufstand nach Erstürmung der Hauptbarrikade durch einen Theil der Communalgarde niedergeschlagen. Das Ministerium, welches sich noch während des Aufstandes durch den Eintritt von Friesen's als Minister des Innern u. Behr's als Finanzminister ergänzt hatte, verfolgte seinen Sieg mit Mäßigung. Die Zahl der Verhafteten stieg allmälig auf viele Tausende, Blutgerichte fanden in keiner Weise Statt u. einem großen Theil der Angeklagten wurde die königliche Gnade zu Theil. Am 21. Aug. wurden sämmtliche Vaterlandsvereine verboten. Bei dem Auftreten des Reichsministeriums u. der Nationalversammlung gegenüber den Regierungen, welche die Anerkennung der Reichsverfassung verweigerten, u. bes. nachdem die Nationalversammlung am 10. Mai das Einschreiten Preußens in S. als schweren Bruch des Reichsfriedens bezeichnet hatte, war ein längeres Zusammengehen mit Frankfurt für unmöglich erachtet worden, daher rief auch die sächsische Regierung die sächsischen Abgeordneten zur Nationalversammlung am 19. Mai ab u. erklärte die Versammlung nicht weiter anzuerkennen. Dagegen trat der König dem Dreikönigsbündnisse vom 28. Mai (s. Deutschland Gesch. S. 80) bei, jedoch unter dem Vorbehalte einer späteren Zustimmung Österreichs u. Baierns, u. als Österreich nach der Unterwerfung Ungarns wieder freier auftreten konnte, zog sich S. im engern Anschluß an Baiern mehr u. mehr von jenem Bündnisse zurück.

Unterdessen waren durch Verfügung vom 20. Sept. die Landtagswahlen nach dem bisherigen Wahlgesetz angeordnet worden u. der Landtag wurde am 26. Nov. eröffnet; die demselben gemachten Vorlagen bezogen sich auf ein Berggesetz, ein neues Steuergesetz, ein Gesetz wegen Ablösung der Lehngelder u. einiger anderer Ablösungen, ein Pensionsgesetz für Civilstaatsdiener, ein neues Wahlgesetz, ein Vereinsgesetz u. ein Gesetz über das Verfahren bei Störungen der öffentlichen Ruhe. Die Kammern in ihrer demokratischen Mehrheit begannen ihre Verhandlungen mit Anträgen wegen Aufhebung des Belagerungszustandes u. Ertheilung einer Amnestie für die minder gravirten Theilnehmer am Aufstande, erhielten aber von dem Ministerium keine Zusage. Im Verlaufe zeigten sie sich der Regierung etwas willfähriger, aber in der Deutschen Frage kam es zum Bruch mit beiden. Zunächst sprach sich die Kammer am 7. März 1850 für schleunige Erledigung der deutschen Verfassungsfrage im Geiste der Begründung eines Bundesstaates mit parlamentarischer Regierung u. einer aus Volkswahlen hervorgegangenen Volksvertretung aus, beschloß die Regierung zu sofortiger Wiederbeschickung des Verwaltungsrathes zu veranlassen u. wahrte sich endlich ihr Recht der Zustimmung zu jeder Feststellung einer deutschen Verfassung, woran die Regierung sich betheiligen würde (diese Verwahrung aber bezog sich auf die von Seiten des Ministeriums gegebenen Andeutungen über anderweit getroffene Vereinbarungen in der Deutschen Frage). Wirklich hatte sich auch S. der Münchener Übereinkunft (Vierkönigsbündniß) vom 27. Febr. (s. Deutschland S. 81) angeschlossen, welcher Anschluß bereits am 2. März die Genehmigung des Königs erhalten hatte. Sodann war auch S. Österreichs Einladung zur Beschickung einer Versammlung in Frankfurt gefolgt u. bereits bei der Eröffnung dieses Congresses am 10. Mai vertreten gewesen, worauf dann unter dem 25. Mai seine förmliche Lossagung vom Berliner Bündnisse erfolgte. Da das Ministerium gelegentlich am 28. Mai seine Meinung dahin zu erkennen gab, daß,[695] falls die Berathung über eine Revision der Bundesverfassung resultatlos bleiben sollte, der Bundestag allerdings wieder ins Leben treten könne, daß es jedoch eine bestimmte Erklärung darüber nicht abzugeben vermöge, ob zu den Beschlüssen des dann wiedererstehenden Bundestages die Zustimmung der Stände nothwendig sei, so beschloß die zweite Kammer am 31. Mai die Überreichung einer Adresse an den König, worin die Besorgnisse wegen Wiederherstellung des Bundes tages dargelegt u. die Bitte gestellt wurde, daß der König jede Zustimmung zu Acten, aus welchen die rechtliche Möglichkeit einer Wiederherstellung des Bundestages u. seiner Befugnisse gefolgert werden könne, versage u. an allen zur Herstellung einer neuen Centralgewalt in Deutschland gefaßten Beschlüssen nur unter Vorbehalt der Genehmigung der sächsischen Stände Theil nehme. Ehe jedoch die Kammer zur Beschlußfassung hierüber kam, wurde der Landtag am 1. Juni aufgelöst u. eine Verfügung vom 3. Juni berief, weil mit dem aufgelösten Landtag noch kein definitives Wahlgesetz vereinbart worden war, zur Berathung desselben u. anderer dringender Maßregeln auf den 1. Juli die früheren, nach der Verfassungsurkunde von 1831 bestehenden Stände in der Zusammensetzung, wie sie zu dem außerordentlichen Landtage des Jahres 1848 versammelt gewesen waren. Zugleich erschienen noch zwei Verordnungen, welche die Presse u. das Vereinsrecht in engere Schranken wiesen; ebenso wurde die, durch Beschluß der ersten Kammer vom 22. Februar aufgehobene Todesstrafe für künftige Fälle wieder hergestellt u. der Belagerungszustand über Dresden aufgehoben. Ein activer Widerstand gegen die Regierung war nirgend versucht worden; um so mehr erhob sich aber ein passiver Widerstand, indem eine Anzahl von früheren Abgeordneten sich weigerte in die neuberufenen Kammern einzutreten, so daß sich das Zusammentreten des Landtages bis zum 15. Juli hinzog. Nachdem eine hinreichende Anzahl von Abgeordneten (sämmtlich der Rechten angehörig) erschienen war, erfolgte am 22. Juli die Eröffnung des Landtages. Derselbe erklärte zunächst seine mehrfach angezweifelte u. bekämpfte Competenz, erkannte die Bedenken der renitenten Abgeordneten für unstatthaft u. beschloß dieselben zu möglichst frühem Eintritt aufzufordern, sodann nahmen beide Kammern den Gesetzentwurf an, wodurch die provisorischen Gesetze vom 15. Novbr. 1818 wegen einiger Abänderungen der Verfassungsurkunde von 1831 u. die Wahlen der Landtagsabgeordneten betreffend, außer Kraft gesetzt wurden u. bis zu definitiver Revision der Verfassungsurkunde u. der Vereinbarung über ein definitives Wahlgesetz die durch jene provisorischen Gesetze außer Wirksamkeit gesetzten Bestimmungen der Verfassungsurkunde u. des früheren Wahlgesetzes von 1831, ingleichen des Gesetzes vom 7. März 1839, die Wahlen der Vertreter des Handels u. des Fabrikwesens betreffend, wieder in Kraft treten sollten. Dann wurde durch die Stände die Aufhebung der Grundrechte befürwortet, die Aburtheilung der durch die Presse od. das mündliche Wort verübten Vergehen durch Geschworene abgeschafft, ein Tumultgesetz, ein Preßgesetz, Abänderungen des Volksschulgesetzes, ein Berggesetz u. Gesetze über Jagdpolizei, die Communalgarde, die Ablösung der Lehngelder u. der Geldrenten, sowie der geistlichen Lasten berathen, das Recht der Initiative freiwillig aufgegeben u. die verlangten Credite u. eine Anleihe von 15 Mill. bewilligt. Die von der Regierung vorgeschlagene Verfassungsrevision wurde zurückgewiesen, worauf man mit Aufhebung der Grundrechte vorläufig zu der alten Verfassung von 1831 u. dem früheren Wahlgesetz zurückkehrte. Am 12. April 1851 erfolgte der Schluß des Landtages. Im November 1850, beim Bruch zwischen Preußen u. Österreich wegen der Kurhessischen Frage, mobilisirte S. seine Armee, um die Beschlüsse des Bundestages zu unterstützen Am 5. Mai 1851 erschien ein Gesetz, welches die Verfassungsänderungen zur Kräftigung der Regierungsgewalt zusammenstellte: namentlich waren darin für die Wirksamkeit der Stände im Finanzwesen, für den Staatshaushaltsplan u. die Rechnungsablegung neue Bestimmungen festgesetzt; 12. Mai die Aufhebung der Frankfurter Grundrechte publicirt, 11. August 1851 die Freien Gemeinden verboten, auch der Deutschkath olicismus durch die Unterdrückung der kleineren Gemeinden immer mehr beschränkt, ebenso das Institut der Bürgerwehr u. der Presse. Die politischen Processe wurden im Jahre 1851 meist zu Ende geführt u. hatten zahlreiche Verurtheilungen zu schweren. Freiheitsstrafen zur Folge. Die finanziellen Verhältnisse des Staates erwiesen sich im Jahre 1851 trotz den Nachwehen der Revolution, der starken Truppenvermehrung u. dem Bau u. Ankauf von Eisenbahnen (auch der Sächsisch-Schlesischen) nicht ungünstig, so daß gegen Ende des Jahres sogar einige der ausgeschriebenen Abgaben nachgelassen werden konnten. Die Anleihe von 15 Mill. kam im Lande in Kurzem zu Stande. Auf den Dresdener Conferenzen (s. Deutschland, Gesch. S. 84) hielt S. fest an Österreich, u. eine gleiche Haltung bewahrte die Regierung auch in den politischen Fragen, namentlich aber in den Zollvereinswirren (s.u. Zollverein). Die Wahlen für den siebenten Landtag waren conservativ ausgefallen, derselbe, welcher vom 6. Dec. 1851 bis 24. Mai 1852 tagte, votirte ein Gesetz wegen Verwandlung der im Jahre 1848 eingeführten directen Gemeindewahlen in indirecte, bewilligte eine Entschädigung für den Verlust der Jagdbefugnisse an die Berechtigten, wie schon früher die ohne Entschädigung aufgehobenen aus dem schutzherrlichen Verbande fließenden Rechte den Rittergutsbesitzern noch nachträglich aus Staatsmitteln entschädigt worden waren, berieth einen Gesetzentwurf wegen Wiedereinführung des Conscriptionssystems u. Wiederherstellung der Stellvertretung im Heere u. bewilligte die Mittel zur Errichtung der Bezirksgerichte. Im Juni erschien das mit den Ständen vereinbarte Gesetz wegen einer neuen vierprocentigen Staatsanleihe im Betrage von 5,850,000 Thlrn. Die Universität Leipzig erhielt wieder einen Regierungsbevollmächtigten u. erfuhr mehre die akademische Freiheit beschränkende Bestimmungen, welche aber mit von Falkensteins Ernennung zum Cultusminister 1853 wieder erleichtert wurden. Übrigens wurde auch das Jahr 1852 durch zahlreiche königliche Gnadenacte gegen Maiangeklagte ausgezeichnet. Ein erfreuliches Erei., nm für das Königshaus war die am 18. Juni 1853 vollzogene Vermählung des präsumtiven Thronerben, Prinzen Albert, mit der Prinzessin Caroline von Wasa, bei welcher Gelegenheit der König wieder einer größeren Anzahl politischer Gefangenen, namentlich aus dem Militärstande, die Freiheit gab. Dem erneuerten Zollverein (s. Deutschland S. 87) trat auch Sachsen durch Unterzeichnung des Vertrags[696] vom 4. April wieder bei. An der Vorbereitung der Justizorganisationen wurde eifrig fortgearbeitet. In dem, für S. so vielfach bedeutsamen u. verhängnißvollen Jahre 1854 war es zunächst die auswärtige Politik, welche die allgemeine Aufmerksamkeit u. die Thätigkeit der Regierung vorzugsweise in Anspruch nahm. S. betheiligte sich an der Bamberger Conferenz, während der König persönlich eine Verständigung mit den Regenten von Österreich u. Preußen in der Zusammenkunft zu Tetschen am 8. Juni suchte, die auch so vollständig erreicht schien, daß die Regierung dem Septembervertrage mit den übrigen Coalirten am 24. Juli zustimmte (s. Deutschland S. 88). Am 1. August 1854 verließ König Friedrich August II. seine Residenz, um eine seiner üblichen Erholungsreisen nach Tyrol anzutreten, fand aber dort durch den Umsturz des Wagens nahe bei Brennbüchl am 9. Aug. seinen Tod. Am 16. Aug. erfolgte die Beisetzung der königlichen Leiche zu Dresden.

Des Königs Bruder, Johann, hatte bereits am 10. Aug. die Regierung angetreten u. durch Urkunde vom 11. die Aufrechthaltung der Verfassung zugesichert. Das Ministerium erlitt durch den Thronwechsel keine Veränderung. Am 10. Oct. trat der, namentlich zur Berathung der Justizorganisationen einberufene außerordentliche Landtag zusammen, u. es wurde das Organisationsgesetz mit der Aufhebung der grundherrlichen Gerichtsbarkeit u. dem Institut der Friedensrichter angenommen, daneben auch die Strafproceßordnung, das Civil- u. das Militärstrafgesetzbuch erledigt, Gesetze betreffend die Entschädigungen für Eisenbahn- u. Telegraphenanlagen, ferner die Forst-, Feld-, Garten-, Wild- u. Fischdiebstähle, vereinbart, der Antrag auf Wiedereinführung der Prügelstraf- wegen Polizeivergehen angenommen u. die Herstellung ver Zittau-Reichenberger Bahn genehmigt, die königliche Civilliste, unter Erhöhung um jährlich 56,111 Thlr., auf 570,000 Thlr. festgestellt worden. Am 29. Decbr. fand der Schluß des außerordentlichen Landtages Statt. Auf dem Gebiete des kirchlichen u. Unterrichtswesens war die Wiedereinführung der Katechismusexamina mit der confirmirten Jugend eingeschärft u. die rationalistischen Predigt- u. Lehrbücher aus den Kirchen u. Schulen verbannt, auch den Lehrern der Besuch der allgemeinen Lehrerversammlung untersagt woden. Die Abtretung der Leipzig-Dresdner Bahn an den Staat, wozu von der Regierung Unterhaltungen eingeleitet worden, lehnte die Generalversammlung der Actionäre im October ab. Auf dem am 5. Jan. 1855 beginnenden ordentlichen Landtag votirten die Kammern den Chemn itz-Zwickauer u. den Zwickau-Schwarzenberger Bahnbau u. genehmigten die Verwandlung der Eisenbahnschuld in eine dreiprocentige Rente, eine Entschädigungssumme von 20,000 Thalern wegen der den Geistlichen, Lehrern u. Kirchendienern durch die Ablösung erwachsenen Verluste, beantragten die möglichste Abkürzung der Sessionen der Kammern u. einigten sich für die Berathung der früher schon gleichfalls von dem Landtag beantragten Landtagsordnung zu einem abgekürzten Verfahren. Außerdem erhielt noch ein Gesetzentwurf über Berichtigung von Wasserläufen u. Ausführung von Ent- u. Bewässerungsanlagen, das Expropriationsgesetz für die Leipzig-Weißenfelser Bahn etc. die ständische Zustimmung. Ein Gesetzentwurf, welcher die Jagd auf fremdem Grund u. Boden unter Entschädigung der Grundbesitzer aus der Staatskasse wieder zur vollen Geltung bringen wollte, blieb wegen der differenten Ansichten der Kamm ern darüber unerledigt. Am 7. Aug. wurde der Landtag geschlossen. Bezüglich der auswärtigen Politik in dem russisch-türkischen Streite schloß sich die sächsische Regierung, gegenüber den Intentionen des österreichischen Cabinets, fast durchaus der preußischen Auffassung an, indem sie dem österreichischen Anfrage auf eine Mobilisirung der halben Contingente nicht beipflichtete, auch noch in einer Note vom 6. März, als Erwiderung auf die österreichische Circulardepesche vom 28. Febr., die Nothwendigkeit der Ausführung der österreichischen Anträge durchaus in Abrede stellte. Als Erfolg des Zusammentreffens der Ministerpräsidenten von S. u. Baiern Ende October in Paris wurde der bedeutende Einfluß auf das Zustandekommen des europäischen Friedenswerkes betrachtet, welchen man der im December erfolgten Mission des sächsischen Gesandten in Paris, von Seebach, nach Petersburg zuschrieb. Bereits früher war eine königliche Verordnung vom 29. Mai erschienen, wodurch der Staatsrath eine wesentlich veränderte Einrichtung erhielt, sowohl in seiner Zusammensetzung als auch durch die Bestimmung, daß demselben von nun an Vorlagen nur unmittelbar vom König, statt wie bisher durch das Staatsministerium, zugehen sollten. Unter dem 8. Juli erfolgte eine Verordnung, in Folge des preußischen Papiergeldgesetzes, welche gleichfalls die Zahlungsannahme von fremdem Papiergeld in Stücken unter 10 Thalern untersagte. Die Bundesbestimmungen über Presse u. Vereinswesen waren unter dem 28. Febr. auf dem Verordnungswege publicirt u. darnach die betreffenden Landesgesetze in den nicht entsprechenden Bedingungen abgeändert worden. Der Nothstand im Lande war in diesem Jahre vorzugsweise drückend u. hatte bei dem Arbeits- u. Nahrungsmangel in den Weberdistricten des Erzgebirges bes. im Herbste eine Höhe erreicht, daß der Hungertyphus in manchen Ortschaften den vierten Theil der Bevölkerung ergriff u. großentheils hinwegraffte. Um so mehr häuften sich die Klagen gegen das Trucksystem (s.d.) vieler Fabrikherren, u. die Regierung sah sich hierdurch veranlaßt mit einer besonderen Verordnung vom 18. Dec. gegen dasselbe vorzugehen, wonach namentlich die Auszahlung der Arbeitslöhne nur in baarem Gelde geschehen u. Fabrikbesitzer, Factore etc. keine Concession zu einem Dorfkram erhalten sollten. Die Dresden-Tharander (Alberts-) Bahn war am 28. Juni vollendet worden. Mit Mexico hatte S. zugleich mit Preußen unter dem 10. Juli einen sehr günstigen Freundschafts-, Schifffahrts- u. Handelsvertrag abgeschlossen, zum Theil beruhend auf den älteren Verträgen von 1831. Vom 1. Oct. 1856 an trat das Militärstrafgesetz, das Organisationsgesetz bezüglich der Behörden erster Instanz für Rechtspflege u. Verwaltung, das Strafgesetzbuch, das Gesetz die Beschädigung von Eisenbahnen u. Telegraphen betreffend, sowie das über Forst-, Feld- etc. Diebstähle u. die Strafproceßordnung nebst den bezüglichen Ausführungsbestimmungen im gesammten Königreiche, mit Ausnahme der. Schönburg'schen Receßherrschaften, in Kraft. Für letztere war, da noch keine definitive Einigung mit den betreffenden Herrschaften erfolgt war, ein Interimisticum vom 15. September erschienen. Über die neue Eintheilung des Königreichs in Gerichtsbezirke,[697] Bezirksgerichte u. Gerichtsämter s. oben S. 660. Auf dem kirchlichen Gebiet erschien eine Verordnung über die Abhaltung von Kirchenvisitationen, welche bereits im Juni ihren Anfang nahmen. Durch Vertrag vom 27. Aug. mit den betreffenden Regierungen wurde die Errichtung einer Telegraphenlinie von Dresden u. Leipzig nach Altenburg, Gera, Jena u. Weimar festgestellt, mit Frankreich ein Vertrag wegen des Schutzes des literarischen Eigenthums abgeschlossen, welcher am 19. Mai seine Ratification erhielt. Ende Mai 1857 trat der König eine längere Reise nach Italien an, während deren das Gesammtministerium Auftrag zur Besorgung der Regierungsangelegenheiten hatte. Unter dem Vorsitz des Oberappellationsgerichtspräsidenten von Langenn trat in Dresden eine Commission zur Vorberathung über den Entwurf eines neuen Civilgesetzbuches zusammen, welcher auch thüringische u. anhaltinische Bevollmächtigte beiwohnten. Eine königliche Verordnung verbot vom 1. Sept. an die Circulation fremder Banknoten u. auf den Inhaber lautender Werthzeichen, wenn deren Aussteller nicht mindestens in Leipzig u. an den Orten, wo sie Agenturen od. Zweiggeschäfte haben, zur Auswechslung in der Art Gelegenheit bieten, das Beträge bis zu 100 Thalern sofort, größere Summen aber binnen längstens 72 Stunden gegen Silber umgewechselt werden. Die meisten Bankinstitute der näher gelegenen Länder genügten den gestellten Bedingungen. Am 16. Novbr. wurde der neunte ordentliche Landtag vom König eröffnet, u. aus den Beschlüssen der mit kurzen Unterbrechungen bis zum 10. Aug. 1858 versammelten Kammern sind als die wichtigsten hervorzuheben: Das Finanzgesetz für 1858–60 wurde mit einer Summe von 9,365,243 Thalern für den ordentlichen Staatshaushaltsbedarf u. 5,242,658 Thalern für außerordentliche Zwecke verwilligt; für Verbesserung der Heil-, Straf- u. Versorgungsanstalten waren 100,000 Thlr., für eine neue Sternwarte in Leipzig 25,000 Thlr. eingestellt; um die Porzellanmanufactur in Meißen aus der dortigen Albrechtsburg in ein neues Fabrikgebäude zu verlegen, wurde ein Fond von 200,000 Thlrn. ausgesetzt. Trotzdem konnten die außerordentlichen Zuschläge zur Gewerbe- u. Personal-, Grund- u. Schlachtsteuer in Wegfall gebracht u. eine Conversion der 41/2 procentigen Staatsschuld in eine. 4procentige beschlossen werden, welche ohne Schwierigkeit zur Ausführung kam. Durch Verabschiedung einer Advocatenordnung wurde die Stellung der Anwälte im Staatsorganismus wesentlich verbessert u. in den Advocatenkammern ein wichtiges Mittelglied für Vertretung der Standesinteressen u. Handhabung der Standesdisciplin geschaffen. Zugleich dehnte eine Notariatsordnung die Befugnisse der Notare als Urkunds- u. Vertrauenspersonen wesentlich aus. Ein Gesetz die Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den Elementarschulen betreffend setzte das Minimum der Lehrergehalte auf 150 resp. 180 u. 200 Thlr., je nach der Größe der Ortschaften u. eine Steigerung derselben nach dem Dienstalter bis zu 360 u. 400 Thlr. fest; damit im Zusammenhang stand ein Gesetz über Errichtung einer Pensionskasse für die Wittwen u. Waisen der Lehrer der evangelischen Schulen. Das Zollgewicht wurde als allgemeines Landesgewicht angenommen u. als Maße, mit Ausschluß aller localen Maße, der Leipziger Fuß, die Dresdener Kanne u. der Dresdener Scheffel festgesetzt. Andere Gesetze betrafen die Ausübung der Thierheilkunde, das Postwesen, in welchem wesentliche Erleichterungen des Verkehrs geschaffen wurden, die Erfüllung der Militärpflicht. Langwierige Debatten veranlaßte ein Jagdgesetzentwurf, welcher den Altberechtigten das 1848 ihnen entzogene Jagdrecht auf fremdem Grund u. Boden zurückgab, die Neuberechtigten (die dermalen jagd berechtigten Grundbesitzer) aus der Staatskasse mit 6 Pfennigen pro Steuereinheit en tschädigte u. zugleich die Ablösung des Jagdrechtes auf Provocation der Alt- wie Neuberechtigten mit 10 Pfennigen pro Steuereinheit durch die Neuberechtigten gestattete. Das Gesetz über Errichtung einer Altersrentenbank gewährt durch diese nach Art der Caisses de retraite eingerichteten Bank jedem Staatsangehörigen innerhalb gewisser Grenzen die Füglichkeit sich selbst od. einem andern Aufnahmefähigen, durch einmalige od. wiederholte Einzahlungen mit u. ohne Capitalverzicht, eine bestimmte jährliche Rente von einem späteren Lebensjahre ab bis zum Ableben zu erwerben. Für die Erbauung einer Zweigbahn von Schlema nach Schneeberg u. einer Tharand-Freiberger Eisenbahn wurden die erforderlichen Mittel (300,000 u. 31 Mill.) verwilligt. Dagegen fanden einige andere Vorlagen, wie eine Militärgerichtsordnung, ein Gesetzentwurf über die Immobiliar-Brandkasse u. über Zusätze zur Armenordnung, ein Antrag der ersten Kammer auf Einführung einer, Tabakssteuer nicht die übereinstimmende Annahme beider Kammern. An die Stelle des verstorbenen Ministerpräsidenten u. Justizministers von Zschinsky wurde 1858 von Beust Minister des Innern u. Äußern u. zugleich Präsident des Ministeriums, von Behr erhielt das Portefeuille der Justiz u. von Friesen das der Finanzen. Im August richteten Überschwemmungen in vielen Gegenden des Landes, namentlich in u. um Glauchau, Zwickau u. Chemnitz, große Verheerungen an. Durch ein mit der Schweiz abgeschlossenes Übereinkommen wurden die beiderseitigen Staatsangehörigen von den Handelspatentgebühren befreit. Die Stellung der Deutschkatholischen Gemeinden Ss gab zu mehrfachen Verhandlungen Anlaß, welche aber zu keinem Abschluß kamen. Die Eisenbahnlinien Zwickau-Schwarzenberg u. Chemnitz-Zwickau-Gößnitz wurden eröffnet; damit trat zugleich eine neue Organisation der Staatseisenbahnd irectorialbehörden ins Leben, indem für die östlichen Staatsbahnen in Dresden, für die westlichen in Leipzig eine selbständige Direction eingerichtet wurde. Am 11. Mai 1859 vermählte sich der zweite Sohn des Königs, Prinz Georg, mit Maria Anna Infantin von Portugal, bei welcher Gelegenheit wieder mehre Maigefangene (darunter namentlich Heubner begn adigt wurden), deren nun nur noch drei in Waldheim zurückblieben. An den bedeutungsvollen europäischen Ereignissen des Jahres 1859 nahm S. den ihm durch seine staatliche Stellung gebotenen Antheil. Als Deutschland aus Anlaß des Sardinisch-österreichischen Kriegs seine Truppen auf den Kriegsfuß stellte, verwilligte der am 25. Mai eröffnete außerordentliche Landtag die dazu erforderlichen Mittel. Die Exigenz für die Kriegsbereitschaft belief sich auf 5,636,735 Thlr., welche für die Dauer derselben durch Erhöhung der Salzpreise, Zuschläge zu den Steuern u. mit circa 4,500,000 Thlrn. aus dem disponibeln Staatsvermögen aufgebracht werden sollten. Am 20. Sept. conferirten die Minister S-s, Baierns u. [698] Württembergs in München u. S. erklärte gemeinschaftlich mit diesen u. anderen Mittelstaaten (20. Oct.) am Bundestage, daß eine Revision der Bundeskriegsverfassung in einzelnen ihrer Bestimmungen nothwendig sei. Das immer mehr hervortretende Bedürfniß einer Verbesserung der Bundesverfassung veranlaßte den hauptsächlich mit von S. aus betriebenen Zusammentritt der Würzburger Conferenzen (24._– 27. Nov.), an denen Baiern, Württemberg, Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Mecklenburg-Schwerin, Nassau, Meiningen u. Altenburg Theil nahmen. Der Zweck dieser Berathungen, die Herbeiführung eines engeren Zusammenwirkens der deutschen Mittel- u. Kleinstaaten in Bundesangelegenheiten, fand seinen Ausdruck vorzugsweise in den am 17. Dec. bei der Bundesversammlung gestellten Anträgen auf Erlaß gleichmäßiger Bestimmungen über Ansässigmachung u. Heimathsrecht, Errichtung eines Bundesgerichts u. Anbahnung einer gemeinsamen Civil- u. Criminalgesetzgebung. Unter dem Eindruck der politischen Wirren litten Verkehr u. Industrie vielfach; doch dehnte sich die Steinkohlenproduction immer bedeutender aus u. in dem ganzen sogenannten Erzgebirgischen Kohlenbecken, dem Gebiete zwischen Zwickau, Würschnitz, Chemnitz u. Hohenstein u. nördlich von Zwickau im Muldenthale hinab, wurden neue Schächte erschlossen. Hauptsächlich von Dresden u. Leipzig aus erging die Anregung zu der Feier, mit welcher durch ganz Deutschland Schillers hundertjähriger Geburtstag (10. Nov.) begangen wurde. Der Fürstenzusammenkunft in Baden-Baden (15._– 19. Juni 1860) wohnte auch der König von S. bei u. soll dort das Protokoll über die unter den versammelten deutschen Fürsten getroffenen Verabredungen verabfaßt haben. Eine längere Reise des Königs in das Erzgebirge u. die Industriestädte wurde durch einen Besuch des Kaisers von Österreich unterbrochen, welcher von seiner Zusammenkunft mit dem Prinzregenten von Preußen in Teplitz nach Pillnitz kam. Der preußischen Expedition nach Ostasien gab die sächsische Regierung zur Vertretung der Interessen des Handels u. der Industrie S-s einen besondern Commissar bei. Am 29. November wurde die Zweigeisenbahn Koßwig-Meißen eröffnet. Die Frage der Revision der Bundeskriegsverfassung gab S. Anlaß zu mehren Staatsschriften vom 19. Jan. u. 24. Febr., in welchen das Verlangen Preußens nach durchgreifenden Verbesserungen u. Theilung des Oberbefehls zwischen Preußen u. Österreich abgelehnt wurde. Dagegen traten militärische Bevollmächtigte der Staaten des 7., 8., 9. u. 10. Bundesarmeecorps am 30. Juli in Würzburg zusammen u. vereinigten sich unterm 5. Aug. zu dem Entwurf einer Convention für die Eintheilung, Führung u. eventuell vorbereitende Aufstellung des 7., 8., 9. u. 10. Bundesarmeecorps bei einem ausbrechenden Kriege; derselbe setzt fest, daß für diese Corps im Kriegsfall ein gemeinschaftlicher Oberbefehlshaber ernannt werden soll, enthält Bestimmungen zur Vermehrung der Schlagfertigkeit u. beschleunigten Sammlung der Streitkräfte etc. Eine spätere gleichfalls in Würzburg versammelte militärische Conferenz (22. Mai 1861) war bestimmt die Grundzüge der Convention näher auszuführen. Aufsehen erregte die Auslieferung des ungarischen Flüchtlings Grafen Ladislaus Teleki an die österreichische Reaierung (Dec. 1860), welche auf Grund vertragsmäßiger Bestimmungen nicht zu verweigern war, jedoch nicht ohne die vorher erlangte Gewißheit erfolgte, daß dem Ausgelieferten keine erhebliche Strafe treffen werde. Am 6. Nov. 1860 wurde der 10. ordentliche Landtag eröffnet u. blieb bis 7. Aug. 1861 versammelt. Eine Reihe der wichtigsten u. einflußreichsten Gesetze wurden von ihm berathen. Aus Anlaß einer Verwilligung von 7000 Thlrn. für Regulirung des Elbstroms wurde ein Antrag auf Ordnung der Elbzölle angenommen, in Dresden u. Riesa werden Ein- u. Ausschiffungsplätze hergestellt. Die bei Gelegenheit der Berathung über das Budget des Ministeriums des Innern zur Sprache gekommene Führung von Conduitenlisten über die Glieder der städtischen Corporationen gab Anlaß zu heftigen Angriffen gegen die Regierung u. es wurde Abstellung zugesichert. Das (mit dem 1. Januar 1862 in Wirksamkeit tretende) Gewerbegesetz basirt wesentlich auf dem Grundsatze der Gewerbefreiheit, beschränkt die concessionspflichtigen Gewerbe auf eine sehr geringe Anzahl (darunter die Preßgewerbe, Gastwirthschaften, Mäkler) u. macht die Berechtigung zum selbständigen Gewerbebetrieb im Allgemeinen nur abhängig von einer Anmeldung bei der Obrigkeit u. dem 24. Lebensjahre; Zunft-, Lehr- u. Wanderzwang sind aufgehoben. Im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gewerbegesetz stehen ein Gesetz die Entschädigung für Wegfall gewisser Verbietungsrechte betreffend u. ein Gesetz die Errichtung von Gewerbegerichten betreffend. Um dem mobilen Vermögen u. der Arbeit neben dem Grundbesitz eine größere Betheiligung bei der ständischen Vertretung zu verschaffen, wurde ein neues Wahlgesetz u. ein Gesetz einige Abänderungen der Verfassungsurkunde betreffend verabschiedet, welche auch Unangesessene wahlfähig u. wählbar machen, die zweite Kammer um fünf weitere Vertreter des Handels- u. Fabrikstandes vermehren, den Census für die Wahlen herabsetzen u. Vereinfachungen des Wahlverfahrens festsetzen. Zu dem Entwurfe eines bürgerlichen Gesetzbuchs, welches im Laufe der letzten Jahre unter Betheiligung von Commissaren auch den thüringischen Regierungen von einer hierzu bestellten Commission vorberathen worden war, u. zu dem allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch ertheilten die Kammern ihre Zustimmung; dagegen wurde der Entwurf einer Kirchenordnung, nachdem ihn die erste Kammer vielfach amendirt hatte, von der Regierung zurückgezogen. Andere angenommene Vorlagen betrafen eine Militärgerichtsordnung u. die Militärgerichtsbehörden, Abkürzung u. Vereinfachung des Civilproceßverfahrens u. gütliche u. kostenfreie Vermittlung streitiger Civilansprüche (eine Commission zur Berathung einer vollständigen Civilproceßordnung trat Ende Febr. 1861 zusammen), ein auf dem Grundsatze der Classification beruhendes Brandkassengesetz, Verbesserungen des Gesetzes über Grundstückszusammenlegungen, die Errichtung einer Landesculturrentenbank nach Art der Ablösungsbanken etc. Zum Bau einer Eisenbahn von Chemnitz nach Annaberg durch das Zschopauthal wurden die erforderlichen Mittel verwilligt. Das Jagdablösungswerk wurde im Jahr 1861 vollendet u. zu dem Gesammtablösungscapital von 803,447 Thlrn. wurden 485,304 Thlr. als Beihülfe aus der Staatskasse gewährt. Einen wesentlichen Antheil nahm die sächsische Regierung an den Verhandlungen, welche gegen das [699] Ende 1861 über Reform der deutschen Bundesverfassung unter den betheiligten Regierungen gepflogen wurden. Einen Entwurf u. eine Denkschrift vom 15. Octbr. 1861 legte ein ausführlich ausgearbeitetes Bundesreformproject des Staatsministers von Beust dar. Hiernach sollten die souveränen Fürsten u. freien Städte Deutschlands sich von Neuem die Aufrechterhaltung der deutschen Bundesacte geloben, jedoch über eine zeitgemäße Umgestaltung derselben sich dahin einigen: als Organe des Bundes sollen die Bundesversammlung, welcher die Bundesmilitärverwaltung u. die Bundeskanzlei untergeben ist, die Abgeordnetenversammlung u. das Bundesgericht bestehen. Die Bundesversammlung, deren 17 Stimmen bleiben, soll zweimal im Jahr auf längstens vier Wochen abwechselnd in Regensburg u. Hamburg zusammentreten u. alternirend Österreich u. Preußen den Vorsitz führen u. resp. bis zur nächsten Versammlung als Präsidialhof fungiren Die Gesandten sollen mit Instructionen zur sofortigen Abstimmung versehen sein (daher sie meist den im Amt befindlichen Staatsministern zu entnehmen sein würden). Die aus den Repräsentanten der Landesvertretungen gebildete Abgeordnetenversammlung soll aus 128 Mitgliedern bestehen, von der Bundesversammlung berufen, vertagt u. aufgelöst werden; sie kann sich nur mit den Gegenständen beschäftigen, welche von der Bundesversammlung ihr vorgelegt werden; ihre Einberufung hat jedesmal zu erfolgen, wenn die Bundesversammlung die Bearbeitung eines allgemeinen Gesetzes beschlossen hat. In der Zwischenzeit von einem Bundestag zum andern soll eine Bundesexecutivgewalt in Wirksamkeit treten, welche der Bund in die Hände des Kaisers von Österreich, des Königs von Preußen u. eines dritten in Vollmacht sämmtlicher übriger Bundesstaaten handelnden Bundesfürsten legt. Sie ist für den Eintritt außerordentlicher Ereignisse mit ausgedehnter Vollmacht ausgestattet, hat über die Ausführung der Bundesbeschlüsse zu wachen etc. Dieses Reformproject fand jedoch weder bei Preußen noch bei Österreich Beifall u. von beiden Seiten erfolgten, wenn auch aus sehr verschiedenartigen Gesichtspunkten, Ablehnungen desselben. Die Anschauungen über den Charakter des Deutschen Bundes u. die Verbesserung der Bundesverfassung, welche der preußische Minister des Auswärtigen; Graf Bernstorff, in seiner Antwortsnote vom 20. Dec. 1861 dargelegt hatte, veranlaßten Österreich u. die meisten deutschen Mittelstaaten unterm 2. Februar 1862 in identischen Noten motivirte Verwahrungen dagegen auszusprechen, welchen Noten sich auch S. anschloß, das schon unterm 11. Jan. 1862 die preußische Note selbständig beantwortet hatte. Ein königlicher Gnadenact entließ Mitte Jan. 1862 den letzten Maigefangenen, Musikdirector Röckel, aus der Strafanstalt zu Waldheim. Zur Verwendung für Eisenbahnzwecke verfügte ein Gesetz die Ausgabe von 61 Mill. Thlr. weiterer vierprocentiger Staatsschuldscheine. Im Paßverkehre wurden wesentliche Erleichterungen gewährt, namentlich der Visirzwang aufgehoben; die Ausgabe von in Kupfer ausgeprägten Fünfpfennigstücken half einem im kleinen Verkehr oft gefühlten Bedürfniß ab. In der ersten Woche des Februar richteten sehr bedeutende Überschwemmungen fast aller Flüsse S-s große Verheerungen an, namentlich litt Dresden empfindlich unter der Wassersnoth.

B) Ernestinische od. Herzogliche Linie seit der Wittenbergischen Capitulation. In der Wittenberger Capitulation 19. Mai 1547 hatte der Kurfürst Johann Friedrich I. der Großmüthige die Kurlande an die Albertinische Linie abtreten müssen u. ein Gebiet in Thüringen erhalten (s. oben S. 681). Bis zu seiner Rückkehr aus der kaiserlichen Gefangenschaft führte sein ältester Sohn Johann Friedrich der Mittlere die Regierung, welcher auf seines Vaters Antrieb sich bes. mit der Gründung der Universität Jena (s.d.) für das neue Herzogthum beschäftigte u. in dem Streite wegen des Interim (s.d. 1) u. der Adiaphora (s.d.) eine feste Stellung gegen die Nachgiebigkeit des neuen Kurfürsten einnahm. 1552 wurde Johann Friedrich der Beständige vom Kaiser freigelassen, nachdem er durch die Assecurationsaete erklärt hatte, daß er es bei den Bestimmungen der Wittenberger Capitulation lassen u. sich an Kurfürst Moritz nicht rächen wolle, u. kehrte im September 1552 in seine neue Residenz Weimar zurück. Sein Land wurde 1553 durch den Anfall der Besitzungen des Herzogs Johann Ernst von Koburg u. durch den Naumburger Vertrag mit dem Kurfürsten von S. vom 24. Febr. 1554 unter dänischer Vermittelung mit dem Amte u. der Stadt Altenburg nebst Lucka u. Schmölln, den Ämtern Sachsenburg, Herbesleben mit Ausnahme der Stadt Tennstädt, Eisenberg u. dem Einlösungsrechte der Ämter Königsberg u. Allstädt vermehrt. Dagegen entsagte Johann Friedrich in demselben Vertrage allen Ansprüchen an die Kur u. st. am 3. März 1554 in Weimar. Er hinterließ drei Söhne, Johann Friedrich II. od. der Mittlere, Johann Wilhelm u. Johann Friedrich III. od. der Jüngere, denen er durch ein Testament von 1553 die Landestheilung untersagt hatte, daher sie auch bis März 1557 gemeinschaftlich regierten, worauf die jüngeren dem ältesten die Regierung allein überließen. 1554 errichteten die Brüder mit dem Grafen von Henneberg einen Erbvertrag, nach welchem ihnen gegen Übernahme einiger hennebergischen Schulden die Erbfolge in der Grafschaft nach dem Aussterben des Mannsstammes zugesichert wurde, ließen in diesem u. dem folgenden Jahre die dritte Kirchenvisitation halten u. erließen 1556 eine Landesordnung. Unter der Gesammtregierung nahmen auf kirchlichem Gebiete die Synergistischen Streitigkeiten (s.u. Synergismus) mit ihren Amtsentsetzungen u. Verfolgungen bald der einen, bald der andern Partei ihren Anfang u. endigten erst mit der Einführung der Concordienformel (s.d.). Von einem Frauenzimmer, welches sich für Anna von Kleve, die geschiedene u. 1557 verstorbene Gemahlin Heinrichs VIII. von England, ausgab, ließ sich Johann Friedrich II. lange täuschen u. sich erst spät von ihren Betrügereien überzeugen. Nachdem 1565 Johann Friedrich III. in Jena gestorben war, errichteten die beiden anderen Brüder, Johann Friedrich II u. Johann Wilhelm, 21. Febr. 1566 einen Vergleich. Das Land wurde in zwei gleiche Theile getheilt, in den Weimarschen u. Koburgschen Theil; dem Weimarischen gehörten alle thüringischen Ämter mit Ausnahme von Sachsenburg, dazu noch Kamburg, Kahla, Orlamünda u. Roda; zu dem Koburgschen wurde noch Eisenberg, Ronneburg u. Altenburg geschlagen; Johann Friedrich wählte Gotha mit dem Weimarschen Theil, Johann Wilhelm Koburg zum Wohnsitz, die Regierung der [700] Gebiete sollte alle drei Jahre gewechselt werden.

Aber bald kam ein größeres Unglück über Johann Friedrich II. als über seinen Vater; von dem fränkischen Ritter Wilhelm von Grumbach, welcher als Störer des Reichsfriedens u. Mörder des Bischofs von Würzburg in die Reichsacht erklärt worden war, ließ sich der Herzog durch das Versprechen bethören, daß er ihm, wenn er ihm seinen Schutz angedeihen ließe, wieder zur Kurwürde verhelfen wollte. Der Herzog nahm ihn auf den Rath seines Kanzlers Christian Brück in Gotha auf u. wurde nun 12. Decbr. 1566 selbst in die Acht erklärt, der Kurfürst August von Sachsen aber u. sein eigner Bruder Johann Wilhelm beauftragt dieselbe zu vollziehen. Der Kurfürst belagerte Gotha u. schloß am 13. April 1567 mit der Bürgerschaft eine Capitulation, Johann Friedrich aber mußte sich auf Gnade u. Ungnade ergeben. Dem Kaiser ausgeliefert u. von Gefängniß zu Gefängniß gebracht, beschloß er sein Leben 9. Mai 1595 im Schlosse Steyer im Kerker. Grumbach, Brück u. deren Anhänger wurden 17. April hingerichtet, das Schloß Grimmenstein in Gotha geschleift, für die von Kursachsen berechneten Kriegskosten die Ämter Arnshaugk, Weida, Ziegenrück u. Sachsenburg an Kursachsen verpfändet (daher Assecurirte Ämter genannt u., da sie nicht ausgelöst werden konnten, 1660 für immer abgetreten), das übrige Land aber, nach der vorangegangenen Disposition des Landtags zu Saalfeld vom 3. Jan. 1567, an Johann Wilhelm überwiesen. Die noch unmündigen Söhne des gefangenen Herzogs, Johann Kasimir u. Johann Ernst, wurden durch den Erfurter Vertrag vom 6 Nov. 1572 in ihre Rechte eingesetzt u. erhielten von ihrem Oheim u. Vormund, Herzog Johann Wilhelm, Koburg, Heldburg, Eisfeld, Römhild, Lichtenberg, Veilsdorf, Sonnenfeld, Sonnenberg, Salzungen, Allendorf, Gerstungen, Breitenbach, Treffurt, Kreuzburg, Eisenach, Tenneberg, Gotha u. die Hälfte des Geleits von Erfurt, auch das Einlösungsrecht auf die vier assecurirten Ämter u. stifteten Aa) die Linie Koburg-Eisenach. Nachdem sie 4. Dec. 1596 volljährig geworden waren, nahmen sie eine Landestheilung vor, in welcher Joh. Kasimir das Fürstenthum Koburg u. von Thüringen das Gothaische, mit der Residenz in Koburg, Joh. Ernst aber das Eisenachsche mit der Residenz erst in Marksuhl, dann in Eisenach bekam. Joh. Kasimir st. 1633 ohne männliche Erben u. sein Bruder Joh. Ernst folgte ihm, starb aber 1638 auch ohne Nachkommenschaft, u. nun fielen ihre Besitzungen wieder an die Nachkommen Johann Wilhelms von Weimar.

Bb) Johann Wilhelm, der Repräsentant der Weimarischen Linie, hatte in der Theilung mit seinem Neffen 1572 die Ämter u. Städte Weimar, Jena, Leuchtenburg, Altenburg, Eisenberg, Bürgel, Dornburg, Kamburg, Roda, Saalfeld, Kapellendorf, Ringleben, Ichtershausen, Wachsenburg, Georgenthal, Schwarzwald, Reinhardsbrunn u. die Hälfte vom Geleit- u. Schutzgeld von Erfurt erhalten; er veranstaltete zur Beilegung der Religionsstreitigkeiten mit Zustimmung des Kurfürsten August ein Religionsgespräch in Alten burg, welches 21. Octbr. 1568 begann u. resultatlos am 9. März 1569 endigte, gab dann 1570 das Corpus doctrinae thuringiencum (s.d.) heraus u. st. 2. März 1572. Er ist der Stammvater aller jetzt bestehenden Ernestinisch-sächsischen Fürstenhäuser. Seine beiden Söhne Friedrich Wilhelm I. u. Johann standen Anfangs unter der Vormundschaft des Kurfürsten August von S., unter dessen Verwaltung die Lutherischen Prediger im Lande wegen des festen Haltens an der Unveränderten Augustana vielen Anfechtungen ausgesetzt waren, bis endlich die Concordienformel 1577 den Streit beendigte (s. oben S. 699). 1583 starb das Haus Henneberg aus, u. nun machte der Kurfürst auf., 5/12. dieser Erbschaft, als Ersatz der Belagerung von Gotha, Anspruch. Die Streitigkeiten darüber blieben unausgeglichen, u. beide Häuser S. führten bis 1666 die Regierung über Henneberg gemeinschaftlich. 1584 kam das Amt Ronneburg (s.d.) ganz an das Ernestinische Haus. 1586 übernahm Herzog Friedrich Wilhelm I. die Regierung selbständig für sich u. seinen Bruder Johann u. befahl sogleich eine Kirchenvisitation zu halten u. erließ 1589 eine Polizei- u. Landesordnung; er wurde auch 1591 zum Vormund der Söhne des Kurfürsten Christian I. u. zum Verweser des Kurstaats ernannt, weshalb er seine Residenz von Weimar nach Torgau verlegte (s. oben S. 683). Nachdem Kurfürst Christian II. mündig geworden war, kehrte Friedrich Wilhelm 17. Octbr. 1601 in sein Land zurück, starb aber schon 7. Juli 1602 u. hinterließ vier unmündige Söhne, Johann Philipp, Friedrich, Johann Wilhelm u. Friedrich Wilhelm, mit welchen nun ihr Oheim Johann am 13. Novbr. 1603 die Ernestinischen Lande theilte, u. es entstanden nun zwei Regentenlinien, die ältere Altenburgische u. die neue Weimarische.

a) Zu dem Besitz der älteren Altenburgischen Linie gehörten die Ämter u. Städte Altenburg, Ronneburg, Eisenberg, Dornburg, Kamburg, Heußdorf, Roßla, Bürgel, Roda, Leuchtenburg, Orlamünda, Saalfeld, Propstzelle u. die Hälfte von Allstädt; die Grafschaft Henneberg, die Universität, das Hofgericht, der Schöppenstuhl u. das Consistorium in Jena blieben gemeinschaftlich, doch wurde 1612 für jede Linie ein besonderes Consistorium in Altenburg u. in Weimar errichtet. Dieser Landestheil fiel den vier Söhnen Friedrich Wilhelms I. zu, über welche Herzog Johann bis an seinen Tod 1605 mit Kurfürst Christian von S. gemeinschaftlich, von da an bis 1618 die Kurfürsten von S. Christian II. u. dann Johann Georg I. die Vormundschaft führten. In die Zeit der Vormundschaft fiel erstens der sogenannte Präcedenzstreit, d.h. der Streit, ob bei Staatsverhandlungen u. öffentlichen Zusammenkünften die unmündigen Söhne des älteren Bruders Friedrich Wilhelm od. ihr Oheim Johann, allerdings älter als seine Neffen, den Vorrang haben sollten, u. obgleich der Kurfürst u. der Kaiser sich für die Söhne des älteren Bruders entschieden, dauerte der Streit doch bis zum Erlöschen der älteren Altenburger Linie fort; zweitens 1609 die Eröffnung des Besitzes von Jülich, Kleve u. Berg, worauf das Gesammthaus S. seit langer Zeit die Anwartschaft hatte (s. oben S. 680), allein die Lande fielen an Pfalz-Neuburg u. Brandenburg u. die sächsischen Fürsten erhielten, trotz der kaiserlichen Beleihung 1610, nur Titel u. Wavpen. Sobald Herzog Johann Philipp 1618 mündig geworden war, führte er in seinem u. seiner Brüder Namen die Regierung u. behielt diese auch laut Vertrags nach deren Volljährigkeit 1635. Er kaufte 1621 die Herrschaft Gräfenthal. Seit 1631 wüthete auch der Dreißigjährige Krieg in seinem Landestheile,[701] da er sich mit Kursachsen den Schweden angeschlossen hatte, aber 1635 trat er dem Prager Frieden bei. Nach Erlöschen der Linie Koburg-Eisenach 1638 fielen zu Folge des im März 1634 zu Eisenberg abgeschlossenen Vergleichs 2/6 der Besitzungen desselben der Altenburgischen Linie zu. Johann Philipp starb 1. April 1639, u. da die älteren Brüder Friedrich 1629 u. Johann Wilhelm 1632 gestorben waren, so folgte der jüngste, Friedrich Wilhelm II., in der Regierung. Am 13. Febr. 1640 erfolgte in Altenburg die Theilung der Koburgschen Erbschaft, die Altenburgische Lin ie erhielt die Ämter u. Städte Koburg, Rodach. Schalkau, Gestungshausen, Rö mhild, Hildburghausen, Neustadt, Sonneberg, die Klostergüter Sonnefeld u. Münchröden, das halbe Amt Allstädt u. die Stadt Pößneck. Die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges dauerten unter Frieddrich Wilhelm in seinem Fürstenthum fort; eine bedeutende Rolle spielten seine Gesandten, v. Thumshirn u. Ang. Carpzow, bei den Verhandlungen des Westfälischen Friedens, sie erhielten sogar 1647 das Directorium im Fürstenrathe. Nach dem Frieden sorgte Friedrich Wilhelm für die Hebung des gesunkenen Wohlstandes seines Landes, für Wiederbebauung der verwüsteten Fluren u. Ortschaften durch Steuererlaß u. die Emporbringung des Salzwerkes zu Neusulza, berief wieder regelmäßige Land- u. Ausschu ßtage, suchte die Kammerschulden zu tilgen, erließ eine Forst., Wald- u. Jagdordnung, eine Feuerordnung, eine Provisionalverordnung zur Erneuerung christlicher Zucht u. guter Polizei. Die Streitigkeiten mit der Albertinischen Linie wegen Henneberg wurden durch Vertrag zu Weimar am 9. Aug. 1660 verglichen, die vier verpfändeten Ämter Sachsenburg, Arnshaugk, Weida u. Ziegenrn ck (s. oben S. 7001 nebst., 5/12, von Henneberg fielen an Kursachsen, die übrigen, 7/12 der Hennebergischen Erbschaft wurden zwischen Altenburg u. Weimar gleichmäßig getheilt, ersteres erhielt davon die Ämter u. Städte Meiningen u. Themar, das Amt Maßfeld, die Kellerei Behrungen, das Kammergut Henneberg u. den Hof Miltitz. Friedrich Wilhelm II. starb 22. April 1669 in Altenburg, u. ihm folgte sein Sohn Friedrich Wilhelm III., noch nicht 12 Jahre alt, unter Vormundschaft seiner mütterlichen Oheime, des Kurfürsten Johann Georg II. von S. u. des Herzogs Moritz von Naumburg-Zeitz, starb aber bereits 14. April 1672. Mit ihm erlosch die ältere Linie Altenb urg, deren Besitzungen nun an die Weimarische Linie fielen.

b) Diese neue Linie Weimar war von Herzog Johann (s. oben) gestiftet, erhielt in der Theilung 1603 die Ämter Weimar, Jena, Burgau, Kapellendorf, Ringleben, Ichtershausen, Wachsenburg, Reinbardsbrunn, Georgenthal, Schwarzwald, Königsberg u. Oldisleben u. die übrigen Hoheitsrechte, Gerichte u. Einkünfte mit Altenburg gemeinschaftlich. Johann führte mit Kursachsen gemeinschaftlich die Vormundschaft über seines Bruders Kinder, die vier Herzöge von Altenburg, u. hinterließ bei seinem Tode 31. Octbr. 1605 acht Söhne, über welche nach einander die Kurfürsten von S. Christian II. u. Johann Georg I. die Vormundschaft führten. Der älteste, Johann Ernst, wurde 1615 volli ährig u. übernahm die Regierung selbst u. gleichzeitig die Vormundschaft über seine sieben Brüder. Er zeichnete sich durch gelehrte Bildung aus u. stiftete 1617 die Fruchtbringende Gesellschaft (s.d.) für Reinigung u. Fortbildung der Deutschen Sprache. Im Dreißigjährigen Kriege stand er gegen Österreich, Anfangs für den Kurfürsten von der Pfalz, Friedrich V., dann in niederländischen u. endlich in dänischen Diensten, wo er einen Theil des Tillyschen Heeres 1625 bei Nienburg schlug; dann unternahm er mit dem Grafen von Mansfeld den Zug nach Ungarn, starb aber dort 1626 in St. Martin. Da der zweite Bruder, Friedrich, 1622 bei Fleury geblieben war, so übernahm der dritte, Wilhelm, die Gesammtregierung, welche er schon in Abwesenheit Johann Ernsts geführt hatte. Auch er nahm Theil am Dreißigjährigen Kriege, trat aber 1635 dem Prager Frieden bei. Nach dem Aussterben der Linie Koburg-Eisenach (s. oben S. 700) fielen 4/6 von deren Besitzungen, welche in den Gebieten Gotha u. Eisenach bestanden, an Weimar, indem Weimar, älteren Verträgen zu Folge, 2/6 vor Altenburg voraus hatte. Die Eroberungen seines Bruders Bernhard in Elsaß u. Breisgau konnte Herzog Wil helm, als Bernhard 1639 starb, nicht in Besitz nehmen, theils weil Frankreich sich derselben bemächtigt hatte, theils weil er sich dadurch mit Österreich verfeindet haben würde. 1649 erfolgte die Erbtheilung unter den drei noch lebenden Brüdern der Weimarischen Linie (Johann Friedrich war 1628 gestorben) in drei Theile: Wilhelm erhielt Weimar, Ernst Gotha, Albrecht Eisenach u. die Ämter Kreuzburg mit Marksuhl, Krainberg, Gerstungen, Salzungen, Lichtenberg mit Ostheim, Kloster Allendorf, in Franken Heldburg, Veilsdorf, Ummerstadt u. Eisfeld. Doch starb Albrecht 1644 ohne Erben u. sein Landtheil wurde nun 30. März 1645 unter Weimar u. Gotha getheilt.

aa) Neueste Weimarische Linie. Herzog Wilhelm erhielt in der Theilung Stadt u. Amt Weimar mit den Vogteien Brembach, Schwansee, Gebstädt u. Magdala, die Ämter Jena, Burgau, Kapellendorf, Ringleben u. Berka mit den Städten Buttstädt, Buttelstädt, Rastenberg, Lobeda, Neumark u. Magdala u. nach Albrechts Tode noch Eisenach, Kreuzburg, Gerstungen, Breitenbach, Lichtenberg u. Ostheim nebst den Gerichten Marksuhl u. Burkersrode, endlich 1660 aus der Hennebergischen Theilung die Ämter Ilmenau u. Kaltennordheim. Er hinterließ bei seinem Tode 1662 vier Söhne, von denen er jedem ein Schloß zur Wohnung u. einen gewissen District zum Unterhalt an gewiesen hatte, die Regierung sollte gemeinschaftlich bleiben u. der älteste, Johann Ernst II., führte sie. Der zweite dieser Söhne, Adolf Wilhelm, der Stifter der neuen Eisenachschen Linie, welchem Eisenach zur Wohnung angewiesen war, st. 1668 u. 1671 sein einziger unmündiger Sohn Wilhelm August, worauf der dritte Bruder, Johann Georg, der Stifter der Marksuhlschen Linie, nach Eisenach zog u. die Eisenachsche Linie fortsetzte: der vierte, Bernhard gründete die Jenaische Linie. Um diese Zeit entstanden heftige Streitigkeiten mit Kurmainz wegen des Schutzrechts über Erfurt, woran beide sächsische Hauptlinien Antheil hatten. Diese Händel wurden durch den Vertrgg vom 20. Decbr. 1665 geschlichtet. Weimar erhielt das Geleit in Erfurt u. das Amt Kapellendorf nebst dem Dorfe Groß- Rudestädt erblich. 1672 fielen durch das Aussterben der Altenburgischen Linie die Städte u. Ämter Dornburg u. Allstädt, Roßla, Bürgel, Heußdorf u. Krainberg nebst einigen Gebieten u. Einkünften an die Wetmarische [702] Linie. Nun theilten die drei Brüder u. wurden die Repräsentanten der Linien Weimar, Eisenach u. Jena.

aaa) Eisenachsche Linie: Johann Georg I. erhielt die Ämter Eisenach, Lichtenberg, Kreuzburg, Kaltennordheim, Krainberg, Gerstungen, Breitenbach, erbte durch seine Gemahlin Johannette geb. Gräfin v. Sayn, verwittwete Landgräfin von Hessen-Braubach, die Hälfte der Grafschaft Sayn u. st. 1686. In seinem Testamente führte er das Erstgeburtsrecht ein, u. sein zweiter Sohn, Johann Georg II., folgte ihm, da sein älterer Bruder als baierischer Oberst gestorben war (der jüngste erhielt die Hälfte der Grafschaft Sayn). Joh Georg beerbte Sachsen-Jena mit u. st. 1698. Sein jüngerer Bruder Johann Wilhelm folgte ihm, er gründete das Gymnasium zu Eisenach u. st. 1729; sein Sohn Wilhelm Heinrich st. 1741 kinderlos u. das Fürstenthum Eisenach fiel an Weimar zurück, Sayn aber an das Anhaltische Haus.

bbb) Jenasche Linie: Herzog Bernhard erhielt Stadt u. Amt Jena mit Lobeda, Burgau, die Ämter Kapellendorf, Bürgel, Dornburg, Allstädt, die Städte Apolda u. Buttelstädt, die Vogteien Magdala, Brembach u. Gebstedt, die Herrschaft Remda, Schloß Ettersburg u. mehre kleinere Besitzungen zum Antheil u. st. 1678. Sein Sohn Johann Wilhelm stand unter Vormundschaft der Herzöge von Weimar u. Eisenach u. starb, 16 Jahre alt, 1690, worauf die Linien Weimar u. Eisenach nun sein Land theilten; erstere erhielt die Ämter Dornburg, Kapellendorf, Bürgel. die Städte Buttstädt u. Apolda, die Vogteien Magdala u. Gedstedt; letztere dagegen die Ämter Jena u. Allstädt u. die Herrschaft Remda.

ccc) Hauptlinie Weimar: Johann Ernst II. erhielt die Ämter Weimar, Roßla u. Ilmenau, die Städte Buttstädt u. Rastenburg u. st. 1683. Seine beiden Söhne, Wilhelm Ernst, ein für die Wissenschaften sorgender Fürst, welcher das Münzcabinet in Weimar anlegte u. die dortige Stadtschule zum Gymnasium erhob, wurde durch seine Hartnäckigkeit in viele Streitigkeiten mit seinem Bruder u. den Agnaten, bes. über die einzuführende Accise, verwickelt, u. Johann Ernst III. folgten gemeinschaftlich in der Regierung, doch blieb dem älteren, die landesherrliche Hoheit u. Gerichtsbarkeit vorbehalten; auch beim Anfall der Jenaischen Erbschaft theilten sie nur die Einkünfte, das Land blieb gemeinsam. Johann Ernst III. st. 1707, u. sein Sohn, Ernst August, regierte nun mit seinem Oheim Wilhelm Ernst gemeinschaftlich, bis dieser 1728 ohne Nachkommen starb. Ernst August führte mit Bewilligung seines Oheims 1719 das Recht der Erstgeburt in seinem Hause ein u. Kaiser Karl VI. bestätigte das Hausgesetz 1724. Mit dem Hause Schwarzburg hatten sich schon 1697 Streitigkeiten wegen der Landeshoheit über Arnstadt erhoben, welche erst 1731 ausgeglichen wurden, so daß Weimar die Lehnsherrlichkeit behielt. Ernst August baute Belvedere, unterstützte Kirchen u. Schulen, kaufte Rittergüter u. hatte eine große Leidenschaft für das Militär; dafür, daß er dem Kaiser 1 Regiment Infanterie u. 1 Regiment Cavallerie nach Italien zu Hülfe schickte, wurde er kaiserlicher Feldmarschalllieutenant baute 1732 zwischen Belvedere u. Weimar das Fort, die Falkenburg, u. stiftete 1733 den Orden der Wachsamkeit od. vom Weißen Falken (s. Falkenorden 2). Er st. 1748 in Eisenach. Unter ihm war 1741 das Fürstenthum Sachsen-Eisenach ganz an Weimar zurückgefallen. Sein minderjähriger Sohn, Ernst August Constantin, stand erst unter Vormundschaft der Herzöge von Gotha u. von Saalfeld, 1755 wurde er volljährig, starb aber schon 1758 u. bestimmte seine Gemahlin Amalie, Prinzessin von Braunschweig, zur Vormünderin seines Sohnes Karl August. Die Herzogin Amalie regierte weise u. legte den Grund zu der Blüthe der Wissenschaften in dem Herzogthum. Karl August trat 1755 die Regierung selbst an; unter ihm wurden Künste u. Wissenschaften gepflegt, für die Bildung des Volks gesorgt, die größten Dichter damaliger Zeit in Weimar versammelt, die Lehrstühle der Universität Jena mit berühmten Lehrern in allen Fächern besetzt; unter den Künsten begünstigte er bes. das Theater, das 1774 abgebrannte Schloß baute er 1779–1804 wieder auf u. legte den Park in Weimar an. Der Krieg von 1806 traf Weimar schwer, der Herzog stellte sein Jägerbataillon für Preußen u. nahm am Feldzuge als preußischer General der Cavallerie Theil. Die Schlacht bei Jena wurde auf Weimarischem Gebiet geliefert u. das Land von den Siegern besetzt, u. nur das kluge Benehmen der Gemahlin des Herzogs, Luise, gegen Napoleon rettete den Staat von der Auflösung. Der Herzog legte seine Befehlshaberstelle im preußischen Heere nieder u. trat am 15. Decbr. 1806 zugleich mit den übrigen Herzögen der Ernestinischen Linie dem Rheinbunde bei; sein Contingent, 800 Mann, stand 1807 mit vor Kolberg u. focht 1809 in Tyrol, 1810 u. 11 in Spanien, 1812 in Rußland u. 1813 bei Magdeburg. Am 20. Sept. 1809 gab der Herzog seinem Lande eine neue Einrichtung; die drei Corporationen der Prälaten, der Ritterschaft u. Stände wurden aufgehoben, das Land in den Weimarischen, Jenaischen u. Eisenachischen Kreis getheilt u. eine gemeinschaftliche Landschaftsdeputation von 12 Abgeordneten (6 Gutsbesitzern, 5 von Städten u. 1 von der Akademie) errichtet, welche sich regelmäßig alle Jahre versammeln sollten. Jährlich sollte 1/3 der Abgeordneten durchs Loos ausscheiden u. durch Wahl erneuert werden. Nach der Schlacht bei Leipzig 1813 trat der Herzog dem Bunde gegen Napoleon bei, stellte 1600 M. u. übernahm den Oberbefehl des gegen die Niederlande bestimmten Heeres. Auf dem Wiener Congreß 1815 erhielt er einen Länderzuwachs von 31 QM. mit einer Bevölkerung von 75,000 Seelen (die Herrschaften Blankenhain [theilweise] u. Unterkranichfeld, den größten Theil des Amtes Tautenburg, den Neustädter Kreis mit Ausnahme des Amtes Ziegenrück, die ehemaligen deutschen Ordenscommenden Zwätzen, Lehesten u. Liebstädt, mehre weimarische, ehemals sächsische Enclaven, von dem Erfurter Gebiete das Schloß Vippach, die Ämter Atzmannsdorf, Tonndorf u. einen Theil des Amtes Gispersleben, von dem ehemaligen Fuldaischen die Ämter Dermbach u. Geisa, von Kurhessen das Amt Frauensee mit Gosperode, das Amt Vacha, einiges vom Amte Friedewalde u. die Gerichte Lengsfeld u. Völkershausen) u. nahm den Titel als Großherzog an. Ende 1815 wurde der Falkenorden (s.d. 2) erneuert. Am 7. April 1816 wurde ein Landtag zu Berathungen über eine neue Verfassung eröffnet u. diese am 5. Mai angenommen u. darauf unter die Gewährleistung des Deutschen Bundes gestellt; über die abgeänderte, noch jetzt bestehende Verfassung s.u. Sachsen-Weimar (Geogr.).[703] Der Großherzog mußte bald die seinem Lande gewährte allgemeine Preßfreiheit wegen der in Weimar erscheinenden Oppositionszeitung u. die Freiheiten der Universität Jena wegen mehrer Vorfälle (s. Sand u. Wartburgfest) auf die Aufforderung der größeren Mächte wieder beschränken u. sich 1819 in die Karlsbader Beschlüsse fügen. 1820 fand der zweite Landtag statt u. mehre Gesetze wurden berathen, u.a. das auf Zünfte u. Gewerbe u. das auf Verwandlung der adeligen Lehen in freies Eigenthum sich beziehende. Im Jahre 1821 erwarb der Großherzog das dem Ernestinischen Hause gehörige Senioratsamt Oldisleben durch Kauf u. starb 14. Juni 1828, auf einer Reise begriffen, in Graditz bei Torgau.

Sein Sohn, Karl Friedrich, sicherte Aufrechthaltung der Verfassung u. Regierung nach den Grundsätzen seines Vaters zu. Die politischen Aufregungen 1830 u. 31 berührten Weimar fast gar nicht, doch kamen einige Weimarische Unterthanen wegen Theilnahme an politischen Verbindungen in Untersuchung. 1832 wurden langwierige Grenzstreitigkeiten mit dem Herzogthum Altenburg durch Tausch u. Arrondirungen ausgeglichen. 1834 erschien ein neues umfassendes Erbfolgegesetz; die Verhältnisse der Juden wurden geregelt u. ihnen die Erwerbung solcher Grundstücke in ihrem Wohnort gestattet, welche nicht landständische u. grundherrliche Rechte haben; vom 1. Jan. 1834 an trat Weimar auch dem allgemeinen Deutschen Zollverein bei. Auf dem Landtage 1835–36 wurde die Annahme eines neuen Strafgesetzbuchs berathen u. auf dem von 1838–39 die des neuen Sächsischen Criminalgesetzbuchs mit geringen Änderungen beschlossen; eine Beschwerde des Bischofs von Fulda, des Diöcesanen der Katholiken im Großherzogthum, daß nach einem früheren Gesetze der Weimarischen Regierung von 1823 die Kirche nicht neben, sondern unter dem Staate stehen sollte, was unvereinbar mit der Glaubenslehre, der Disciplin u. den Rechten der Katholischen Kirche sei, wurde von den Ständen als unbegründet zurückgewiesen. 1841 trat auch in Weimar der 14-Thalerfuß ins Leben. Der neunte Landtag 1841–42 beschäftigte sich vornehmlich mit der Thüringischen Eisenbahn, soweit sie Weimar betraf, u. ein Expropriationsgesetz wurde beschlossen; auch eine zweite von Eisenach u. der Thüringer Bahn aus durch das Werrathal zum Anschluß an die Baierische Bahn, wurde schon damals berathen, kam aber erst 1845 zur Ausführung. Im Landtagsabschied wurde verfügt, daß künftig die Landtagsverhandlungen nicht mehr im Druck erscheinen sollten. 1842 wurden auch Differenzen über die Grenzen mit Meiningen ausgeglichen. Die Thätigkeit des Landtags von 1844 äußerte sich bes. in einem Antrag auf Erhöhung der Zölle zu Gunsten der Spinnereien u. der Linnenindustrie, sowie auf Schiffbarmachung der Werra; betreffs der Thüringischen Eisenbahn erhielt die Regierung umfassende Vollmachten. Von nun an sollten auch die Landtagsprotokolle wieder veröffentlicht werden, doch nur die von den großherzoglichen Commissarien unterzeichneten u. außerdem noch bes. censirte Protokolle. Im Jahre 1845 bildeten sich auch Deutschkatholische Gemeinden im Lande, aber die Regierung untersagte den Dissidentenpredigern alle für die bürgerliche Ordnung bedeutsamen gottesdienstlichen Handlungen u. beauftragte protestantische Geistliche damit. Kaum hatte der am 21. Febr. 1847 eröffnete u. nach langer Vertagung am 21. Febr. 1848 wieder zusammengetretene Landtag die Errichtung einer Landrentenbank u. eine neue Proceßordnung berathen, als die Kunde von den Pariser Februarereignissen eintraf u. nun auch Weimar in die allgemeine Bewegung hineingerissen wurde. Hatte sich das Land auch längst einer Verfassung zu erfreuen gehabt, so wußte man doch Beschwerden u. Wünsche genug, u. es wurde vom Landtag eine Petition an den Großherzog gerichtet, derselbe möge mit den übrigen deutschen Fürsten eine Vereinigung dahin treffen, daß überall die längst verheißenen Repräsentativverfassungen mit entscheidender Stimme der Stände bei Verwilligung u. Verwendung der Steuern u. bei der Gesetzgebung eingeführt, daß die Karlsbader u. Wiener Conferenzbeschlüsse sammt den darauf gebauten Bundestagsbeschlüssen außer Kraft gesetzt, daß die Preßfreiheit nicht länger beschränkt, daß eine deutsche Nationalvertretung eingeführt u. dabei die Verminderung u. Umwandlung der stehenden Heere u. gleichzeitig eine allgemeine Volksbewaffnung ins Auge gefaßt würden etc. Fast gleichzeitig aber war auch schon das Volk von der Bewegung erfaßt worden; überall gab es stürmische Bürgerversammlungen u. bes. traten im Eisenacher Oberlande traurige Erscheinungen hervor, wo die meisten Forst- u. Beamtenhäuser demolirt u. die Beamten vertrieben wurden. Doch wurde durch die rasch organisirte Volksbewaffnung diesen Ausschreitungen bald ein Damm entgegengesetzt; auch die Unruhen im Weimarischen u. Neustädter Kreise erreichten so ein schnelles Ende. Inzwischen war es in der Residenzstadt selbst auch sehr stürmisch zugegangen. Der Großherzog hatte bereits den tobenden Forderungen der Menge Preßfreiheit, Volksbewaffnung, deutsches Parlament, Verschmelzung des landschaftlichen u. Kammervermögens, Öffentlichkeit der Landtagsverhandlungen, Umgestaltung des Gerichtsverfahrens etc. zugestehen müssen. Bei der Erneuerung des Aufstandes am 8. März entschloß sich der Großherzog von Schweitzer u. Thon aus dem Ministerium zu entlassen u. den Abgeordneten v. Wydenbrugk dahin zu berufen. Ein Amnestiedecret für politische Vergehen u. die Beeidigung des Militärs auf die Verfassung vollendeten für jetzt die Aussöhnung zwischen Fürst u. Volk. Vom 1. April an trat auch die Vereinigung des Kammervermögens mit dem landschaftlichen Vermögen gegen Gewähr einer Civilliste von jährlich 250,000 Thalern für den Großherzog ein. Der Landtag wurde im April vertagt. Nun gewann die Agitation der demokratischen Partei immer mehr Ausdehnung; unter die Projecte, welche dieselbe zunächst verfolgte, gehörte die Vereinigung ganz Thüringens zu Einem Staate; die constitutionelle Partei dagegen war diesem Plane ebenso abhold, wie einem späteren, hinsichtlich des Anschlusses an das Königreich Sachsen. Im August fand die vorgeschriebene Huldigung für den Reichsverweser durch Militär u. Bürgerwehr statt. Das für Schleswig bestimmte Contingent rückte um dieselbe Zeit (10. Aug.) aus. Zur Umgestaltung des ganzen Staatsdienstes wurde vom Großherzog ein berathender Ausschuß unter Vorsitz des Ministers v. Watzdorf niedergesetzt. Am 29. Septbr. erhob ein Theil des Weimarischen Contingentes einen Protest gegen seine Verwendung außerhalb des Großherzogthums, unterstützt durch eine große Volksversammlung, welche zu einem heftigen, doch bald unterdrückten Tumulte überging,[704] worauf durch Verfügung von Frankfurt aus im October die Besetzung des Landes durch Reichstruppen erfolgte, deren Eintreffen in Jena auch am 8. Octbr. die Sprengung der dahin berufenen bewaffneten Versammlung thüringischer Demokraten u. die Verhaftung der demokratischen Führer bewirkte. Der am 23. Octbr. nochmals behufs der Berathung eines neuen Wahlgesetzes einberufene Landtag wurde am 10. Novbr. aufgelöst, um einem neu gewählten zu weichen. Das neue Wahlgesetz, am 17. Novbr. publicirt, beruhte auf unmittelbaren Wahlen u. erhöhte die Zahl der Abgeordneten von 31 auf 41; ein Gesetz über Vorstand u. Versammlung des Landtages erschien am 18. Novbr. Gegen Ende des Jahres nahm Weimar aufs Neue an den Conferenzen von Regierungsbevollmächtigten der Thüringischen Staaten Theil, in denen eine engere Vereinigung der betreffenden Territorien berathen werden sollte; doch die Regierung versagte den dort beschlossenen Einungen, daß die Thüringischen Staaten, unbeschadet ihrer Selbständigkeit, in Behandlung gemeinsamer, näher zu bestimmender Angelegenheiten zu einem Staatenverbande zusammentreten u. selbst ein Gesammtministerium u. ein Thüringischer Landtag gebildet werden sollten, ihre Genehmigung. Der neue Landtag wurde am 20. Mai 1849 eröffnet u. beschloß die Niedersetzung eines Ausschusses für die deutschen Angelegenheiten. Was die Haltung Sachsen-Weimars in der Deutschen Frage anlangt, so hatte die Regierung gemeinsam mit den übrigen thüringischen Cabineten von vornherein getreu zu Frankfurt gestanden, u. bereits im Januar hatten die betreffenden Fürsten sich für Übertragung der erblichen Kaiserwürde an den König von Preußen ausgesprochen. Unter dem 13. Febr. reichte der großherzoglich sächsische Bevollmächtigte bei der Reichsgewalt dem Ministerium ein Separatvotum über die Reichsverfassung ein. Auch am 29. Mai noch sprach sich die Regierung dem Landtage gegenüber für das Festhalten an der Reichsverfassung aus; falls jedoch eine allgemeine Anerkennung derselben nicht zu erreichen wäre, so würde sie in keine Abänderung der Reichsverfassung willigen, ohne zuvor dem Landtage Vorlage zu machen; freilich müßten aber zur Zeit alle auf Ausführung der Verfassung berechneten Schritte unterlassen werden. Hierauf folgte schon am 1. Juni die Mittheilung über den Eingang des Berliner Verfassungsentwurfes, ohne daß jedoch das Ministerium sich für denselben erklärt hätte Am 10. Juli trat der Großherzog dem Dreikönigbündniß bei. Inzwischen war wiederum von Weimar aus der Vorschlag an alle thüringischen Regierungen ergangen, die zur Ausführung der Deutschen Grundrechte erforderlichen Gesetze mit einem Ausschuß aller thüringischen Stände zur Bewirkung einer gleichmäßigen Fassung zu vereinbaren. Der Landtag nahm außerdem das Gesetz zur Umgestaltung der Verwaltungsbehörden an, welches am 1. Octbr. zur Ausführung kam u. einen einfacheren Geschäftsgang herstellte; ferner das über Bildung der Geschwornengerichte, die von den Ausschüssen der thüringischen Kammern berathene Gemeindeordnung u. sprach sich für Aufhebung des bevorzugten Gerichtsstandes aus, erklärte die Rechtsbeständigkeit der Grundrechte auch nach Auflösung der Reichsgewalt, beschloß bei der Berathung über die Revision des. Staatsgrundgesetzes vom 5. Mai 1816, hinsichtlich des neuen Wahlgesetzes, daß dasselbe als integriren der Theil in das Staatsgrundgesetz aufzunehmen sei. Nachdem schon durch Verordnung vom 25. Septbr. 1849 das Consistorium aufgehoben u. an dessen Stelle ein Kirchenrath unter Vorsitz des Cultusministers eingesetztworden war, erschien am 18. März 1850 das Gesetz wegen Aufhebung der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit wie des bevorzugten Gerichtsstandes, nebst dem Gesetz über den Civilstaatsdienst; am 20. April die Verfügung wegen Einführung der Gemeindeordnung vom 22. Febr. u. des Gesetzes über die Heimathsverhältnisse vom 23. Febr., am 22. April das neue Thüringische Strafgesetzbuch, ferner ein Gesetz über Ministerverantwortlichkeit u. das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Juden, welches denselben volle bürgerliche u. politische Gleichstellung gewährte. Am 19. Octbr. 1850 wurde die neue Verfassung publicirt. Nachdem dem Oberappellationsgerichte für die Sächsischen Herzogthümer in Jena auch Reuß, Schwarzburg u. Dessau sich angeschlossen hatten, wurde in Eisenach ein Appellhof für Weimar u. beide Schwarzburg errichtet. Die gegen Ende des Jahres nochmals tagende Ständeversammlung nahm am 25. Novbr. das Gesetz über Aufhebung des Lehnsverbandes an welches die Oberlehnsherrlichkeit unentgeltlich beseitigte, für das lehns- u. afterlehnsherrliche Obereigenthum dagegen eine Entschädigung gewährte. Im Jahre 1851 wurden die Deutschen Grundrechte aufgehoben. Die Eröffnung des außerordentlichen Landtages, in welchem die Linke nur schwach vertreten war, erfolgte am 20. Jan. 1852. Derselbe vernahm die Nothwendigkeit den Bundestag wieder zu beschicken u. die in Folge davon sich ergebende Errichtung eines neuen, den Bundesgrundgesetzen entsprechenden Wahlgesetzes, votirte dann das Gesetz über Wiedereinräumung des privilegirten Gerichtsstandes an die ehemals reichsunmittelbaren Familien u. am 25. Febr. den Wahlmodus nach der im Wahlgesetz vom 6. April 1852 vorgeschriebenen Weise. In Folge davon trat die Linke unter einem Protest gegen das neue Wahlgesetz aus dem Landtag, worauf die Majorität selbst auf Auflösung antrug. So erfolgte der Schluß des Landtages am 3. März, nachdem das Wahlgesetz, wie es aus den Berathungen der Stände hervorgegangen war, die höchste Sanction erhalten hatte. Jetzt wurde auch die Vereidigung des Militärs auf die Verfassung abgestellt. Am Jahresschluß kam der Abschluß der erneuten Zollvereinsverträge der thüringischen Regierungen mit dem preußischen Gouvernement zu Stande. Der neue Landtag trat am 10. April 1853 zusammen u. berieth vorzugsweise eine Vorlage über die Revision der Bezirksordnung nach Maßgabe des revidirten Landtagswahlgesetzes u. den Nachtrag zur Gemeindeordnung, sowie einen Nachtrag zum Jagdgesetz. Am 8. Juli starb der Großherzog Karl Friedrich.

Ihm folgte sein einziger Sohn Karl Alexander; am 26. August erhielt er durch einen außerordentlichen Landtag die Huldigung u. gab die Zusage bezüglich der Aufrechthaltung der Landesverfassung. In den höheren Regierungskreisen trat für jetzt keine Änderung ein, aber bei dem auf den 12. September einberufenen Landtag wurde mehrfach die frühere Übereinstimmung mit der Regierung vermißt u. bes. die Forderungen von Matricularbeiträgen zu Bundeszwecken, wie die für den Landtag u. für Gesandtschaften ansehnlich gemindert. Angenommen wurden die Vorlagen über Revision[705] der Gemeindeordnung, über eine Erweiterung des Gesetzes bezüglich der Zusammenlegung der Grundstücke u. über Ufer- u. Wasserbau u. die Zugeständnisse, welche die Regierung den Bauunternehmern der Werrabahn in Aussicht gestellt hatte. Am 16. Decbr. wurde der Landtag geschlossen. Der Landtagsabschied aber enthielt die Ankündigung, daß Herzog Bernhard, der Oheim des regierenden Großherzogs, mit seinen Söhnen nun förmlich Protest gegen die Vereinigung des Domanial- u. Kammervermögens im Großherzogthume eingelegt habe, weshalb demnächst ein außerordentlicher Landtag einzuberufen sein werde, u. daß mehre nicht bewilligte Ausgabeposten dennoch verwendet werden würden. Eine Irrung mit dem Bischof von Fulda entstand in diesem Jahre insofern, als derselbe der für die katholischen Angelegenheiten im Staatsministerium bestellten Immediatcommission die Anerkennung versagte u. dem neuen katholischen Pfarrer den Eintritt in dieselbe verbot, u. nachdem die Staatsregierung darauf die Stelle des Letzteren durch einen weltlichen Beamten besetzt hatte, hiergegen remonstrirte u. der Commission überhaupt die Befugniß absprach, selbständig in katholischen Kirchensachen zu entscheiden. Die Frage wegen der Erbauung der Werrabahn kam nach vielen fruchtlosen Verhandlungen endlich mindestens insoweit zum Abschluß, daß auf der am 3. Mai in Weimar zusammengetretenen Conferenz unter Übereinstimmung der Regierungen in Gotha u. Meiningen der Thüringischen Bahngesellschaft die Concession zum Bau der Werrabahn ertheilt wurde. Das Project der Errichtung einer Bank in Weimar, mit einem Grundcapitale von 5 Millionen, kam zur Ausführung u. erhielt die Genehmigung des Großherzogs; dieselbe trat mit Anfang des Jahres 1854 ins Leben. Mit dem am 12. März 1854 wegen Entscheidung der Domänenfrage zusammengetretenen außerordentlichen Landtag vertrug sich die Regierung dahin, daß die gemeinsame Verwaltung des Haus- u. Staatsgutes bestehen bleiben, in Betreff des Eigenthums aber, unter Wahrung der Rechte des Landes, die Vereinbarung von 1821 wieder in Kraft treten solle. Im Ministerium trat hiernach ein Wechsel ein, indem an Wydenbrugks Stelle v. Wintzigerode das Departement der Justiz u. des Cultus übernahm. Bezüglich der Stellung zu den beiden deutschen Großmächten in der Orientalischen Frage sprach sich die Regierung im Einverständniß mit den Staaten der 12. Curie für die entschlossenere österreichische Politik aus. Die Werrabahnangelegenheit wurde endlich ihrer endgültigen Ordnungdadurch nahe geführt, daß die Weimarische Regierung hinsichtlich der Bestimmung über die Richtung der Bahn von der Bedingung abstand, daß die Bahn in Eisenach auszumünden habe, u. daß der außerordentliche Landtag am 13. Novbr. die Regierung ermächtigte für das Baucapital der Bahn (8 Mill.) zu einem Viertheil die Garantie der Verzinsung mit 4 Procent auf die ersten 10 Jahre zu übernehmen u. die Ausgabe von 1 Mill. Thaler Prioritätsactien der Thüringischen Eisenbahngesellschaft zum Zweck der Betheiligung der Letztern mit jenem Betrage bei dem Actiencapitale der Werrabahngesellschaft zu genehmigen. Der am 17. Febr. 1856 eröffnete ordentliche Landtag votirte unter andern ein Gesetz wegen Wiederherstellung der Todesstrafe, lehnte dagegen u.a. das Ansinnen der Regierung ab bezüglich der althergebrachten Prinzessinnensteuer, im gegenwärtigen Falle einer Aussteuer von 15,000 Meißner Goldgülden für die Prinzessin Amalie, unter Berufung auf die neuere Gesetzgebung über das Kammervermögen. Zu Anfange des Jahres 1857 wurde ein Staatsvertrag mit Kurhessen zu Stande gebracht, wonach Weimar die Sequestration des Vermögens einer Anzahl von Stiftungen u. Instituten aufhob, auf welches es von der Theilung des ehemaligen fürstlich Fuldaischen Gebietes her noch Ansprüche geltend gemacht hatte, u. das Vermögen herausgab. Der am 23. Febr. wieder eröffnete Landtag nahm das neue, auf den Bestimmungen des Bundestages beruhende Preßgesetz, ein Gesetz über das Verhältniß der Katholischen Kirche u. Schule, das Recrutirungsgesetz, eine Medicinalordnung, ein Bergbaugesetz, ein Gesetz zur Vereinfachung des Proceßganges, die zur endlichen Beilegung des Domanialconflictes von der Regierung gemachte Vorlage betreffend der substantiellen Abtrennung des Kammervermögens von dem landschaftlichen u. den Deutschen Münzvertrag an; dagegen lehnte er durch Beschluß am 27. April, ohne Berathung u. auf die bloße Empfehlung der Majorität der Commission, den Entwurf eines Nachtrages zum Landtagswahlgesetz von 1852 u. einen zweiten Entwurf eines Nachtrages zur revidirten Gemeindeordnung von 1854 ab. Die wesentlichste Bestimmung des ersteren bestand darin, daß die Abgeordnetenzahl um zwei dergestalt vermehrt würde, daß noch ein Deputirter der Landesuniversität u. einer für den größeren Grundbesitz in den Landtag einträte, während der zweite Entwurf bes. die Ausscheidung der Rittergüter aus dem Gemeindeverband beabsichtigte, u. trotzdem, daß am 30. April ein landesherrliches Decret die Wiederaufhebung des Beschlusses vom 27. April u. die Berathung der beiden Gesetzesvorlagen verlangte, lehnte er bei der Berathung der betreffenden Gesetze dieselben am 13. Mai beide ab. Der Landtagsabschied stellte aber die Wiederaufnahme derselben bei einem neuen Landtag in Aussicht. Die Enthüllung des Goethe-Schiller-Denkmals u. die Grundsteinlegung zu einem Karl-August-Denkmal am 100jährigen Geburtstage des Großherzogs Karl August (3. Sept.) veranlaßten glänzet, de Feierlichkeiten in Weimar. Am 1. u. 2 Oct. trafen in Weimar die Kaiser von Rußland u. Österreich zusammen, u. es blieb dieses unmittelbar auf die Stuttgarter Zusammenkunft folgende Zusammentreffen nicht ohne Einfluß auf die gegenseitige Stellung der beiden Großmächte. Von den Folgen der englisch-amerikanischen Handelskrisis blieb auch das Großherzogthum S.-Weimar, namentlich dessen hauptsächlichste Fabrikstadt Apolda, nicht verschont. Nachdem die Weimarische Bank ihre Beihülfe versagt hatte, berief die Regierung auf den 4. Januar 1858 einen außerordentlichen Landtag ein, welcher die Gründung einer Vorschußkasse für Industrielle mit einer Dotation von 300,000 Thlrn. genehmigte u. zugleich die einstweilige Suspension der Gesetze über Beschränkung des Zinsfußes beschloß. Auch in der Domänenangelegenheit wurde über die dem betreffenden Ausschusse noch übertragen gewesenen Schlußerörterungen u. Schlußprüfungen Bericht erstattet u. hiermit diese Frage insoweit vollständig erledigt, als damit eine landständische Verabschiedung darüber gewonnen wurde, welche Gegenstände als zum landesfürstlichen Domanialvermögen, u. welche als zum landschaftlichen Vermögensbestand[706] gehörig anzusehen sind. Schwebend blieben die von der Ritterschaft geltend gemachten Forderungen der Wiederherstellung der Verfassung von 1816, der Rückgabe des Jagdrechtes u. der Wiederausscheidung der Rittergüter aus dem Gemeindeverband, welche weder bei bei Regierung, noch beim Landtag geneigtes Gehör fanden. Die verwittwete Großherzogin-Mutter bethätigte ihren Wohlthätigkeitssinn durch eine Stiftung zur Versorgung unverheiratheter Töchter von Hof- u. Staatsdienern, u. der Großherzog schenkte diesem Karl-Friedrich-Damenstift Schloß u. Garten im Dorfe Großkronesdors. Mit Frankreich wurde ein Vertrag wegen gegenseitiger Auslieferung von gemeinen Verbrechern abgeschlossen, die mit den Schwarzburgischen Fürstenthümern bestehende Convention über das gemeinschaftliche Appellationsgericht in Eisenach u. die gemeinschaftlichen Kreisgerichte in Sondershausen u. Kronstadt auf weitere 10 Jahre verlängert. Am 1. Nov. wurde die Werrabahn von Eisenach bis Koburg eröffnet. Von besonderem Interesse war die (vom 2. Febr. auf den Sommer verlegte) Feier des 300jährigen Jubiläums der Universität Jena am 15., 16. u. 17. Aug., welches unter außerordentlicher Theilnahme der alten Jenenser, vieler geladener Ehrengäste, Deputationen der übrigen Universitäten etc. abgehalten wurde. Den Mittelpunkt des Festes bildete die Enthüllung des Denkmals des Kurfürsten Johann Friedrich des Großmüthigen, des Stifters der Universität. Der Landtag wurde am 24. Jan. 1859 eröffnet; die Propositionsschrift gab über den Stand der Finanzen ein sehr erfreuliches Bild, der Etat für die Jahre 1860–62 konnte mit einer erheblichen Steuerverminderung abgeschlossen werden u. die Staatsschuld hatte sich durch wirkliche Tilgung um 264,632 Thlr. verringert. Andere Vorlagen betrafen ein Gesetz über Erwerb u. Verlust der Unterthanenschaft, über nachträgliche Entschädigung der Jagdberechtigten auf fremdem Grund u. Boden, Nachträge zu dem Gesetz über Ablösung grundherrlicher Rechte, über Grundstückszusammenlegungen, über Anlegung von Mündel- u. Stiftungsgeldern, über die Landesbrandversicherungsanstalt etc. In der Jagdentschädigungsfrage entschied sich der Landtag für das Entschädigungsprincip, lehnte jedoch die Regierungsvorlage über die Modalität der Entschädigung (Zahlung durch die Grundstücksbesitzer), ebenso wie die auf Schadlosstellung der Neuberechtigten aus Staatsmitteln u. resp. aus den Jagdpachtgeldern gerichteten Anträge ab, u. behielt die Regierung weitere Erwägungen vor. Ein fernerer Beschluß des Landtages, gab dem Großherzog anheim, die früher vorbehaltene Erhöhung der Domänenrente von 250,000 auf 280,000 Thlrn. vom 1. Jan. 1860 ab ganz od. theilweise nach seinem Ermessen eintreten zu lassen. Die sonstigen Vorlagen fanden im Wesentlichen unbeanstandet Annahme: die Staatsdienergehalte sowie der Beitrag zur Erhaltung der Universität Jena, wurden wesentlich erhöht, auch für Aufbesserung der Schullehrergehalte die erforderlichen Mittel verwilligt u. je nach 8-, 16-u.: 24jähriger Dienstzeit den Lehrern entsprechende Zulagen gesichert. Nach dem Steuergesetz für 1860–62 sollen nur noch 10 Pfennige vom Thaler Steuercapital erhoben werden. Kunst u. Wissenschaft fanden durch die Munificenz des Großherzogs fortdauernd fördernde Unterstützung; mehre namhafte Maler siedelten nach Weimar über u. es bildete sich dort unter Leitung des Historienmalers Niessen eine Art von förmlicher Malerschule; die deutsche Schillerstiftung zur Unterstützung bedürftiger Schriftsteller erfreute sich der besonderen Unterstütung des Großherzogs u. Schillers 100jähriger Geburtstag wurde im ganzen Lande festlich begangen. Von Eisenach ging in seinen ersten Anfängen die Agitation aus, welcher auf Bildung einer nationalen Partei u. Herbeiführung einer größeren Einheit Deutschlands gerichtet war. Nachdem zwei vorbereitende Versammlungen in Eisenach stattgefunden, wurde auf einer weiteren Versammlung in Frankfurt (16. Septbr.) der Deutsche Nationalverein gegründet, welcher später seinen Sitz nach Koburg verlegte. Der Zusammenkunft deutscher Fürsten mit dem Kaiser Napoleon in Baden im Juni 1860 wohnte auch der Großherzog von Weimar bei; u. ebenso nahm er an dem Fürstencongreß in Warschau (Oct. 1860) Theil. In den Fragen der allgemeinen deutschen Politik theilte Weimar wesentlich den Standpunkt Preußens u. stand daher unter den deutschen Mittelstaaten ziemlich isolirt. Im Verein mit sächsischen Commissionen berieth ein Beauftragter der Weimarischen Regierung den Entwurf eines Civilgesetzbuches für die Sächsischen Lande, u. nach einer letzten Revision des Gesetzbuches gilt der Entwurf als nunmehr abgeschlossen. Die Umgestaltung der gewerblichen Verhältnisse wurde von der Regierung mit Ernst ins Auge gefaßt; über die Herstellung eines gemeinsamen Arbeitsgebietes für alle Thüringischen Staaten wurden Verhandlungen eingeleitet u. über die Frage, ob nur Reform des Zunftwesens, ob Gewerbefreiheit einzuführen sei, Gutachten der gewerblichen u. Verwaltungscorporationen eingeholt. Im Zusammenhang hiermit stand ein am 18. Nov. in Weimar versammelter Thüringer Gewerbetag, welcher die Niedersetzung einer Commission für Bildung einer gewerblichen Centralstelle u. die Abhaltung regelmäßiger Gewerbetage beschloß. Mit dem Bischof von Fulda, zu dessen Sprengel das Großherzogthum gehört, kam die Regierung dadurch in Conflict, daß ein neu angestellter Geistlicher die Leistung des staatlichen Diensteides verweigerte. Auf einer in Meiningen versammelten Ministerconferenz der Thüringischen Staaten wurde die Errichtung eines gemein schaftlichen Statistischen Bureaus in Jena beschlossen u. die Mittel hierzu von den betheiligten Landesvertretungen verwilligt. Auch im Jahr 1861 dauerten die Bestrebungen der Weimarischen Regierung zur Herbeiführung einer einheitlichen Gesetzgebung in den Ländern des Sächsischen Rechtes fort; namentlich erfolgte nunmehr eine gemeinsame Berathung eines Entwurfes zur Civilproceßordnung. Die Stgatseinnahmen gestalteten sich so gü nstig, daß die gesammte landschaftliche Schuld vom 1. Oct. 1830, deren Tilgung planmäßig erst bis 1871 zu erfolgen hatte, vollständig zur Rückzahlung gekündigt wurde. Auf gewerblichem Gebiete zeigte sich eine große Regsamkeit; während eines Theiles des Sommers fand in Weimar eine Thüringische Gewerbeausstellung statt, welche von dem S. and der Industrie Thüringens ein erfreuliches Bild gab. Der aus Anlaß dieser Ausstellung versammelte zweite Thüringische Gewerbetag sprach sich (1 4. Juli) für den Grundsatz der Gewerbefreiheit u. ein gemeinsames Gewerbegesetz für ganz Thüringen aus. Am 26. Aug. traten in Weimar Commissionen der Regierungen[707] der S.-Ernestinischen, Schwarzburgischen u. Reußischen Lande zur Berathung eines gemeinsamen Gewerbegesetzes zusammen; der aus ihren Berathungen hervorgegangene Entwurf adoptirte die Grundsätze der Gewerbefreiheit mit Beschränkung des Concessionswesens auf wenige einzelne Fälle, Aufhebung des Lehr-, Wander-, Gesellenzwanges, der Begrenzung der Arbeitsgebiete etc. Hieran reihte sich wieder eine Versammlung Thüringischer Landtagsabgeordneter in Weimar (18. u. 19. Nov.), auf welcher der nurgedachte Gewerbegesetzentwurf besprechen u. die Anbahnung eines Gesammtausschusses der Thüringischen Landtage beschlossen wurde. Auch über ein gemeinsames Einführungsgesetz zum Deutschen Handelsgesetzbuch fanden Verhandlungen unter den thüringischen Regierungen statt. Auf kirchlichem Gebiete erfolgte die Amtsentsetzung des Pastors Vollert in Klodra wegen hartnäckigen Ungehorsams gegen die bestehenden Kirchengesetze u. dauerten die Differenzen mit dem Bischof von Fulda fort. Nachdem im Sommer 1861 die Neuwahlen für den Landtag stattgehabt hatten, wurde derselbe im Jan. 1862 eröffnet. Unter den Vorlagen befanden sich das Gewerbegesetz nebst einem Gesetzentwurf über Entscheidung der Realrechte u. einem Nachtrag zur Gemeindeordnung, das Deutsche Handelsgesetzbuch. Ein Gesetz zur Verhütung der Neuzerstückelung zusammengelegter Grundstücke u. eine Vorlage wegen Errichtung einer Blindenanstalt in Jena fanden Annahme. Auf einen vom Landtag angenommenen Antrag auf Wiederaufhebung der auf Grund der Bundesbeschlüsse von 1854 erlassenen Preß- u. Vereinsgesetze erklärte die Regierung nicht eingehen zu können. Das weiter vorgeleate Volksschulgesetz wurde genehmigt (es setzte den Minimalgehalt der Dorfschullehrer auf 175 Thlr. fest, mit Zulagen, welche alle 6 Jahre erfolgen, bis auf 275 Thlr.; das am Minimalgehalt Fehlende haben die Gemeinden zu ergänzen).

bb) Gothaische Linie. Ernst der Fromme, der neunte Sohn des Herzogs Johann von Weimar, erhielt in den Erbtheilungen von 1640 mit seinen zwei Brüdern, dem Herzoge Wilhelm von Weimar u. dem Herzoge Albert von Eisenach (s. oben S. 701), Amt u. Stadt Gotha, die Ämter Tenneberg, Georgenthal, Reinhardsbrunn, Schwarzwald, Wachsenburg, Ichtershausen, Königsberg, Tonndorf, die Hälfte von Salzungen, u. als der Herzog von Eisenach 1644 starb, in der Theilung der Lande desselben 30. März 1645 die Ämter Heldburg, Ummerstädt, Veilsdorf, Eisfeld, Allendorf, Krainburg u. Volkenrode; 1660 aber in der Theilung der Hennebergischen Erbschaft Wasungen, Frauenbreitungen u. Sand. 1663 löste er von Schwarzburg-Rudolstadt die verpfändete Herrschaft Oberkranichfeld ein. Einer der gelehrtesten, einsichtsvollsten u. frömmsten Fürsten seiner Zeit, traf Ernst die zweckmäßigsten Einrichtungen in seinem Lande, namentlich für Schulen u. Kirchen, wobei er von seinen geheimen Räthen Franzke u. V. L. von Seckendorff wacker unterstützt wurde. Er erließ Forst-, Jagd-, Bergwerks- u. Medicinalordnungen u. führte 1653 eine neue Proceßordnung ein, baute statt des unter Herzog Johann Friedrich dem Mittlern zerstörten Schlosses Grimmenstein seit 1643 das Schloß Friedenstein, ordnete die landständische Verfassung neu, errichtete 1657 das geheime Rathscollegium u. führte zum Schluß des Dreißigjährigen Krieges die Landmiliz (Defensioner) ein. Nach Aussterben des Hauses Altenburg 1672 hätte Gotha dessen Besitzungen allein erben sollen, indem Ernst dem ausgestorbenen Hause einen Grad näher stand, als seine Bruderskinder, die Herzöge zu Weimar, auch das Testament Friedrich Wilhelms II. von Altenburg es so verordnete u. Ernst's Gemahlin überdies eine Prinzessin von Altenburg war; aber aus Friedensliebe überließ Ernst nach dem Altenburger Vergleich vom 16. Mai 1672 1/4 der Erbschaft an Weimar. An Gotha fielen die Ämter u. Städte Altenburg, Ronneburg, Eisenberg, Kamburg, Leuchtenburg u. Orlamünda, Roda, Saalfeld, Gräfenthal, Propstzelle, das ganze Fürstenthum Koburg mit den Ämtern Koburg, Sonnefeld, Neuhaus, Sonneberg, Hildburghausen, Schalkau u. Königsberg u. der 1660 an Altenburg gefallene Hennebergische Antheil, bestehend in den Ämtern Meiningen, Römhild, Themar, Ma ßseld u. Behrungen. Wegen Altersschwäche trat Ernst am 18. Oct. 1674 die Regierung an seinen ältesten Sohn, Friedrich I., ab u. st. 26. März 1675. Seine sieben Söhne, Friedrich I., Albrecht, Bernhard, Heinrich, Christian, Ernst u. Johann Ernst, sollten nach seinem Testament von 1654 u. der Regimentsverfassung vom 9. Nov. 1672 gemeinschaftlich regieren, bis eine Theilung erfolgen könnte, wodurch jeder seine Würde als Reichsstand zu behaupten vermöchte; der Erstgeborene sollte aber das Directorium als regierender Herzog führen. Friedrich I. schloß aber auf Antrag seiner vier jüngsten Brüder schon am 24. Februar 1680, u. mit den beiden älteren am 8. Juni u. 24. September 1681 Erbtheilungsverträge, worin er ihnen gewisse Gebiete überließ, sich selbst aber gewisse Hoheitsrechte u. die Oberleitung mehrer anderer vorbehielt. Durch diese Theilung entstanden sieben Linien. Friedrich I. erhielt Gotha als Hauptlinie u. den beträchtlichsten Landestheil, sowie das Directorium der Angelegenheiten des Gothaischen Hauses, die Leitung der Reichs-, Kreis- u. Lehnssachen, das Ausschreiben u. Erheben der Steuern, die Einführung von Landes-, Polizei- u. Proceßordnnugen, das Recht Bündnisse zu schließen, Gesandte zu schicken, das Recht der Appellation von den Gerichtshöfen der jüngeren Brüder u. die Oberaufsicht über die Universität Jena; Albrecht bekam Koburg, Bernhard Meiningen, Heinrich Römhild, Christian Eisenberg, Ernst Hildburghausen u. Johann Ernst Saalfeld. Friedrich I., Herzog zu Gotha, wollte den vier verkürzten jüngeren Brüdern jährlich 3000 Gulden nachzahlen, dagegen wurde ihm aber zugesichert, daß er u. seine Linie, im Fall des Aussterbens einer anderen Linie, stets 2/3 ihrer Erbschaft erhalten sollte. Der Kaiser bestätigte diesen Erbschaftsreceß 1686. Diese sieben Linien erfuhren mit der Zeit Veränderungen, indem einige wieder ausstarben, andere ihren Besitz wechselten, andere mit anderen verbunden wurden, daher gegenwärtig seit dem Aussterben der Linie Gotha 1825 noch drei von dem Hause Gotha abstammende Ernestinische Linien blühen, s. unten S. 711 ff.

aaa) Linie Gotha. Friedrich I. erhielt in der Theilung die Ämter Gotha, Tenneberg, Wachsenburg, Ichtershausen, Georgenthal, Schwarzwald, Reinhardsbrunn, Volkenrode, Oberkranichfeld, Altenburg, Leuchtenburg, Orlamünda u. die von Waldeck erkaufte Herrschaft Tonna. Er führte durch Testament vom 22. April 1683 für sein Haus das Erstgeburtsrecht ein, war mit bei dem Entsatz von Wien, stellte 1689 ein Contingent zur Belagerung[708] von Mainz u. stiftete 1689 den Orden der deutschen Redlichkeit, welcher aber bei seinem Tode wieder erlosch (bis er 1833 als Ernestinischer Hausorden [s.d.] wieder erneuert wurde) u. st. 2. Aug. 1691. Sein Sohn Friedrich II. stand bis zu seiner Volljährigkeit, welche durch den Kaiser 1693 ausgesprochen wurde, unter der Vormundschaft seiner Oheime, der Herzöge von Meiningen u. Römhild, u. trat 17 Jahre alt die Regierung an. Am 6. April 1699 wurde zwischen den Herzögen des Gothaischen Stammes ein Hausvertrag geschlossen, nach welchem bei dem Erlöschen der Koburgischen Linie die Meiningensche, bei dem Erlöschen der Eisenbergischen u. Römhildischen Linie die Gothaische erben sollte, gegen Entschädigung der anderen Linien. Ihm fiel nun, als Herzog Christian 1707 ohne Sohn starb, das Herzogthum Eisenberg zu. Als 1710 die Linie Römhild erlosch, erhoben sich Streitigkeiten wegen der Erbschaft, u. er erhielt von ihr, laut Ausspruchs des Reichshofrathes, 1714 nur, 7/10, des Amtes Themar; von dem übrigen erhielt Hildburghausen u. das Amt Meiningen 2/3 u. Saalfeld-Koburg 1/3; 1735 bestätigte ein kaiserlicher Spruch die Entscheidung. Friedrich II. machte sich durch seine milde Regierung beliebt u. um Altenburg durch großartige Bauten verdient; er war ein Freund des Militärs, hielt eine Leibgarde, zwei Regimenter zu Fuß, à 2400 M., u. 600 Dragoner, verbesserte auch die Landmiliz, stellte dem Kaiser in Ungarn 1691 gegen die Türken ein Contingent u. 1702 gegen die Franzosen in Italien 14,000 geworbene Truppen in vier Regimentern. Stadt u. Amt Borna hatte er 1698 vom König August I. auf 24 Jahre wiederkäuflich für 300,000 Thlr. an sich gebracht; beide wurden 1722 eingelöst. Er stiftete 1705 das freiadliche Magdalenenstift in Altenburg. Friedrich II. st. 23. März 1732 in Altenburg, u. sein ältester Sohn, Friedrich III. (die anderen sechs standen alle in fremden Militärdiensten u. starben ohne Söhne) folgte ihm; seine geistreiche Gemahlin Luise Dorothea, geb. Prinzessin von Meiningen, hatte auf ihn den wesentlichsten Einfluß. 1733 u. 34 stellte er zum Polnischen Königswahlkriege 5000 M. gegen Frankreich. Er hatte 1748 einen Streit mit dem Herzoge Anton Ulrich von Meiningen über die weimarische Vormundschaft, welcher aber zu Gunsten Gothas u. Saalfelds entschieden wurde. Nach dem Tode des Herzogs Anton Ulrich von Meiningen gerieth Friedrich III. auch mit den Söhnen des Verstorbenen erster morganatischer Ehe wegen der Vormundschaft in Streitigkeiten, welche jedoch 1763 wieder zum Vortheil Gotha's entschieden wurden. Da der Herzog im Siebenjährigen Kriege ein Regiment an England überlassen hatte, so wurde sein Land von den Franzosen u. Reichstruppen sehr bedrückt. Auch hatte er ein Infanterieregiment in holländische Dienste gegeben. Er st. 10. März 1772 in Gotha. Sein älterer Sohn, Ernst II., folgte ihm, er war ein einsichtsvoller, hochgebildeter Fürst, gründete viele Kunstsammlungen u. wissenschaftliche Anstalten, errichtete die Sternwarte auf dem Seeberge, verbesserte die Schulen, bes. die Gymnasien in Gotha u. Altenburg, gründete Schullehrerseminarien ebendaselbst, verbot das Lotto u. die Hazardspiele, beschränkte die ungemessene Frohne auf gemessene, schuf die Landesbrandassecuranz, die Staatsdienerwittwensocietät, errichtete Armenhäuser, vervollkommnete die Proceßordnung u. Polizei, veranstaltete eine Landesvermessung u. führte einen musterhaften Staatshaushalt. Ernst st. 20. April 1804. Er war fast der einzige deutsche Fürst, welcher die verfolgten Illuminaten (er gehörte ihnen an u. war auch eine Zeit lang Großmeister der Landesloge in Berlin) schützte. Sein älterer Sohn, Emil Leopold August, folgte, ein Fürst, welcher zwar wesentlich im Geiste seines Vaters regierte, im Finanziellen aber weniger genau verfuhr. Mit Koburg schloß er 1805 einen Tauschvertrag u. überließ seinen Antheil an Themar für den koburgischen Antheil an Römhild. Auch wurde Saalfeld, welches bisher, obgleich koburgisch, doch zum Nexus des Herzogthums Altenburg u. unter dessen Regierung u. Consistorium gehört hatte, 1805 gänzlich aus diesem Verbande entlassen u. der Regierung in Koburg völlig untergeordnet, 11 Dörfer kamen jedoch an Altenburg unter dem Vorbehalt des Rückfalles, wenn das Gothaische Haus ausstürbe. Da der Herzog an dem Preußischen Kriege 1806 gegen Napoleon keinen Theil genommen hatte, so wurde er von dem Kaiser schonend behandelt. Er trat, wie die übrigen Herzöge Ernestinischen Stammes, am 15. Dec. 1806 dem Rheinbunde bei u. mußte zu dem Bundesheere 1100 Mann stellen, welche dieselben Feldzüge wie die Weimaraner (vor Kolberg u. in Pommern, in Tyrol, Spanien, Rußland, in Magdeburg) machten, nach der Leipziger Schlacht stellte er sich am 25. November 1813 auf die Seite der Alliirten gegen Frankreich u. rüstete 2200 Mann aus. Die landständische Verfassung ließ der Herzog für Gotha unverändert bestehen, für Altenburg aber wurde eine Änderung 1818 vorbereitet u. zum Theil ausgeführt. Die herzogliche Kammer in Altenburg wurde als Finanzcollegium mit dem Steuercollegium vereinigt, das Einkommen der Kammer aber unter Aufsicht der Stände gestellt; die altenburgische Ritterschaft gab ihre Freiheit von der Grundvermögenssteuer für neue Abgaben auf, behielt aber die Befreiung von der Landsteuer. Auch an der Errichtung des Oberappellationsgerichts in Jena hatte Herzog Augusi Antheil. Neben mancher Sonderbarkeit besaß er viel Genialität u. begünstigte Künste u. Wissenschaften; er st. 17. Mai 1822 ohne Sohn, deshalb folgte ihm in der Regierung sein Bruder Friedrich IV. Dieser war in Rom zur Römischen Kirche übergetreten, daher konnte er die geistlichen Hoheitsrechte in seinem Lande nicht ausüben u. übertrug dieselben seinem Geheimrathscollegium. In Folge gestörter Gesundheit befand er sich zuletzt in einem Zustande der Sprachlosigkeit, doch empfing er bis zu seinem Tode Ministerialvorträge u. unterzeichnete die Rescripte. Er starb ohne Nachkommen am 11. Febr. 1825, u. mit ihm erlosch die Hauptlinie Gotha. Zwischen den nächsten Agnaten, den Häusern Meiningen, Koburg u. Hildburghausen, fand eine Streitfrage hinsichtlich der gothaischen Erbfolge statt. Meiningen behauptete, daß ihm, als nächstem Agnaten, die ganze Erbschaft zukomme; der Herzog von Koburg prätendirle dagegen als Schwiegersohn des Herzogs August von Gotha das sehr schwierig auszumittelnde Allod; Hildburghausen verlangte die Theilung der Erbschaft in drei gleiche Theile nebst Entschädigung wegen früherer Benachtheiligung. Bes. bezog man sich auf den neuesten Familienvertrag durch den Römhilder Receß vom 28. Juli 1791, welcher aber die Frage noch mehr verwickelte. Schon vor dem Tode des[709] Herzogs Friedrich waren hierüber Streitschriften gewechselt u. endlich bestimmt worden, daß man, um fremde Einmischung zu verhüten, in Gemeinschaft das Land in Besitz nehmen u. dasselbe bis zum Austrag der Streitfrage durch eine Gesammtregierung verwalten wolle. Die bisherigen Minister von Trützschler, von der Becke u. von Lindenau blieben daher in Function u. wichtige Entscheidungen wurden von allen Fürsten gemeinschaftlich unterzeichnet. Als die Entscheidung nicht vorwärts rückte, sprachen die drei Fürsten endlich den König Friedrich August von S. als Vermittler an, u. dieser sendete im Mai 1826 den Geheimen Rath von Minkwitz u. den Hofrath Schaarschmidt als Vermittler an die drei Höfe. Meiningen erklärte sich bereit von seinen Forderungen abzugehen, u. so kam am 11. Aug. 1826 ein Präliminarvertrag in Liebenstein u. am 12. Nov. 1826 ein Erbvertheilungsvertrag in Hildburghausen zu Stande, welcher am 15. Nov. von den drei Herzögen unterzeichnet wurde. Nach demselben überließ der Herzog von Hildburghausen sein ganzes Land an Meiningen u. Koburg u. nahm dafür das Herzogthum Altenburg, mit Ausnahme des Amtes Kamburg, eines Theils des Amtes Eisenberg u. einzelner an derer altenburgischer Enclaven; Koburg trat ganz Saalfeld an Meiningen ab u. erhielt dafür Gotha, wo der größte Theil des prätendirten Allods sich befand (s. unten). Die aus den Kassen seit 1825 sich ergebenden Überschüsse wurden getheilt u. die bisher von Gotha gezahlten Apanagen, Pensionen etc., so wie auch der Gehalt mehrer, nicht wieder angestellter gothaischer Diener, unter dem Namen Centrallasten, in ein Ganzes zusammengefaßt u. von allen drei Herzögen zu gleichen Theilen bis zum Tod der Pensionirten bestritten.

bbb) Linie Koburg, gestiftet vom zweiten Sohne Ernst des Frommen, Albrecht, 1680, erhielt die Ämter u. Städte Koburg, Rodach, Neustadt an der Haide, Sonneberg, Sonnefeld, Neuhaus u. das Kloster Mönchroden, erlosch aber schon 1699 wieder. Über ihr Land wurde nach einem langen Erbschaftsstreit zwischen Gotha, Meiningen, Hildburghausen u. Saalfeld durch einen Ausspruch des Reichsrathes 1720 entschieden, gegen welchen aber Meiningen bis 1735 protestirte, worauf eine kaiserliche Commission den Spruch zur Vollziehung brachte, obschon man über einzelne Punkte bis 1753 fortstritt. Die Erbschaft wurde unter Saalfeld, Hildburghausen u. Meiningen getheilt; der Herzog Christian Ernst von Saalfeld erhielt die Ämter u. Städte Koburg u. Rodach, das Kloster Mönchroden u. einen Theil von Neuhaus; der Regierungssitz u. die Regierungsbehörden, außer Saalfeld, wurden nun nach Koburg verlegt u. die Linie nahm den Namen Koburg-Saalfeld an. Christian Ernst st. 1745, u. sein Bruder u. Nachfolger Franz Josias führte das Recht der Erstgeburt in seinem Lande ein. Er st. 16. Sept. 1764, u. ihm folgte sein Sohn Ernst Friedrich. Der großen Schuldenlast wegen wurde 1773 eine kaiserliche Liquidationscommission ernannt u. die Leitung derselben dem Herzog Ernst II. von Gotha u. dem Prinzen Joseph von Hildburghausen übertragen. Als Ernst Friedrich 8. Sept. 1800 starb, fand sein Sohn Franz eine Schuldenlast von 1,261,000 Gulden vor. Mit dem Beistande seines Ministers Kretschmann ordnete der Herzog (freilich durch manche harten Maßregeln, wie Ablieferung u. Wiederkaufen jedes Silberzeuges u. dgl.) seine Finanzen in der Art, daß 1802 die Schuldencommission aufgehoben werden konnte; doch erregte dies die Unzufriedenheit der Unterthanen u. Stände, so daß 1803 kurfürstlich sächsisches Militär zu Hülfe gerufen werden mußte. Nach dem Tode des Herzogs Franz am 9. Dec. 1806 folgte ihm sein Sohn Ernst I., welcher sich bei dem Tode seines Vaters als Oberst in russischen Diensten befand. Deshalb ließ Napoleon obgleich er den Beitritt des Herzogthums zum Rheinbunde genehmigt hatte, Koburg 1807 besetzen u. durch Parigot verwalten, doch wurde der Herzog nach dem Frieden von Tilsit in sein Land wiedereingesetzt. 1808 gab der Herzog dem Landesministerium eine neue Einrichtung u. führte am 11. Dec. 1809 die gleichmäßige Besteuerung ein. Sein Contingent focht, wie das der übrigen sächsischen Herzöge, für Napoleon. Im Befreiungskriege, wo er nach der Schlacht von Leipzig den Alliirten beitrat, übernahm der Herzog den Oberbefehl über ein verbündetes Heer von 30,000 M. aus Russen u. den Contingenten mehrer deutschen Fürsten bestehend, welches Mainz belagerte. Beim Wiener Congreß 1815 wurde dem Herzog Ernst eine Gebietsvermehrung zugestanden, welche er, nach dem Vergleich mit Preußen vom 9. Sept. 1816, auf der linken Rheinseite erhielt. Dieses Gebiet umfaßte das ehemalige Triersche Amt St. Wendel, den Bezirk Ottweiler u. die ehemals Zweibrückener Ämter Lichtenberg, Meisenheim u. Schaumburg, enthielt 27,000 Ew. u. wurde, ohne an der Verfassung der Erblande Theil zu nehmen, als Fürstenthum Lichtenberg (s.d. 1), durch eine eigene Landesregierung, welche in zwei Sectionen, eine für die Verwaltung u. eine für die Rechtspflege, getheilt war u. welcher ein Landrath von sieben Personen zur Seite stand, regiert. Mit Zuziehung der Landstände führte der Herzog in Koburg am 8. Aug. 1821 eine neue Verfassung ein. Nach den Abtretungen u. Erwerbungen von 1826 wurde sie nach den Umständen modificirt; über diese Verfassung s. oben Sachsen-Koburg (Geogr.) S. 667. Im Gothaischen Theilungsvertrag 1826 erhielt Koburg das Herzogthum Gotha, mit Ausnahme des Amtes Kranichfeld u. des Gothaischen Antheiles von Römhild von der Gothaischen Erbschaft, dann die Ämter Königsberg u. Sonnefeld, doch ohne die Lehen im Meiningischen Oberlande, von Hildburghausen, u. die Kammergüter Kahlenberg u. Gauerstädt von Meiningen; dagegen verzichtete Koburg auf Saalfeld u. überhaupt auf die am linken Ufer der Steinach gelegenen Ortschaften, mit Ausnahme von zwei Dörfern. Der Zuwachs betrug 17 QM. u. 67,000 Ew.; die Gesammtbevölkerung des Herzogthums mit Lichtenberg betrug nun 151,000 Ew. u. das Gebiet 48 QM. Außerdem hatte der Herzog von Koburg-Gotha die Herrschaften Greinburg, Kreutzen, Zelldorf u. Ruttenstein in Oberösterreich, unweit Linz, 83/4 QM., 20,000 Ew. unter österreichischer Hoheit, gekauft u. die vormals gräflich Gleichenschen Domänen Wandersleben, Mühlberg u. Röhrensee unter preußischer Hoheit mit ererbt. Das Herzogthum nahm nun den Namen Sachsen-Koburg-Gotha an die Fortsetzung seiner Geschichte s. unten S. 719.

ccc) Linie Meiningen, von Ernsts des Frommen drittem Sohne, Bernhard, 1680 gestiftet. Er erhielt die Ämter u. Städte Meiningen, Maßfeld, Wasungen, Frauenbreitungen, Sand, Henneberg u. Salzungen; nahm an dem Koburger Erbfolgestreit[710] Theil, errichtete 1703 ein Waisenhaus, verwandelte die Stadtschule zu Meiningen in ein Lyceum u. st. 1706. Er hinterließ drei Söhne, Ernst Ludwig I., Friedrich Wilhelm u. Anton Ulrich, welche nach seiner Verordnung gemeinschaftlich regieren sollten, doch überließen die jüngeren dem ältesten die Regierung allein. Durch Reichshofrathsausspruch erhielt er 1720 aus der Koburgischen Erbschaft die Ämter Sonneberg u. Neuhaus u. erwarb 1723 das Amt Schalkau von Hildburghausen durch Tausch, auch die Rittergüter Gauerstädt u. Kahlenberg im Koburgischen u. von der Römhildischen Erbschaft 2/3. Er st. 1724 u. hinterließ zwei minderjährige Söhne, Ernst Ludwig II., welcher 1724, Friedrich August, welcher 1729, u. Karl Friedrich, welcher 1743 starb. Die beiden Oheime waren Vormünder der Erstern bis zur Volljährigkeit Karl Friedrichs gewesen. Sie traten nun gemeinschaftlich die Regierung an u. führten sie so bis 1746, wo Friedrich Wilhelm starb u. nun regierte Anton Ulrich allein. Zwar gelehrt u. klug, schadete er doch durch große Verschwendung u. heftigen Charakter seinem Lande sehr. Er hatte einen Herrn von Gleichen widerrechtlich verhaftet, welcher sich deshalb beim Kaiser beschwerte, u. als der Herzog trotz des kaiserlichen Befehles den Verhafteten nicht freiließ, so erfolgte daraus der sogenannte Wasunger Krieg; nämlich der Kaiser Franz I. beauftragte 1747 den Herzog Friedrich III. von Gotha den Gefangenen abholen zu lassen, u. dieser sendete 30 Reiter nach Meiningen; als diese aber Widerstand fanden, ließ Gotha im Febr. 1747 die meiningische Stadt Wasungen militärisch besetzen u. die Besatzung sollte, ungeachtet Anton Ulrich den von Gleichen frei gelassen hatte, auf Ausspruch des Kammergerichtes so lange da bleiben, bis Anton Ulrich die Kosten des Zuges bezahlt haben würde. Am 22. Mai zogen sich die Gothaner vor dem anrückenden meininger Militär u. Landsturm aus Wasungen zurück, eroberten aber diese Stadt alsbald wieder. Bald entspann sich ein neuer Streit über die Vormundschaft über den Herzog von Weimar, u. dieselbe wurde Gotha zugesprochen, doch verzichtete Gotha im Vergleich mit Meiningen auf seine Kostenansprüche u. zog seine Truppen Ende Juli 1748 von Wasungen zurück. Als Anton Ulrich 1763 in Frankfurt starb, folgten ihm seine Söhne Karl u. Georg. Der verwittweten Herzogin Charlotte Amalie u. deren Stiefkindern, den Söhnen des Herzogs aus morganatischer Ehe mit Philippine Schurmann, wurde testamentarisch die Vormundschaft u. Verwaltung des Landes übertragen. Dies wollten aber die Herzöge von Gotha, Koburg-Saalfeld u. Hildburghausen nicht dulden u. ließen abermals Truppen ins Meiningensche einrücken, bis der Kaiser Franz I. vermittelnd eintrat u. die Herzogin Charlotte Amalie als alleinige Obervormünderin bestätigte, welche die Vormundschaft u. Regierung in Meiningen bis 1775 mit Einsicht führte. Als Herzog Karl 21. Juli 1782 starb, fiel die Regierung an seinen Bruder Georg allein, welcher sich durch viele treffliche Einrichtungen großes Verdienst erwarb, so legte er 1797 eine Industrie u. Arbeitsschule, 1800 eine Sonntagsschule für Handwerkslehrlinge an, führte 1801 das Recht der Erstgeburt ein u. stiftete die Forstakademie in Dreißigacker. Er st. 24. December 1803. Über seinen hinterlassenen minderjährigen Sohn Bernhard Erich Freund führte die verwittwete Herzogin Luise Eleonore die Vormundschaft u. trat gleich den anderen Herzögen Ernestinischer Linie für ihn 1806 dem Rheinbunde u. 1815 dem Deutschen Bunde bei (s. oben Gotha u. Weimar). Am 17. Dec. 1821 übernahm Bernhard als volljährig, die Regierung selbst, ordnete am 25. Nov. 1822 die Staatsverwaltung neu u. bildete vier obere Behörden (Landesregierung, Oberlandesgericht, Consistorium u. Kammer) u. ertheilte am 4. Sept. 1824 seinem Lande eine neue Verfassung. Bei dem Erlöschen der Gothaischen Linie (11. Febr. 1825) sprach Meiningen, als älteste Nebenlinie, die alleinige Erbfolge an, doch gab es bald nach u. erhielt in dem Vertrage von Hildburghausen am 12. Nov. 1826 das ganze Herzogthum Hildburghausen mit Ausnahme der Ämter Königsberg u. Sonnefeld (welche Koburg bekam), von Koburg das Fürstenthum Saalfeld, die am linken Steinachuser gelegenen, bisher Koburgischen Ortschaften u. das Amt Themar, ferner von dem Herzogthum Gotha das gothaische Drittheil von Römhild, das Amt Kranichfeld u. einige Lehen im Meininger Oberlande, von Altenburg endlich das Amt Kamburg nebst Neusulza, auch 15 Dörfer des Amtes Eisenberg u. die Enclaven Vierzehnheiligen, Lichtenhain u. Mosen. Dagegen trat es die Kammergüter Gauerstädt u. Kahlenberg an Koburg ab. Meiningen gewann dadurch einen Zuwachs an Gebiet von 25 QM. u. 71,280 Ew. Von nun an führte der Herzog den Titel von Meiningen-Hildburghausen-Saalfeld. Die fernere Geschichte s. unten S. 711.

ddd) Linie Römhild, gestiftet von Heinrich, Ernsts des Frommen viertem Sohne; auf seinen Antheil kamen die Städte u. Ämter Römhild, Königsberg, Themar, Behrungen, Hof Milz u. die heimgefallnen Echterschen Lehen, von denen er jedoch 1683 das Amt Königsberg seinem Bruder, dem Herzog von Hildburghausen, abtrat. Er starb 1710 als k. k. Feldzeugmeister u. mit ihm erlosch seine Linie; sein Land wurde getheilt, das meiste bekam Gotha; Meiningen, Koburg-Saalfeld u. Hildburghausen Einiges, s. oben.

eee) Linie Eisenberg, gestiftet von Christian, dem fünften Sohn Herzogs Ernst des Frommen; er erhielt die Ämter u. Städte Eisenberg, Kamburg, Ronneburg u. Roda, errichtete aber keine eigne Regierung, sondern ließ sie mit der von Altenburg zusammenbestehn. Er war ein wohlwollender u. frommer Fürst, aber ein Alchemist, welcher den Stein der Weisen unablässig suchte u. oft von Betrügern an seinem Hofe getäuscht wurde. Mit seinem Tode 28. April 1707 erlosch seine Linie, sein Besitz fiel ganz an Gotha.

fff) Linie Hildburghausen. Ernst, der sechste Sohn Herzogs Ernst des Frommen, der Stifter dieser Linie, erhielt außer seinem 1680 angewiesenen Erbtheil, den Ämtern Hildburghausen, Heldburg, Eisfeld, Veilsdorf u. Schalkau, 1683 von seinem Bruder, Herzog Heinrich von Römhild, auch noch das Amt Königsberg abgetreten u. 1705 aus der koburgischen Erbschaft das Amt Sonnefeld, aus der römhildschen das Amt Behrungen u. das hennebergische Reichsvotum. Anfangs führte er den Titel Sachsen-Eisfeld, weil das Städtchen Eisfeld zu seiner Residenz bestimmt war, nach wenigen Jahren verlegte er aber seinen Sitz erst nach Heldburg (daher noch zuweilen Sachsen-Heldburg genannt), dann nach Hildburghausen, wo er ein Schloß baute u. den Namen Sachsen-Hildburghausen annahm.[711] Er führte das Recht der Erstgeburt ein u. st. 1715. Sein ältester Sohn u. Nachfolger, Ernst Friedrich I., belastete durch unverhältnißmäßigen Aufwand das Land mit Schulden. Unter ihm wurde das Amt Schalkau an Meiningen gegen einige im Amt Behrungen gelegene Dörfer abgetreten. Ihm folgte 1724 sein noch minderjähriger ältester Sohn, Ernst Friedrich II., für welchen bis zur Volljährigkeit seine Mutter die Regierung führte. Bei seinem Tode 1715 war sein Nachfolger Ernst Friedrich Karl; er stand bis 1748 unter der Vormundschaft seiner Mutter Karoline, geb. Gräfin von Erbach. Da er das Münzregal verpachtete, zog er sich eine fiscalische Klage zu. Unter seiner Regierung vermehrten sich durch Verschwendung die Landesschulden so, daß 1769 eine kaiserliche Tilgungscommission unter Leitung seines Urgroßoheims, des Prinzen Joseph Friedrich von Hildburghausen, erschien u. die Landesverwaltung übernahm. Der Herzog starb 23. Septbr. 1780. Für seinen Nachfolger, Friedrich, führte bis 1787 Prinz Joseph Friedrich die vormundschaftliche Regierung. Er trat unter ungünstigen Umständen die Regierung an, denn seine Residenz Hildburghausen war abgebrannt u. die kaiserliche Commission (zuletzt von Preußen geleitet) noch lange Jahre im Lande. Dennoch wickelte er die 4 Mill. Fl. betragenden Landesschulden, welche noch durch die Kriegsjahre 1796, wo er ein Reichscontingent stellte u. die Franzosen schon sein Gebiet verletzten, u. 1806 u. 1813 vermehrt wurden, bedeutend ab u. brachte dieselben in Ordnung. 1807 wurde er Rheinbundsmitglied, trat aber 1813 der Sache der Alliirten bei. Die landständische Verfassung hatte der Herzog nach erlangter Souveränetät als Rheinbundsmitglied bestehen lassen. Mit Zuziehung der Landstände führte er am 19. März 1818 eine neue Verfassung ein, welche wesentlich der weimarschen glich, die Landstände bestanden aus 18 Mitgliedern, wozu von den Rittergütern 6, von den Städten 5, von dem Bauernstande 6 u. einer von dem geistlichen Stande gewählt wurden. In dem Gothaischen Erbtheilungsvertrag (s. oben S. 709) trat der Herzog seine gesammten Besitzungen ab, welche 10 QM. mit 33,000 Menschen enthielten; er empfing dafür das Herzogthum Altenburg mit Ausnahme des Amts Kamburg u. des an Kamburg grenzenden Theils von Eisenberg mit 15 Dörfern, der Saline Neusulza u. der Enclaven Vierzehnheiligen, Lichtenhain u. Mosen u. bekam die bei Erlöschung des Gothaischen Hauses 1825 von Koburg aufs Neue in Besitz genommenen 11 saalfeldischen Ortschaften wieder. Sein Gesammtgebiet betrug nun 24 QM. mit 108,000 Ew. Die weitere Geschichte des Landes s. unten bei S.-Meiningen, die des Hauses s. unten bei S.-Altenburg S. 714.

ggg) Linie Saalfeld. Der Stifter dieser Linie, Johann Ernst, der siebente Sohn Ernst des Frommen, bekam außer seinem, 1680 erhaltnen Antheil Saalfeld, Gräfenthal, Propstzelle, Lehesten, 1682 die Stadt Pösneck, 1710 1/3 von Römhild, nach Abzug dessen, was Gotha u. Hildburghausen empfing (s. oben). Wegen der koburgischen Besitzungen entspann sich nach Aussterben der Koburger Linie 1699 ein Streit mit den andern Linien, dessen Ausgleichung Johann Ernst, obgleich das Reichskammergericht 1720 einen Spruch zu seinen Gunsten gethan hatte, nicht erlebte, indem er 1729 starb. Ihm folgte sein ältester Sohn, Christian Ernst, welcher mit seinem Bruder Franz Josias die Regierung gemeinschaftlich führte. Erst 1735 wurde der koburgische Erbfolgestreit entschieden, u. der Herzog erhielt zu Saalfeld noch das Fürstenthum Koburg u. verlegte seine Residenz dahin, weshalb die Linie seitdem den Namen Koburg-Saalfeld führte, s. oben S. 709.

Die drei nach dem Aussterben der Gothaischen Linie 1825 u. dem Theilungsvertrage von 1826 (s. oben S. 709) gebildeten, sämmtlich aus der von Ernst dem Frommen gestifteten Gothaischen Linie stammenden u. gegenwärtig noch blühenden Linien sind nach der Reihe des Alters ihrer Stifter Meiningen, Altenburg u. Koburg-Gotha.

a) Sachsen-Meiningen-Hildburghausen-Saalfeld. Die Stammlinie Meiningen erhielt in dem Gothaischen Theilungsvertrag 1826 namentlich Hildburghausen u. Saalfeld (s. oben S. 709); Herzog war seit 1803 Bernhard. Außer der Verlegung des Oberconsistoriums von Meiningen nach Hildburghausen 1828, wurden viele zweckmäßige Änderungen vom Herzog vorgenommen u. das Grundgesetz vom 23. Aug. 1829 vorbereitet, wodurch er seinem Lande eine constitutionelle Verfassung gab, über dieselbe s. Sachsen-Meiningen (Geogr.) S. 671. Dieselbe wurde aber von einem großen Theil der Unterthanen, bes. vom Adel, nicht günstig aufgenommen, u. die Regierung hatte schon auf dem ersten constitutionellen Landtage 1829 Widerstand zu erfahren, nur in Steuersachen war man allgemein für die Reform. Auf dem zweiten Landtage 1832 kam es aber zu einem solchen Zerwürfniß mit den Ständen, daß der Herzog den Landtag am 13. August auflöste. Inzwischen wurden viele heilsame Verordnungen gegeben u. Einrichtungen getroffen; so erfolgte schon 1831 die Centralisirung des ganzen Staatsrechnungswesens, ein Gesetz über Gewerbsteuern, über die Besteuerung der Ritter- u. Freigüter, ein Regulativ über die Gemeindeverfassung der Stadt Meiningen wurde erlassen, die freien Gerichtstage erweitert u. Friedensgerichte eingeführt. Am 26. Dec. 1833 wurde der Ernestinische Hausorden im Verein mit Koburg-Gotha u. Altenburg gestiftet. Vom 1. Jan. 1834 trat Meiningen dem allgemeinen Deutschen Zollverein u. 1838 dem Süddeutschen Münzvereine bei. 1835 wurde der dritte Landtag berufen, welcher friedlicher endigte. Die ehemals hildburghäusischen Landestheile beschwerten sich, daß sie durch die Mitübernahme der meiningischen Landesschulden verkürzt worden wären, u. wurden durch Steuererlasse entschädigt. Eine Apothekerordnung wurde 1837 gegeben. 1841 erschienen Gesetze über die Recrutirung, über die Advocatengebühren u. eine Landgemeindeordnung. 1844 nahm der Herzog im Verein mit den andern Herzögen von Sachsen das Prädicat Hoheit an, was nach mehrmonatlichen Verhandlungen von sämmtlichen größern Staaten anerkannt wurde. Der Hauptgegenstand der Ständeverhandlungen im J. 1844 war die Berathung u. Annahme eines nach dem Muster des königl.-sächsischen ausgearbeiteten Strafgesetzbuches. Über Verwendung u. Beaufsichtigung der Überschüsse in den Staatseinnahmen entstand ein Zerwürfniß zwischen Regierung u. Ständen. An wichtigeren Gesetzen erschienen die über Eidesleistung der Juden, über Intercessionen der Frauenzimmer u. über Auswanderung u. am 21. Dec. das Militärstrafgesetzbuch. Auf dem Landtage 1845 kam die Domänenfrage zur Verhandlung, worüber aber[712] erst 1846 eine Vereinbarung zwischen dem Herzog u. den Ständen erzielt wurde, wonach der Herzog die Domänen in seine unmittelbare Verwaltung nehmen sollte, dagegen aber zusagte die Durchschnittssumme der bisherigen Ertragstheile als eine feste Rente an die Landeskasse zu zahlen, die Kammerforsten zu erhalten u. daraus dem Holzbedarf der Unterthanen nach einem billigen Maße zu genügen u. die bisher zu Landeszwecken abgetretenen Domänengebäude bei der Landesverwaltung ferner zu belassen. Die günstige Finanzlage des Landes ging aus dem Nachweise der Schuldentilgungslasse hervor, wonach sich im J. 1843–44 die öffentliche Schuld um mehr als 104,000 Fl vermindert hatte. Im Laufe des Jahres wurde die Patrimonialgerichtsbarkeit aufgehoben u. ein besonderes Gesetz über Aufhebung des Lehnsrechtes erlassen. Gegenüber dem Nothstande des Jahres 1847 richtete der Herzog eine besondere Abtheilung des Landesministeriums unter seinem Vorsitz für die zur Linderung der Noth zu ergreifenden Maßregeln ein. Der am 12. März eröffnete Landtag wurde, weil die Stände sich beharrlich weigerten den Anforderungen der Regierung, als die Kräfte des Landes übersteigend, nachzugeben, im Juli aufgelöst u. am 15. Jan. 1848 trat der neue Landtag zusammen. Auch Meiningen fiel 1848 der allgemeinen Bewegung anheim, doch begnügten sich die meisten Ortschaften mit Petitionen, welche neben den allgemeinen deutschen Wünschen auch ein freisinniges Wahlgesetz, Umgestaltung des Unterrichtswesens, Verminderung der Salzpreise, Zurückgabe der Domänen unter gewissen Bedingungen etc. beantragten. Diese Forderungen wurden auch fast alle vom Herzoge genehmigt. Namhafte Unruhen kamen nur in Salzungen vor, welche erst durch militärische Hülfe beendigt wurden, außerdem noch einmal am 6. Oct. zu Hildburghausen gelegentlich der Verhaftung des Redacteurs des demokratischen Volksblattes, dessen Freilassung erzwungen wurde; in Folge davon rückten vom 11. Oct. an 1200 Mann Baiern im Herzogthum ein u. entwaffneten die unruhigen Ortschaften. Ende Novbr. wurde das Land auf Verfügung der Centralgewalt durch Reichstruppen besetzt. Inzwischen war am 8. Septbr. das frühere Ministerium abgetreten u. von Speßhardt trat an die Spitze des neuen Ministeriums. Am 16. Sept. erschien ein Gesetz über die neue Organisation der oberen Verwaltungsbehörden. Die alten Landstände wurden nach Verabschiedung eines Wahlgesetzes am 18. Januar 1849 aufgelöst, worauf der neugewählte Landtag auf den 11. Februar einberufen wurde, um eine Verfassung zu berathen. Der Streit wegen der Domänen entbrannte jetzt aufs Neue zwischen Landtag u. Regierung, u. nach langen Debatten wurde endlich ein Übereinkommen dahin getroffen, daß das fürstliche Hausgut, mit Ausnahme der Schlösser, einiger Waldungen u. Güter, Staatseigenthum werden, der Herzog aus der Staatskasse jährlich 165,000 Fl. u. der Erbprinz bei seiner Verheirathung außerdem 25,000 Fl. beziehen solle. Am 22. Juni wurde das mit dem Landtag vereinbarte Bürgerwehrgesetz publicirt. Die Ausgabe von Papiergeld im Werthe von 400,000 Fl. machte sich auch in Meiningen erforderlich. In der Deutschen Frage ging Meiningen mit den thüringischen Fürsten zusammen, ebenso in der Thüringschen Frage (s. Sachsen-Weimar); gegenüber der Reichsverfassung schloß es sich den Bemerkungen u. Vorschlägen Preußens, Badens etc. vom 23. Febr. an. Auch der Landtag hielt zu der Nationalversammlung u. sprach sich für Durchführung der Reichsverfassung aus. Als der Herzog 26. Juli seinen Beitritt zum Berliner Bündniß erklärte, die Stände aber für den Nichtbeitritt stimmten, wurde der Landtag am 11. August aufgelöst u. die Ratification der Beitrittserklärung am 24. October vollzogen. Im Jahre 1850 beschäftigte sich der Landtag vorzugsweise mit Berathung der neuen Justizgesetze. Der Vorsitz im Ministerium war auf von Wechmar übergegangen u. Anfang 1852 wurde der vormalige Departementschef von Harbou aus Holstein zum Minister der Justiz u. des Cultus berufen. Zur Abhülfe des im Winter 1851–52 hervorgetretenen Nothstandes in einzelnen Gegenden des Thüringer Waldes ergriff die Regierung kräftige Maßregeln. Das Militär wurde neu verpflichtet, indem es den Eid der Treue nur dem Kriegsherrn ablegte. Zu Ende des Jahres 1852 fanden im Oberlande so grobe Widersetzlichkeiten gegen Forstbeamte statt, daß die Entsendung eines Militärcommandos dahin für nöthig befunden wurde. Die wichtigste Landtagsverhandlung im J. 1853 betraf die Vorlage der Regierung wegen Beseitigung des Wahlgesetzes von 1848 u. der Reactivirung der früheren Wahlordnung von 1829, u. der Landtag erklärte sich für dieselbe mit besonderer Berücksichtigung der großen Grundbesitzer u. mit Census u. Trennung der Vertretung der Städte u. Dörfer (die Bestimmungen dieses noch geltenden Wahlgesetzes s. oben S. 671). Die bezüglich des Etats zwischen Landtag u. Regierung entstandenen Differenzen lösten sich in befriedigender Weise, da trotz der neuen Gerichtsorganisation (Geschwornengerichte, Staatsanwaltschaft etc.) u. mancher durch die Ablösungsgesetze dem Fiscus erwachsener Verluste keine Erhöhung der Steuern beantragt worden war. Für den Bau der Werrabahn, für deren Zustandekommen auch die meiningsche Regierung sich lebhaft interessirte (s. oben Sachsen-Weimar S. 705), verwilligte der Landtag einen Credit von 1,075,000 Fl. Von Bedeutung war es übrigens, daß der Erbprinz jetzt die Anerkennung des Gesetzes über Domänen u. Civilliste, welche bereits zweimal vom Landtage beantragt worden war, versagen zu müssen erklärt hatte, doch wurde die Angelegenheit auf dem Landtage 1854 entschieden u. die noch jetzt über das Domanial-, Schatull- u. Allodialvermögen geltenden Bestimmungen vereinbart (s. oben S. 671). Außerdem beschloß der Landtag noch die Verwilligung von weiteren 50–60,000 Fl. zur Linderung des Nothstandes in den Walddörfern u. die Ausgabe der seither noch reservirten meiningischen Kassenanweisungen im Werthe von 515,000 Fl. Der Landtag auf 1855 votirte im April einen Gesetzentwurf zur Erschwerung leichtsinniger Ehebündnisse, genehmigte am 1. Juni den Antrag, die Wiedereinführung körperlicher Züchtigung betreffend der Staatsregierung anzuempfehlen, u. bewilligte die Forderungen für die Kriegsbereitschaft. Im Ministerium trat gegen Ende des Septembers ein Wechsel ein, indem an von Wechmars Stelle von Harbou zum Staatsminister ernannt wurde. In Folge der destnitiven Entscheidung der Werrabahnfrage, welcher am 30. März in Meiningen zu Stande kam, wurde ein außerordentlicher Landtag zum 5. November einberufen, welcher die Zinsengarantie für 4 Mill. Thlr,[713] genehmigte. Auch eine Mitteldeutsche Bank mit einem Capital von 8 Mill. Thalern wurde in Meiningen errichtet u. unter dem 29. Febr. 1856 landesherrlich bestätigt. Die Haltung des im März eröffneten Landtages von 1856 war eine vornehmlich oppositionelle, indeß die Anfangs abgelehnten Etatspositionen, u.a. die Erhöhung des Beitrages zur Gesammtuniversität Jena, wurden bei erneuter Vorlage genehmigt u. Gesetze, welchen der Landtag seine Zustimmung versagt hatte, wie das Judengesetz u. der Gesetzentwurf zur Ausführung des Bundespreßgesetzes, auch so nachher fast unverändert nach dem Regierungsentwurf publicirt.

In den Jahren 1857 u. 1858 erhielten mehre Gesellschaften zum Betrieb von Bergbau u. Hüttenwerken die landesherrliche Bestätigung u. polizeiliche u. reglementäre Bestimmungen ordneten die durch den Bau der Werrabahn u. die Errichtung einer Telegraphenlinie längs derselben sich ergebenden Verhältnisse. Ein von dem bischöflichen Ordinariat in Würzburg ohne Regierungsgenehmigung nach Hildburghausen geschickter Geistlicher, um die Seelsorge über die dortigen Katholiken (27 Personen) zu verwalten, wurde durch Regierungsbefehl ausgewiesen. Am 23. October 1858 vermählte sich der Erbprinz Georg in zweiter Ehe mit Prinzessin Feodore von Hohenlohe-Langenburg. Wie in den übrigen beim Gesammtoberappellationsgericht in Jena betheiligten Ländern wurde durch einen Nachtrag zur Oberappellationsgerichtsordnung den zur Praxis bei den Appellationsgerichten berechtigten Rechtsanwälten auch die Praxis beim Oberappellationsgericht gestattet. Bezüglich des Münzwesens schloß sich das Herzogthum dem Süddeutschen Münzvertrag an u. adoptirte somit den 521/2 Guldenfuß, anstatt des bisherigen 241/2 Guldenfußes. Den seit 1. März 1859 versammelten Landtag beschäftigte als Hauptgegenstand die Domänenangelegenheit, d.h. die Prüfung des von der Regierung vorgelegten Verzeichnisses des Domaniale u. die Ausscheidung etwaiger Staatsgüter von den herzoglichen Domänen, hinsichtlich deren die Einholung eines Rechtsgutachtens beschlossen wurde. Der Hauptetat für 1859–62 wurde auf 1,729,632 Gulden Einnahme u. 1,704,378 Gulden Ausgabe festgestellt. In chem politischen Gegensatze zwischen Preußen u. Österreich stand Meiningen regelmäßig mehr auf Seite des letzteren; auf eine an den Herzog gerichtete Eingabe aus Pösneck, welche Überweisung der Oberleitung des Deutschen Bundesheeres u. der Vertretung Deutschlands nach Außen an Preußen verlangte, anwortete derselbe unterm 30. Juli ablehnend. An den Würzburger Conferenzen nahm auch Meiningen Theil, trat den dort gefaßten Beschlüssen bei u. betheiligte sich auch bei den weiteren Schritten der dort vertretenen Regierungen. Über die Begräbnisse von Selbstmördern verfügte ein Generalerlaß des Ministeriums, daß sie fernerhin nicht mehr als unehrlich angesehen werden, aber auch nicht prunkend u. Aufsehen erregend sein sollten. In der Gewerbereformfrage schloß Meiningen einen Vertrag mit dem Herzogthum Koburg ab, in welchem bestimmt ward, daß vom 1. Jan. 1860 an beide Herzogthümer nur als Ein gemeinsames Arbeitsgebiet angesehen werden sollen, also jeder Gewerbtreibende eines der beiden Länder sein Gewerbe künftig an jedem Orte des anderen ausüben darf, ohne eine Abgabe dafür entrichten zu müssen. Diese Erweiterung der gewerblichen Arbeitsbefugnisse wurde im Jahr 1860 auch auf andere Nachbarländer ausgedehnt. Am 8. Februar 1860 trat der Landtag von Neuem zusammen; die ihm gemachten Vorlagen betrafen namentlich die Versetzbarkeit der richterlichen Beamten, den Neubau einer Kaserne, die Deckung der Zinsgarantie für die Werrabahn (welche früher für 4 Mill. Thlr. auf 9 Jahre übernommen worden war), endlich die Reproposition eines Polizeistrasgesetzes. Zu letzterem ertheilte der Landtag nur unter der Bedingung seine Zustimmung, daß die frühere Vorschrift, nach welcher die Concessionen der Preßgewerbe auch im Verwaltungswege zurückgezogen werden können, wieder aufgehoben werde; da die Regierung dies ablehnte, blieb das Polizeistrafgesetzbuch unerledigt. Auch die Vorlage wegen der richterlichen Beamten wurde vom Landtage verworfen; die übrigen Vorlagen erledigte er im Wesentlichen im Sinne der Regierung. Am 28. Oct. wurde ein neuer Landtag hauptsächlich wegen der Domänenangelegenheit außerordentlich einberufen, jedoch am 2. Nov. bereits wieder vertagt. Eine in Meiningen abgehaltene Ministerialconferenz beschloß die Errichtung eines für die Ernestinischen Lande gemeinschaftlichen Statistischen Büreaus in Jena. Zum Gedächtniß seines Vaters, des Herzogs Georg, stiftete der Herzog am 100jährigen Geburtstag desselben, 4. Febr. 1861, ein Siechenhaus. In dem 1861 versammelten Landtage bildete die Domänenfrage den wichtigsten Theil der Verhandlungen. Nachdem ein in der Sitzung vom 12. März beschlossenes Ersuchen an die Staatsregierung, einen andern Specialcommissar, als den Bankdirector Staatsrath Oberländer, zu bestellen, da nur Staatsbeamte als solche zulässig seien, von der Regierung zurückgewiesen worden war, gestattete der Landtag zwar dessen Zulassung unter fortwährender Anwesenheit eines verantwortlichen Mitgliedes des Ministeriums, beschloß aber zur Sache selbst gegen die Gültigkeit des Domänengesetzes vom 3. Juni 1854 sich feierlich zu verwahren u. die Staatsregierung zu ersuchen auf Grund des Gesetzes vom 23. Mai 1849 u. mit Bezugnahme auf das Finanzgesetz vom 27. April 1831 eine das Land beruhigende Gesetzesvorlage an den Landtag gelangen zu lassen; der Landtag wolle die Einlassung u. die Erklärung auf die Einzelheiten des Domänenverzeichnisses nebst Unterlagen ausdrücklich für eine eventuelle, den vorbemerkten Protest u. Antrag nicht beeinträchtigende angesehen wissen u., indem er eventuell auf Grund des Ausschußberichts die Specialprüfung vornähme, schon jetzt den Antrag auf Einholung der schiedsrichterlichen Entscheidung über alle einzelnen, nicht zur Vereinbarung gelangenden Landesansprüche stellen. Der Landtag wählte das Oberappellationsgericht in Dresden zum Schiedsgericht u. nahm in der Klagschrift alle Theile des Domänenvermögens, einige unerhebliche Stücke ausgenommen, für das Land in Anspruch. Doch wurde dieses Anrufen des Schiedsgerichts vom Landtag nur als eventuell bezeichnet, da er dasselbe zur Zeit nicht für zuständig erachtete, weil er das Domänengesetz nicht als rechtsgültig betrachtete. Vor seiner Vertagung (23. April) stellte der Landtag noch das Begehren an die Regierung die Verordnungen über die Presse u. das Vereinswesen aufzuheben u. dagegen eine liberale Vorlage hierüber an den Landtag zu bringen. Über Erleichterung der gegenseitigen Rechtshülfe wurde mit S.-Weimar ein vorläusig[714] auf 12 Jahre gültiger Staatsvertrag abgeschlossen. Lebhaft betheiligte sich Meiningen an den Bestrebungen zur Herstellung einer gemeinsamen thüringischen Gewerbegesetzgebung im Sinne der Gewerbefreiheit u. beschickte namentlich auch die zur Berathung des Entwurfs eines Gewerbegesetzes im August zu Weimar zusammengetretenen Commission von Regierungsabgeordneten. Im Aug. 1861 erfolgte die Entlassung des Staatsministers von Harbou; ihm folgte der bisherige preußische Landrath von Krosigk; einer der ersten Vorschritte desselbenwar die Gegenzeichnung eines vom 22. Nov. 1861 datirten u. an alle Sächsischen Höfe mitgetheilten Protests des Herzogs von Meiningen gegen die von dem Herzog von Koburg-Gotha mit Preußen abgeschlossene Militärconvention, in welcher wegen der dem herzoglich Meiningenschen Hause im Gothaischen Gesammthaus zustehenden agnatischen Rechte gegen die gedachte Convention Rechtsverwahrung eingelegt wurde. Auf eine zurückweisende Antwort des Herzogs von Koburg-Gotha erfolgte eine nochmalige Replik von Seiten Meiningens, womit mindestens für jetzt die Sache beigelegt scheint. Bei Gelegenheit der Verhandlung über eine dem koburg-gothaischen Landtage gemachte Vorlage wegen einer eventuellen Regierungsverwesung durch den Herzog von Koburg-Kohary (Febr. 1862) legte der Herzog von Meiningen auch gegen die Successionsfähigkeit der Herzöge von Koburg-Kohary, wegen Unebenbürtigkeit der Familie Kohary mit den deutschen Fürstengeschlechtern, Protest ein. Im März 1862 wurde der Landtag von Neuem eröffnet; die wichtigsten Vorlagen waren Nachträge zur Strafproceß- u. Wechselordnung, ein Gesetzentwurf über Anlegung von Grund- u. Hypothekenbüchern, über ein auf Mündlichkeit u. Öffentlichkeit basirtes Verfahren in Civilstreitigkeiten, Executions- u. Taxordnung, endlich der Entwurf des Thüringischen Gewerbegesetzes. Zur Deckung der Kosten eines neuen Kasernenbaues u. der Zinsgarantie für die Werrabahn soll ein vierprocentiges Anlehen von 830,000 Gulden aufgen ommen werden. Lebhafte Agitationen, namentlich im östlichen Theile des Landes, befürworten den Bau einer Saal-Orla-Eisenbahn zum Anschluß der Werrabahn an die königlich sächsische Westliche Staatseisenbahn u. resp. an die Gera-Weißenfelser Bahn.

b) Sachsen-Altenburg: die Stammlinie ist Hildburghausen (s. oben S. 710), welche in Folge des Gothaischen Theilungsvertrags ihr früheres Besitzthum Hildburghausen aufgab u. mit der Übernahme des Herzogthums Altenburg die neue Linie Altenburg gründete. Herzog Friedrich hielt den 23. Nov. 1826 in Altenburg seinen Einzug. Er stellte von Trützschler, den bisherigen gothaischen Geheimerathspräsidenten in Altenburg, an die Spitze des Ministeriums. Bereits war das Finanzwesen geordnet, eine Verbesserung der ständischen Verfassung in Anregung gebracht u. größere Öffentlichkeit bezüglich des Staatshaushalts anempfohlen worden. Wie im Königreich S. schienen aber auch hier die Vorschritte u. Entwickelungen nicht rasch genug zu gehen, u. manche Stimmen sprachen sich immer lauter gegen gewisse Institutionen, Bevorrechtungen, Abgaben etc. aus. Die Julitage in Paris 1830 u. die darauf folgenden Unruhen im nahen Königreich S. hatten gleiche Wirkungen in Altenburg, u. bei einem Aufstande in der Nacht des 13. Sept. 1830, welcher gegen einzelne, meist mit den untern Volksklassen in unmittelbare Berührung kommende Staats- u. Communalbeamte gerichtet war, wurden die Wohnungen von mehren derselben im Innern verwüstet, doch kehrte die Ordnung in den nächsten Tagen zurück, nachdem mehre dem Ausland angehörige Unruhstifter verhaftet, übrigens Amnestie ertheilt u. Abhülfe gegründeter Beschwerden u. Mißstände zugesagt worden war. Ähnliche Aufregungen zeigten sich gleichzeitig im westlichen Landestheile, namentlich in den Waldgegenden des Amtes Kahla, meist gegründet auf Klagen uber den Wildstand, wurden aber bald unterdrückt. Wenig Tage nach diesen Vorgängen fiel am 23. Septbr. 1830 das 50 jährige Regierungsjubiläum des Herzogs Friedrich, u. seit diesem Tage nahm der Erbprinz Joseph wesentlichen Antheil an den Regierungsgeschäften. Am 29. April 1829 trat die unter Beirath u. Mitwirkung der zeitherigen Laudstände ausgearbeitete Verfassungsurkunde als Grundgesetz für das Herzogthum Altenburg ins Leben, nachdem bereits (18. April) ein reorganisirendes Edict, den Staatsdienst u. die Bildung u. Geschäftsthätigkeit der Landescollegien betreffend, vorausgegangen war. Am 17. Juni 1831 folgte auf das Grundgesetz eine neue Stadtordnung für Altenburg, dergleichen Eisenberg schon 1829 eine erhalten hatte u. die andern Städte des Herzogthums allmälig auch erhielten. Auch in den Staatsbehörden ging die wesentlichste Veränderung vor: die Justiz u. Verwaltung wurden getrennt u. erstere dem neuen Landesjustizcollegium, letztere der zeitherigen Landesregierung allein übertragen, mit welcher auch das bisherige Obersteuercollegium u. die Steuerverwaltung vereinigt wurde. Der erste constitutionelle Landtag (vom 12. Juni 1832, mit Unterbrechungen bis 1835) hatte, außer wichtigen Veränderungen im Staatshaushalt, bezüglich des Beitritts zum allgemeinen Deutschen Handels- u. Zollverein (welcher vom 1. Jan. 1834 an erfolgte) hauptsächlich die neuen Gesetze über Heimathsrecht u. Armenwesen, über die Militärpflicht, über die General- u. Specialvisitationen der Kirchen u. Schulen u.a.m. zur Folge; auch wurden die Geistlichen u. Schullehrer in die allgemeine Staatsdienerwittwensocietät (1832 u. 1835) aufgenommen. 1833 nahm Altenburg an der Stiftung des Ernestinischen Hausordens Theil. Am 29. Sept. 1834 starb Herzog Friedrich auf dem Jagdschloß zu Hummelshain u. dessen ältester Sohn Joseph trat nun die Alleinregierung an.

Auf dem zweiten Landtag (Nov. 1836 bis April 1837) wurden Gesetze über Abwendung u. Bestrafung von Störungen der öffentlichen Ruhe, ferner über den Indicienbeweis, über den Instanzenzug in Criminalsachen, über die nicht mehr gesetzlich nöthigen Geschlechtsvormünder volljähriger Frauenspersonen, über die Aufbringung kirchlicher Anlagen, wozu auch die Kammer- u. Rittergüter beigezogen wurden, eine Eheordnung, ein Wegebaugesetz, ein Gesetz über Ablösung der Fronhnen u. Dienstbarkeiten berathen. Im Bezug auf das letztere trat die schon 1819 aus der früher bestehenden Kammerleihbank organisirte, von den Ständen garantirte Landesbank zu Altenburg als Landrentenbank mit ihrem sehr bedeutenden Credit u. Fonds vermittelnd u. ausgleichend ein. Ferner wurden auf diesem zweiten Landtag jährlich 5000 Thlr. zur Verbesserung der geringdotirten geistlichen Stellen u. zur Erbauung eines, zugleich das erweiterte Schullehrerseminar aufnehmenden Gymnafialgebäudes[715] (Josephinum, eingeweiht 1. Nov. 1841) bedeutende Summen verwilligt; ebenso zum fortgesetzten Chausseebau, zur Freimachung des zeitherbelasteten, in seiner Zinsnutzung dem regierenden Herzog zustehenden sogenannten Josephinischen Fideicommisses u. Stiftungskapitals; auch zur neuen Feststellung der Schuldenamortisation, zur Verbesserung der Strafanstalt auf der Leuchtenburg etc. Auch kam bereits die Eisenbahn, die von Leipzig aus über Altenburg nach Krimmitzschau. Plauen u. Hof gebaut werden u. so Nord- u. Süddeutschland verbinden sollte, u. ein Expropriationsgesetz zur Berathung. Der Bau der Bahn begann 1841, die Bahn wurde 1842 bis Altenburg eröffnet. Nach dem Jahre 1830 erwachte auch im Herzogthum Altenburg die Auswanderungslust. Seit 1834 zogen nicht wenig Familien u. Individuen nach Nordamerika (später auch nach Serbien u. nach Polen); die Staatsregierung hinderte es nicht u. gab ein Gesetz über Regulirung der privatrechtlichen Verhältnisse der Auswandernden (1841). Nur bei einer kleinen Partei, welche in Verbindung mit dem Prediger Stephan (s.d.) stand, war der kirchlich-religiöse Impuls zur Auswanderung unter Leitung der Pfarrer Gruber u. Löber 1838 u. 1839 vorherrschend. Der Wegzug dieser Leute wäre, wie anderwärts, als ein nicht ungewöhnliches Zeichen der Zeit bald wieder vergessen worden, hätte nicht ein durch den altenburgischen Generalsuperintendent Hesekiel, welcher eben damals die Generalvisitation in der Ephorie Ronneburg gehalten hatte, veranlaßtes, an die dortigen Diöcesanen gerichtetes u. sämmtlichen Landesgeistlichen im Druck mitgetheiltes Consistorialrescript vom 13. Nov. 1838, welches bald durch die Zeitungen veröffentlicht wurde, die Meinung geweckt, es werde darin jenen befangenen altlutherisch gesinnten Geistlichen zu sehr das Wort geredet, den übrigen Predigern des Landes ein Theil der Schuld an jenen Verirrungen u. Auswanderungen aufgebürdet u. eine Rückkehr zur Vortragsweise gewisser Dogmen ganz nach dem lutherischen kirchlichen Lehrsystem gefordert. Die Mißstimmung unter Geistlichen u. Laien nahm zu, als ein Artikel in der Rheinwaldschen Kirchenzeitung eben aus dieser Mißstimmung den Schluß zog die Kenntniß des wahren Christenthums sei im Altenburgischen Lande vielfach verloren gegangen u. man habe statt der Grund- u. Kernlehren desselben ganz andere Dinge gepredigt. Darauf erschienen Flugschriften für u. wider die Sache. Während dessen hatte das herzogliche Ministerium theologische Gutachten von den vier Facultäten in Jena, Göttingen, Heidelberg u. Berlin eingeholt, von welchen die drei ersten den Gegenstand vom Standpunkte der freien Wissenschaft u. des evangelischen Glaubens auf eine Weise beleuchteten, welche für jeden Theil beruhigend war, während blos das Berliner Gutachten im Geist der dort vorherrschenden Schule sich dahin vernehmen ließ, daß das Consistorialrescript bei weitem noch nicht stark u. entschieden genug geredet habe. Da es unverkennbar war, daß sich die höchste Staatsbehörde der Ansicht jener drei ersten Gutachten anschloß, so kehrte bald Friede u. Vertrauen zurück. Der dritte Landtag (Nov. 1840 bis Aug. 1842 nach dreimaliger Vertagung) beschäftigte sich nächst dem Budget mit dem neuen Münzwesen u. dessen Einführung nach der allgemeinen Münzconvention (s.d. e) von 1838 u. berieth ein Regulativ über Militärpensionen, eine Gesindeordnung, ein Gesetz über die Intestaterbfolge etc. u. discutirte das Criminalgesetzbuch des Königreichs Sachsen, ein Gesetz über die Vollziehung der Todesstrafen etc.; der Staatsregierung wurden die Mittel zur Ausführung des Baues der Eisenbahn zur Verfügung gestellt, der Landesuniversität Jena eine Dotationszutage zur Aufhülfe der Universitätsbibliothek verwilligt u. zur Beförderung der inländischen Landwirthschaft eine Summe zu jährlicher Verwendung nach dem Vorschlag der in beiden Landestheilen bestehenden landwirthschaftlichen Vereine ausgesetzt. Auch der Herzog von Altenburg nahm 1844 für sich u. seine Familienglieder das Prädicat Hoheit an (s. oben. S. 711). Der am 2, December 1814 eröffnete u. von da bis zum 23. December sowie vom 2. bis 13. Juni 1845 tagende vierte Landtag machte u.a. Verwilligungen zur Aufbesserung der gering besoldeten Schuklehrerstellen, zur Hebung der Landwirthschaft durch Aussetzen von Prämien u. Unterstützung neuer Versuche, zur Errichtung eines Landesirrenhauses (zu Roda) u. zur Fortsetzung von ausgedehnten Chausseebauten; ferner berieth er eine an alle Gerichtsbehörden des Landes zu erlassende Verordnung über die Ermittelung sämmtlicher Grundbesitzverhältnisse zum Behufe der vorzunehmenden Grundsteuer- u. Hypothekenregulirung u. sprach den Wunsch auf Abänderung der Vollziehungsweise der Todesstrafe im Sinne beschränktester Öffentlichkeit aus. Die gewünschte Öffentlichkeit der Landtagsverhandlungen war auch jetzt noch nicht nachgegeben worden, doch wurden die Ergebnisse der Berathungen später durch den Druck bekannt gemacht. Betreffs der beabsichtigten Grundsteuerregulirung erschien ein landesherrliches Patent vom 11. Juni 1845, zu dessen Vollziehung eine besondere Katastercommission niedergesetzt wurde. Am 25. März 1847 wurde der Vertrag mit dem Königreich Sachsen ratificirt, wonach die Sächsisch-Baiersche Eisenbahncompagnie aufgelöst u. das betreffende Eisenbahnunternehmen dem sächsischen Staatsfiscus zur alleinigen Vertretung gegen allmälige Rückzahlung der von der altenburgischen Regierung zugeschossenen Gelder u. unter vollständiger Wahrung ihrer Hoheits- u. Jurisdictionsrechte überlassen wurde; ebenso ging die seit 1818 der fürstlichen Thurn- u. Taxisschen Postadministration pachtweise überlassene Verwaltung des Postregals vom 1. August 1847 an, vorläufig auf 25 Jahre, an die königlich sächsische Administration über; endlich wurde unter dem 20. August ein Vertrag mit dem Königreich Sachsen abgeschlossen wegen gegenseitiger Abtretung der Gerichtsbarkeit, welche bis dahin von beiden Staaten auf dem Gebiete des andern durch unmittelbare Beamte ausgeübt worden war. Am 28. April wurde mit Belgien ein Vertrag wegen Auslieferung von Verbrechern abgeschlossen. Der Landtag war nur vom 22._– 27. März versammelt, u. seine Berathungen betrafen fast ausschließlich die Abtretung der Sächsich-Baierschen Eisenbahn u. die wegen der Theuerungsverhältnisse beantragten Verwilligungen. Die in Deutschland allgemeine Bewegung des Jahres 1848 zeigte hier vom Anfang an einen gemäßigten Charakter. In einer am 8. März stattfindenden Bürgerversammlung in Altenburg wurde eine Adresse berathen, welche neben den allgemeinen deutschen Wünschen nur Einschränkung der theuern Landesverwaltung u. zu diesem Zwecke Verschmelzung[716] des Domanialvermögens mit der Staatskasse verlangte; die städtischen Behörden erließen am nächsten Tage eine ähnliche Adresse. Beiden wurde vom Herzog Gewährung aller erfüllbaren Wünsche zugesagt u. deshalb auf die näch, tens zusammentretende Ständeversammlung hingewiesen. Einige Ruhestörungen kamen in diesen Tagen nur in Eisenberg vor; doch auch da wurde ihrer Wiederholung durch die sich rasch bildende Bürgerwehr vorgebeugt. Auch in Altenburg war eine Bürgerwehr entstanden u. nahm bereits an der am 20. März stattfindenden Vereidigung des Militärs auf die Verfassung Theil. 21._– 29. März tagten die bisherigen Landstände u. beschäftigten sich vorzugsweise mit der Berathung eines neuen Wahlgesetzes u. eines Gesetzes über Freiheit der Presse. Das erstere kam im Sinne unbeschränktester Wahlfreiheit zu Stande u. schrieb directen Wahlmodus, Aufhebung der seitherigen Ständevertretung u. Wegfall jedes Wahlcensus vor. Förmliche Excesse waren inzwischen nur im westlichen Landestheil, namentlich in den Dörfern, vorgekommen, doch war schon Anfangs April die Ruhe wieder hergestellt. Dagegen wuchs im östlichen Theile die Aufregung, durch Clubs u. Volksversammlungen genährt, mit jedem Tage. Zunächst richtete sich die Agitation auf Bestürmung des Herzogs um Beschleunigung der Wahlen u. der Berufung des Landtags, während von die äußerste Partei, ihrem anfänglichen Programm untreu werdend, die republikanische Staatsform als ihr Strebziel hinstellte u. täglich an Anhang unter der Masse gewann. Unter diesen Umständen gaben die bisherigen Minister am 24. Mai ihre Entlassung, worauf der Herzog von Planitz u. Jese zu Ministern ernannte. Da die radikale Partei jetzt stürmisch die Entfernung des inzwischen einberufenen Militärs verlangte u. bereits einzelne Gewaltthätigkeiten versuchte, so verfügte das Ministerium die Verhaftung der Volksführer, welche am Morgen des 18. Juni ausgeführt werden sollte. Da erhoben sich sofort unter Sturmgeläute Barrikaden in Altenburg, zu deren Besetzung fast die gesammte Bürgerwehr u. der überall aus dem Lande herbeiströmende Zuzug verwendet wurde. Das vom Ministerium requirirte königlich sächsische Militär blieb vor der Stadt u. besetzte nur den Bahnhof, als sächsisches Staatseigenthum; das altenburger Militär war im herzoglichen Schlosse u. in dessen Nähe außerhalb der Stadt aufgestellt. Während man so von beiden Seiten abwartend sich gegenüber stand, fanden durch einzelne Deputationen wiederholte Verhandlungen mit dem Herzog statt, als deren Ergebniß am 19. eine Ministerialbekanntmachung erschien, wonach das sächsische Militär alsbald unter der Bedingung, daß die Barrikaden abgetragen würden, zurückgezogen, auch das diesseitige Militär sobald als möglich vermindert werden, Amnestie für alle bisherigen politischen Verbrechen eintreten u. die Eröffnung des Landtages ohne Aufschub erfolgen sollte. Darauf wurden bis zum 20. die Barrikaden entfernt u. die Ruhe kehrte äußerlich zurück. Am 22. Juni fand die Eröffnung des neuen Landtags, in welchen die demokratische Partei eine große Zahl ihrer Bestrebungsgenossen gewählt hatte, statt. Zu den vornehmsten Gegenständen seiner Berathungen gehörten: ein Gesetz über Creirung von 500,000 Thlrn. Papiergeld (publicirt am 16. Juli), die Aufhebung der Fleisch-, Polizei- u. Hausgenossensteuer, die Aufhebung des Jagdrechtes auf fremdem Grund u. Boden (Verordnung vom 24. Sept.), die Einleitung zur Einführung einer Einkommensteuer, die Herabsetzung der vierjährigen Finanzperiode auf eine zweijährige, ein Gesetz über die ständische Initiative (publicirt am 21. Oct.), ein Gesetz über die Unverletzbarkeit der Landtagsabgeordneten (publicirt am 23. Nov.), endlich die Verschmelzung des Kammervermögens mit dem Obersteuervermögen u. Feststellung einer Civilliste für den Herzog. Inzwischen war nach dem Juniaufstand die Stellung der Parteien eine noch viel feindseligere geworden u. es wurde offner als je für die Republik gewirkt (wie ein im August zu Altenburg tagender Congreß thüringischer Demokraten die Einführung einer thüringischen Republik unter seine Beschlüsse aufnahm), die Angriffe gegen das Ministerium wurden immer heftiger, das Militär wurde immer schwieriger gemacht, in mehren kleinen Fabrikstädten des Landes erhoben sich Arbeiterbewegungen. Unter solchen Umständen berücksichtigte das Reichsministerium zu Frankfurt bei der beschlossenen Aufstellung verschiedener Observationscorps von Reichstruppen zur Wahrung von Gesetz u. Ordnung, zugleich mit den Thüringischen Staaten auch Altenburg. Trotzdem daß der Landtag unter dem 26. Sept. einen Protest gegen die militärische Besetzung des Landes erhob u. eine besondere Deputation damit nach Frankfurt sandte, rückten am 2. Oct., während die Stadt sich in furchtbarster Aufregung befand u. selbst die Bürgerwehr u. Freicorps von ihren demokratischen Anführern zum Widerstand aufgestellt wurde, ein königl.-sächsisches Truppencorps von 6000 Mann in Altenburg ein u. besetzte zugleich die Umgegend, zog jedoch allmälig nach Thüringen weiter, worauf am 27. Oct. eine gleiche Anzahl hannöverischer Truppen in Altenburg anlangte, zugleich mehre Städte des Landes besetzte u. erst gegen Ende des Jahres wieder abzog, abermals durch sächsisches Militär ersetzt, an dessen Stelle endlich im März des folgenden Jahres Preußen einrückten u. das Herzogthum besetzten. Dem ersten Einzuge der sächsischen Truppen war unmittelbar auch die Ankunft eines Reichscommissärs gefolgt. Die altenburgischen Truppen verließen das Land am 5. Oct., um zunächst bei der Besetzung Thüringens verwendet zu werden, bis sie im Anfang 1849 nach Holstein marschirten, am Dänischen Kriege Theil nahmen u. von da erst im August nach Schließung des Waffenstillstandes zu Malmö nach der Heimath zurückkehrten. Seit der Besetzung des Landes durch Reichstruppen kehrte ein geordneter Zustand zurück, wenn auch noch einzelne Aufläufe vorkamen, u. am 24. Nov. wurde die Bürgerwehr aufgelöst.

Nach dem am 28. November erfolgten Tod der Herzogin Amalie legte Herzog Joseph am 30. November die Regierung zu Gunsten seines Bruders Georg nieder. Die nächste Folge hiervon war der Rücktritt des bisherigen Ministeriums, worauf Herzog Georg ein neues Ministerium berief, bestehend aus von der Gabelentz, Graf Beust u. Sonnenkalb. Am 21. December kam zwischen dem Herzog u. der Landschaft eine Vereinbarung über die Verschmelzung des Kammervermögens mit dem Obersteuervermögen u. die Festsetzung einer Civilliste zu Stande; hiernach ging das herzogliche Vermögen an Domanialbesitz, Kammergütern, Waldungen etc., jedoch mit Vorbehalt des Wiederauflebens der Ansprüche an dasselbe, wenn[717] das herzogliche Haus zu regieren aufhören sollte, an den Staat über, wogegen für den Herzog eine Civilliste von 100,000 Thlrn., mit Einschluß der Apanagen für die Prinzen, festgestellt wurde. In Folge hiervon wurden die zeither mit Verwaltung des Kammer- u. Staatsvermögens betrauten Behörden aufgelöst u. es trat dafür vom 1. Jan. 1849 an ein Finanzcollegium in Wirksamkeit. Hinsichtlich der Deutschen Frage hatte die Altenburgische Regierung zu dem Frankfurter Verfassungswerke gestanden u. publicirte die Reichsgesetze, so unter dem 12. Jan. 1849 die Deutschen Grundrechte u. am 15. Mai die Verfassung des Deutschen Reichs nebst Reichswahlgesetz. An den Schritten der übrigen thüringischen Fürsten, um den König von Preußen zur Annahme der Deutschen Kaiserkrone zu bewegen, nahm auch der Herzog von Altenburg Theil, wie sich die Regierung auch ungesäumt der Collectivnote der 28 deutschen Regierungen vom 14. April 1849 betreffs der Kaiserwahl anschloß. Nachdem aber der König von Preußen die Kaiserkrone ausgeschlagen hatte, lehnte die Regierung am 7. Mai die Einladung der Preußischen Regierung zu neuen Berathungen über die deutsche Verfassungsfrage ab. Als die Nationalversammlung zum Parteiclub herabgesunken war, verfügte die Regierung die Abberufung der diesseitigen Abgeordneten von Frankfurt u. trat am 26. Juli bis 14. August dem Dreikönigsbündnisse bei. Auch an den Thüringischen Conferenzen (s. oben S. 704) betheiligte sich die Regierung, wie auch die Zusammenkünfte thüringischer Landtagsabgeordneten von Altenburg aus beschickt wurden. Indessen hatte sich das Land äußerlich mehr u. mehr beruhigt; obgleich eine große Menge sogenannter Märzvereine, bes. im östlichen Theile des Landes, bestanden, fand doch eine revolutionäre Bewegung für die Reichsverfassung nirgends statt. Nach Aufgabe des thüringischen Vereinigungsprojectes verfolgte nun die Demokratie als Ziel den Anschluß des Herzogthums an das Königreich Sachsen; der Landtag aber, dessen rechte Seite allmälig wieder zur Majorität gelangt war, ging über die in diesem Sinne an ihn erlassenen Petitionen am 30. März zur Tagesordnung über. Die Thätigkeit der Stände war außerdem in diesem Jahre zunächst auf das Steuerwesen gerichtet (es wurde über Anordnung einer Personalsteuer, Ausdehnung der Grundsteuer auf bisher Steuerfreie etc. beschlossen), außerdem beriethen sie Gesetze über die Ablösung des Lehngeldes u. aller Zwangsverhältnisse, über Einführung freier Gerichtstage, über die Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit, wie der Jurisdiction geistlicher u. anderer Lehnstellen, ein provisorisches Gesetz über Einführung von Schwurgerichten für politische u. Preßvergehen (welche noch im Laufe des Jahres ins Leben traten). Ein Gesetz vom 24. Febr. hatte schon vorher die allgemeine Militärpflicht festgestellt u. die Stellvertretung aufgehoben. Am 1. Jan. 1850 erreichte die Besetzung des Landes durch Reichstruppen ihr Ende, u. das inländische Militär übernahm wieder allein den Garnisondienst. Am Jahresanfang wurde auch an Stelle des bereits im August vorigen Jahres wieder zurückgetretenen Ministers von der Gabelentz, Graf Beust mit dem Vorsitz im Ministerium betraut. Hinsichtlich der deutschen Frage hielt die Regierung an dem preußischen Bündnisse fest u. der Herzog nahm persönlich an dem Berliner Fürstencongreß Theil. Das Erfurter Parlament wurde durch zwei Abgeordnete beschickt u. die Anerkennung des Interims erklärt. Der in drei Perioden versammelte Landtag berieth u.a. ein Jagdpolizeigesetz, ein Gesetz wegen Abänderungen einzelner Bestimmungen des Schwurgerichtsgesetzes u. namentlich auch ein neues Wahlgesetz, wonach der künftige Landtag aus 30, in unmittelbaren, an verschiedene Bedingungen geknüpften Wahlen gewählten Abgeordneten (9 von den Städten, 12 von den Landgemeinden, 9 von den Höchstbesteuerten) bestehen sollte; die bisher zweijährige Finanzperiode wurde zugleich in eine dreijährige umgewandelt. Zuletzt beschäftigte sich die Landschaft vornehmlich mit Berathung einer neuen Strafproceßordnung, mit Gesetzen wegen Aufhebung des Lehnsverbandes, wegen Entschädigung für Wegfall der Grundsteuerfreiheit u. mit dem Gesetzentwurf über Bildung neuer Religionsgesellschaften (publicirt am 24. Jan. 1851). Inzwischen war die Ruhe im Lande völlig wiedergekehrt u. die Regierung war sowohl auf den Dresdener Conferenzen vertreten, als betheiligte sich auch an der Wiederbeschickung des wiederhergestellten Bundestages. Für den am 12. Juni 1851 eröffneten Landtag hatte sich die Demokratie der Wahlen fast gänzlich enthalten, so daß die Landschaft einen conservativen Charakter an sich trug. Zu den wichtigsten Berathungsgegenständen des Landtages im Jahre 1851 gehörte eine Geschäftsordnung für den Landtag, eine Dorfordnung, einige die Berechtigten mehr begünstigende Abänderungen in Bezug auf die Ablösung der den Pfarreien, Schulen etc. zustehenden Realberechtigungen. Im Jahr 1852 wurden in Zusammenhang mit den Bundesbeschlüssen vom 23. August 1851 die Grundrechte wieder außer Wirksamkeit gesetzt, doch sollten die bereits in die Landesgesetzgebung verfassungsmäßig übergegangenen Bestimmungen derselben (wie über Jagdrecht, Militärpflicht, über die Presse, Ablösungen, Aufhebung des Lehnsverbandes u. der Patrimonialgerichte etc.) bis auf We. teres fortbestehen. In der Zollfrage ging Altenburg mit den Thüringischen Regierungen im Anschluß an Preußen zusammen u. betheiligte sich endlich mit ihnen bei der Erneuerung der Zollvereinsverträge mit Preußen. Der dem vom 26. April bis 10. Juni tagenden Landtag vorgelegte Plan hinsichtlich der Umgestaltung der Gerichtsbehörden wurde genehmigt; die neue Strafproceßordnung ließ den öffentlich-mündlichen Anklageproceß mit Schwurgerichten fortbestehen; ferner berieth der Landtag Gesetze über das Civilproceßverfahren u. über die Aufhebung des privilegirten Gerichtsstandes, die Grund- u. Hypothekenbücher u. über das Hypothekenwesen (publicirt am 13. Oct) u. genehmigte die Wiedereinführung einer Fleischsteuer. Gegen das Ende des Jahres trat das Ministerium Beust zurück u. an die Spitze des neuen Ministeriums wurde Anfangs Febr. 1853 der preußische Landrath von Larisch berufen.

Nachdem der Herzog Georg aus Gesundheitsrücksichten bereits unter dem 28. Mai die Leitung der Regierungsgeschäfte seinem älteren Sohne, dem Erbprinzen Ernst, zeitweilig übertragen, starb er den 3. August auf dem Jagdschlosse Hummelshain u. Herzog Ernst übernahm die. Regierung des Landes. Der Landtag trat nach anderthalbjähriger Vertagung am 21. Nov. zusammen u. huldigte zunächsi dem neuen Regenten, dann vernahm er die Erklärung des neuen Ministeriums, daß es seine Aufgabe[718] darin erkenne die durch die Gesetzgebung der jüngsten Jahre bewirkten Rechtsverletzungen wieder aufzuheben od. doch thunlichst zu mildern. Nach diesen Gesichtspunkten bestimmten sich nun auch die meisten der dem Landtage von der Regierung gemachten Vorlagen, so ein Gesetzentwurf wegen dauernder Regelung der Rechtsverhältnisse am Domanialvermögen, unter Aufhebung des Civillistenvertrags von 1849, gegen dessen Gültigkeit ohnehin schon mehre Agnaten früher protestirt hatten. Der Entwurf erhielt, nur wenig abgeändert, die landständische Zustimmung; demgemäß wurde das Domänenvermögen für das Eigenthum des Herzoglichen Hauses erklärt u. nach erlangter Zustimmung der Agnaten das Gesetz unter dem 18. März 1854 publicirt (Vgl. Sachsen-Altenburg [Geogr.] S. 664). Auch die Gesetzvorlagen wegen Aufhebung der landständischen Initiative, wegen Aufhebung des befreiten Gerichtsstandes, wegen einer neuen Criminalproceßordnung (demgemäß namentlich Mündlichkeit, Öffentlichkeit u. Anklageverfahren fortbestehen, an die Stelle der Geschwornen aber rechtsgelehrte Richter treten sollten) u. wegen der neuen Gerichtsorganisation des Herzogthums nahm die Landschaft an. Unter den Staatsverträgen, denen S.-Altenburg im Laufe des Jahres beigetreten war, sind der wegen Auslieferung flüchtiger Verbrecher zwischen Preußen etc. u. den Vereinigten Staaten von Nordamerika zu Stande gekommene Vertrag u. ein Telcgraphenvertrag mit Sachsen wegen Durchführung der Telegraphenlinie von Leipzig nach Zwickau u. Hof u. Benutzung derselben hervorzuheben. Für das Militär war die Vereidigung auf die Verfassung in Wegfall gekommen u. dafür der frühere Soldateneid wieder hergestellt worden. Am 1. Aug. 1854 trat die neue Gerichtsorganisation u. die neue Strafproceßordnung ins Leben. Der neugewählte Landtag wurde am 14. Nov. eröffnet u. berieth das Grundsteuer- u. einige andere Gesetze, wurde aber nach Ablehnung des neuen Wahlgesetzes am 14. Dec. aufgelöst. Am 21. Mai 1854 erfolgte der Tod des vormaligen sächsischen Staatsministers u. bis 1848 lange Jahre gewesenen Landschaftspräsidenten in Altenburg, von Lindenau, welcher durch die reichsten Vermächtnisse im Interesse der Unterstützung von Kunst, Wissenschaft u. höherer Gewerbthätigkeit, zur Belohnung von Dienstbotentreue, zur Unterstützung geringbesoldeter Geistlichen u. Lehrer etc. seinen Namen zu einem unvergeßlichen u. gesegneten für sein Vaterland gemacht hatte. Im Jahre 1855 wurde zunächst durch höchste Verordnung vom 12. März das Wahlgesetz von 1850 aufgehoben u. an dessen Stelle die Wahlordnung des Grundgesetzes von 1831 mit wenigen Abänderungen, unter Vorbehalt der landschaftlichen Zustimmung, wieder in Kraft gesetzt, dieselbe ertheilte auch der hiernach gewählte u. am 23. Oct. eröffnete Landtag. Seine Berathungen galten dann vornehmlich den Gesetzentwürfen wegen Entschädigung des früher grundsteuerfreien, nun zur Grundsteuer herangezogenen Grundbesitzes, wegen Entschädigung der Berechtigten bei den geistlichen Ablösungen, wegen der Jagdentschädigungen für früher zur Jagd auf fremdem Grund u. Boden berechtige Personen, wegen Regelung des Verhältnisses der unmittelbaren Staats-, Hof-, Kirchen- u. Schuldiener zu den Gemeinden, in welchen sie durch ihre Anstellung Heimathsrecht erworben haben etc. Unter den im Laufe des Jahres erlassenen Gesetzen u. Verordnungen befanden sich, außer den durch die Landtagsbeschlüsse bereits bezeichneten, die Publicationen der Bundesbeschlüsse bezüglich des Vereinswesens u. der Verhinderung des Mißbrauches der Presse. Abgeschlossen wurde im Juli 1855 ein Vertrag mit der Krone Sachsen wegen des Baues u. Betriebes einer Eisenbahn von Gößnitz nach Chemnitz u. am 21. Jan. 1856 eine Übereinkunft mit den Regierungen von Weimar, Meiningen, Gotha u. Rudolstadt wegen gegenseitiger Annahme des Papiergeldes der betreffenden Staaten (welcher später auch Reuß jüngerer Linie beitrat) u. 10. Oct. ein Staatsvertrag mit Sachsen, Reuß jüngerer Linie u. Weimar wegen Anlegung einer Telegraphenlinie zwischen Altenburg u. Weimar über Gera u. Jena.

Die Gesetzsammlung vom Jahre 1857 veröffentlichte die mit der Ende 1856 versammelt gewesenen Landschaft verabschiedeten Gesetze; durch dieselben wurde die Stellvertretung beim Militär wieder eingeführt (Gesetz vom 22. Jan. 1857), das Heirathen der männlichen Landesunterthanen vor dem 24. Lebensjahre untersagt, die Vorschriften über Heimathsrecht u. Armenwesen ergänzt u. erläutert, der Anschluß an den Deutsch-österreichischen Münzvertrag vom 24 Jan. 1857 publicirt, ferner eine Verordnung wegen Regelung der Rechtsverhältnisse der Kirchenpatrone nach Einziehung der vasallitischen Patrimonialgerichtsbarkeit betreffend vom 12. März 1857, das Gesetz über Zusammenlegung von Grundstücken vom 20. April 1857 u. das Gesetz vom 1. Mai 1857, die Revision des Grundgesetzes, insonderheit die landschaftlichen Wahlen betreffend, wornach die jetzt geltende Zusammensetzung der Landesvertretung bestimmt wurde (s. oben S. 664). Dem von der letzten Landschaft selbst gestellten Antrage entsprechend wurde unterm 7. Aug. 1857 deren Auflösung verordnet u. die neugewählte Landschaft trat am 23. Jan. 1858 zusammen, wurde am 19. Febr. wieder vertagt u. für den 16. Nov. wieder einberufen. Aus ihren Berathungen gingen wiederum eine Anzahl wichtiger Gesetze hervor; das auf eine Einschätzung des Grundvermögens im ganzen Lande basirte, bereits unterm 21. Febr. 1855 publicirte Grundsteuergesetz wurde 20. Febr. 1858 endlich in Kraft gesetzt. In wesentlichem Zusammenhang mit einander standen zwei Gesetze, die Ausschließung der auf jeden Inhaber lautenden öffentlichen Werthpapiere von der Vindication u. anderen dinglichen Klagen u. die Außer- u. Wiederincourssetzung von dergleichen Werthpapieren vom 16. März 1858. Durch Gesetz vom 10. April 1858 wurde das Zollgewicht als allgemeines Landesgewicht eingeführt. Regierungsverordnungen, welche im Laufe des Jahres ergingen, ordneten in Polizeisachen ein Mandat- u. Contumacialverfahren an u. verwiesen die Bestellung des Aufgebots vom Pfarrer des künftigen Hausstandes an den der Braut. Ein Vertrag wegen Durchführung der (am 19. März 1859 eröffneten) Weißenfels-Geraer Eisenbahn durch das Altenburgische Gebiet sicherte unweit des Altenburgischen Dorfes Hartmannsdorf eine Anhaltestelle. In Ronneburg wurde eine Telegraphenstation errichtet, die von Gößnitz nach Glauchau führende Eisenbahn am 15. Nov. eröffnet. Mit der am 16. Nov. 1858 zusammengetrete neu Landschaft wurde verabschiedet ein Gesetz über die Wahl eines Landtagsabgeordneten aus dem Handels- u. Fabrikstande, eine Revision der landschaftlichen[719] Geschäftsordnung, der Finanzhauptetat für 1859–61, eine Erhöhung der herzoglichen Civilliste um 15,000 Thlr. Für den Bau eines neuen Landesbank- u. Bibliothekgebäudes in Altenburg wurden in dieser u. der folgenden Finanzperiode namhafte Summen bewilligt (der Bau wird 1862 beginnen). Die politischen Stürme des Jahres 1859 ließen auch S.-Altenburg nicht ganz unberührt; in Folge des bezüglichen Beschlusses der Deutschen Bundesversammlung wurde das Contingent mobil gemacht, tam jedochnicht dazu seiner Bestimmung gemäß zur Besatzung der Bundesfestung Mainz abzurücken Bei den Ende Nov. zu Würzburg stattfindenden Ministerconferenzen war auch S.-Altenburg vertreten, doch wahrte es sich die Freiheit der Entschließung. Ein unterm 9. April 1859 veröffentlichtes Gesetz die Güter- u. Grundstückszerschlagungen betreffend band Zerschlagungen u. Abtrennungen von sogenannten geschlossenen Gütern (mit mehr als fünf Ackern Pertinenzgrundstücken) an die Regierungserlaubniß u. verbot die Zertheilung in Trennstücken unter 1/2 Acker. Das im Königreich Sachsen neuerlassene Postgesetz wurde auch für S.-Altenburg publicirt, dessen Post von der Krone Sachsen mit verwaltet wird. Am 14. Nov. 1859 trat die Landschaft von Neuem zusammen u. vereinbarte mit der Regierung den 1. Febr. 1860 publicirten Receß wegen Abtretung der domanialsiscalischen Regalien an den Staatsfiscus, durch welchen die zeither mit dem herzoglichen Domänenvermögen vereinigt gewesenen nutzbaren Regalien u. sonstigen Gerechtsame staatsrechtlicher Natur (namentlich das Straßen-, Jurisdictions-, Post-, Münz-, Concessions-, Salz-, Saalenfloß- u. Bergregal u. einige specielle Steuerbezüge) an den Staatsfiscus eigenthümlich abgetreten, gleichzeitig aber der noch übrig gebliebene Theil des Domanialvermögens (im Wesentlichen aus geschlossenen Gütern, Forsten, Grundstücken, Lehngeldern, Grundzinsen, Activ- u. Passivcapitalien bestehend) der aufhaftenden besonderen Verpflichtungen zu Leistungen für staatliche Zwecke entbunden u. demselben sonach die Natur eines blos privatrechtlichen Eigenthums des herzoglichen Hauses verliehen wurde; damit wurde namentlich auch die Mitgarantie des Domänenvermögens für die Landes- u. Landrentenbank aufgehoben. Ein Gesetz von 18. Febr. 1860 regelte die Vertheilung u. Vergütung von Militärlasten. Der Generalcommission für Ablösungen in Altenburg wurden durch Staatsvertrag vom 21.-30. Sept. 1860 auch die Geschäfte einer Generalcomm ission für Grundstückszusammenlegungen im Fürstenthum Reuß jüngerer Linie übertragen. Seit Febr. 1860 wurde mit Ausgabe neuer zehnthäleriger Kassenscheine gegen Einziehung eines gleichen Betrags der älteren einthälerigen Scheine begonnen. Ein dem vom 17. April bis 10. Mai 1861 tagenden Landtage vorgelegter Gesetzentwurf wegen Aufhebung der Landesregierung u. des Finanzcollegiums als Mittelbehörden u. dem entsprechend veränderter Gestaltung des Ministeriums wurde noch vor der Berathung im Plenum zurückgezogen; dagegen fanden u.a. Gesetzentwürfe über Erstreckung des Hypothekengesetzes auf die Güter der Todten Hand u. über die strafprocessualische Behandlung des Verbrechens der Beschädigung fremden Eigenthums Annahme. Unterm 8. Oct. wurde das bereits von der vorigen Landschaft berathene Gesetz aber einige Verhältnisse des Civilstaatsdienstes publicirt, welches die Pflichten der Staatsdiener, die disciplinaren Mittel gegen dieselben u. ihre Rechte bei Versetzung u. Pensionirung regelte. Der Entwurf eines Gewerbegesetzes, welcher, aus einer Vorberathung von Regierungsabgeordneten der sämmtlichen Thüringischen Staaten zu Weimar hervorgegangen u. im Anschluß an das königlich sächsische Gewerbegesetz wesentlich auf dem Grundsatze der Gewerbefreiheit basirt, durch die altenburgische Regierung zuerst veröffentlicht wurde, ist weder der seit dem 21. Nov. 1860 wieder versammelten, noch der am 12 März 1862 wieder einberufenen Landschaft zur Berathung vorgelegt worden. Der günstige Stand der Finanzen gestattete von 1862 ab eine wesentliche Herabsetzung der Grund-, Gewerbe- u. Personal-, sowie der Schlachtsteuer. Die in derselben Diät vorgelegten Gesetzentwürfe über Kirchen- u. Schullasten u. über die Besoldungsverhältnisse der Volksschullehrer, sind zur Zeit noch nicht zur Discussion gekommen. Außerdem aber wurden bei Eröffnung der Session, am 12. März 1862, der Landschaft namentlich eine Vorlage über Unterstützung des Projects einer Eisenbahn von Gößnitz über Schmölln u. Ronneburg nach Gera durch Übernahme eines namhaften Theils des Actiencapitals unter Rücktritt beim Zinsgenuß od. Gewähr einer beschränkten 20 jährigen Zinsgarantie gemacht u. hiermit im Zusammenhang die Bildung eines separaten Eisenbahnfonds vorgeschlagen, welcher mit Überschüssen der Landesbank u. der Finanzverwaltung dotirt werden soll.

c) Sachsen-Koburg-Gotha. Diese Linie ist eine Fortsetzung der Linie Koburg, s. oben S. 709. Der Herzog Ernst I. behielt seine Residenz in Koburg. Durch Verordnung vom 30. Oct. 1828 wurde die Landesverwaltung neu organisirt u. an die Spitze desselben das Ministerium gestellt, welchem zwei Justizcollegien (welche die Leuterungsbehörden, aber das Oberappellationsgericht in Jena die letzte Entscheidung bilden) u. zwei Landesregierungen in Koburg u. Gotha, das Oberconsistorium in Gotha, zwei Kammercollegien, ein Obersteuercollegium u. eine Militärverwaltungskammer untergeordnet sind, Am 6. December 1828 fand die erste Ständeversammlung der vereinigten Herzogthümer Statt; da aber Gotha seine alte Feudalverfassung beibehielt, so blieben die Landstände in zwei Abtheilungen geschieden, nur erhielten die bürgerlichen Gutsbesitzer in Gotha das ihnen bisher verweigerte Stimmrecht; 1829 wurde die koburgische Verfassung in Einigem modificirt. Von den Unruhen 1830 blieb Koburg u. Gotha verschont, doch traten 1832 Unruhen in Lichtenberg ein, welche aber mit Hülfe von preußischem Militär bald wieder gestillt wurden. Die Landtage gingen nun in Koburg alle 6 Jahre, in Gotha alle 2 Jahre verfassungsmäßig ruhig fort. 1831 bekam Gotha eine neue Stadtordnung. Schon seit 1807 hatte das Ersparungssystem des Herzogs Ernst die sehr gestörten Finanzen Koburgs wieder empor gebracht. Die Schulden der gothaischen Kammer (800,000 Thlr.) u. der Landschaft (860,000 Thlr.) wurden 1829 auf besonderen Befehl veröffentlicht u. zu 31 Procent verzinslich gemacht, auch ein jährlicher Tilgungsfond bestimmt; auch in Koburg wurde 1838 die Schuld auf 1,650,000 Fl. sammt Reservefond fixirt, 34 Proc. wurden zur Verzinsung, 11/2 Proc. zum Tilgungsfond bestimmt. Am 31. Mai 1834 verkaufte der Herzog sein Fürstenthum Lichtenberg an Preußen für 2 Mill.[720] Thlr., größtentheils in Domänen. Am 1. Jan. 1834 trat der neue allgemeine Deutsche Zollverein für die Herzogthümer in Wirksamkeit. Für die Wohlfahrt des Landes wurde fortwährend gesorgt. In Koburg wurde 1830 eine neue Patrimonialgerichtsordnung, 1834 eine Salzregie eingeführt, 1835 das Consistorium als zweite Section mit der Landesregierung vereinigt, 1836 eine neue Steuerordnung, auch eine umfassende Communalordnung für die Landgemeinden, 1837 eine bessere Eintheilung in Ämter eingeführt. In Gotha wurde 1829 eine neue, mit der koburgischen übereinstimmende Organisation des Forstwesens, 1830 eine neue Eintheilung der Justiz- u. Rentämter u. 1839 der geistlichen Unterbehörden für Kirchen u. Schulen eingeführt, das Land in neun Ämter getheilt u. in Gotha ein bes. Criminalamt organisirt u. 1833 eine Städte- u. 1834 eine Landgemeindenordnung eingeführt. Trotz seiner Sparsamkeit wußte Herzog Ernst schöne Bauwerke u. Anlagen zu schaffen; in Koburg baute er ein Residenzschloß u. die Rosenau, verschönerte die alte Feste Koburg mit ihren Umgebungen, ließ das alte Schloß Kahlenberg umbauen, so wie bei Gotha das Lustschloß Reinhardsbrunn, in Gotha u. Koburg neue Theater. 1837 zeigten sich bedeutende Münzdifferenzen; Koburg hatte nämlich früher Scheidemünzen, wie auch die anderer Staaten, von geringerem effectiven Werth, als der Nominalwerth war, in großer Menge geprägt, welche es jetzt plötzlich u. auf kurze Frist verrief; dies erzeugte laute Unzufriedenheit, u. nach ernstem Widerspruch der benachbarten Staaten wurde die Frist der Zurücknahme verlängert. Bei dem Landtag 1842 ergaben sich Differenzen über die Wahlen, u. die Landschaft erklärte, als der Anerkennung des Deputirten der Stadt Koburg von der Regierung Schwierigkeiten in den Weg gelegt wurden, daß sie wichtigen Verhandlungen ihre Zustimmung verweigern müßte, so lange die fragliche Wahl im Zweifel bliebe. Nach 11/2 Monaten erfolgte aber diese Einführung. Doch über die Ergänzung der Deputirten ergaben sich neue Schwierigkeiten, u. der Landtag wurde am 3. März 1842 aufgehoben. Auch wurde von koburgischer Seite die Regierung beschuldigt, daß in Koburg lange nicht so viel von Steuern erlassen worden wären, als es durch den Mehrertrag aus dem allgemeinen Deutschen Zollverein bezogen hätte. Hieraus entstanden Reibungen zwischen der Regierung u. den Unterthanen, u. namentlich weigerten sich die Wähler der Stadt Koburg, angeblich wegen Beeinträchtigung der bisherigen Wahlform, zu wählen, u. es kam, da sie endlich doch wählten, dahin, daß die bereits auf dem 12. November 1843 einberufenen Landesdeputirten am 18. Novbr. nochmals entlassen wurden. Während dieser Differenzen der constitutionellen Stände von Koburg erledigte Gotha mit seinen alten feudalen Ständen mehre Differenzpunkte, so wurde namentlich die Erledigung der Steuerfreiheit der Rittergüter in Gotha freiwillig vom Landtag angeboten u. angenommen. Am 29. Jan. 1844 st. der Herzog Ernst I. Während seiner Regierung war das Haus Koburg in glänzende Familienverbindungen mit den Häusern Europa's auf Thron u. zu großem Reichthum gekommen: seine Schwester Victoria heirathete den Herzog von Kent u. wurde Mutter der jetzigen Königin Victoria von England; sein Bruder Leopold wurde König der Belgier; sein älterer Bruder Ferdinand vermählte sich mit der reichen Erbin von Kohary, u. von dessen Kindern wurde Prinz Ferdinand Gemahl der Königin von Portugal; Prinz August heirathete die Prinzessin Clementine u. die Prinzessin Victoria der Herzog von Nemour, beide aus dem damals königlichen Hause Orleans; des Herzogs eigener Sohn Albert wurde von der Königin Victoria von England zum Gemahl gewählt (s.u. Sachsen, Genealogie I. II. 3).

In Koburg-Gotha folgte auf Ernst I. dessen älterer Sohn Herzog Ernst II. Er glich die Differenzen mit den Ständen größtentheils durch Berufung eines außerordentlichen Landtags 1844 aus u. war hauptsächlich Ursache, daß die herzoglichen Sächsischen Häuser im Frühjahr 1844 den Titel Hoheit annahmen, welcher im September 1844 von den größeren Höfen des Deutschen Bundes anerkannt wurde. Die Stände bewilligten 1845 ein durch den thüringischen Eisenbahnbau erforderlich gewordenes stilles Staatsanlehen von 600,000 Thalern u. gewannen das Recht fortan ihre Sitzungen öffentlich zu halten, wurden jedoch wegen mehrer Beschwerden der Stände wider das Ministerium 19. December aufgelöst. Das Jahr 1846 führte für Koburg endlich eine Einigung hinsichtlich des Verhältnisses der fürstlichen Privatrechte zu den ständischen Ansprüchen herbei; der lange Streit hierüber wurde dadurch beigelegt, daß Herzog Ernst bis zur völligen Tilgung der gegenwärtigen Staatsschuld 2/5 u. später 1/3 aus dem Reinertrag der Domänen zu den Kosten der Staatsverwaltung zu verwenden sich bereit erklärte u. den Ständen ein Mitberathungsrecht hinsichtlich des Domänenertrags einräumte. Übrigens votirte die neuerwählte u. am 18. Juni eröffnete Ständeversammlung u.a. ein Wahlgesetz (publicirte am 9. December), welches der so lange bestrittenen landesherrlichen Eintrittsbewilligung nicht weiter gedachte, u. ein Gesetz vom 23. Decbr. über die Verantwortlichkeit der höheren Staatsbeamten bei Verfassungsverletzungen vollendeten die Ausgleichung; wozu 1847 noch ein Gesetz vom 6. Juli über den ständischen Ausschuß kam, welcher zwischen den einzelnen Landtagsdiäten die landständischen Geschäfte zu besorgen habe. Für eine zeitgemäße Umgestaltung des altlandständischen gothaischen Landtages, welcher sich 1846 hauptsächlich mit Hypothekenwesen, Zusammenlegung der Felder, Zuschüssen zu Staatsanstalten, Straßen- u. Eisenbahnbau u. dem Steuerwesen beschäftigte, sprach sich 1847 eine Petition an den Herzog aus, womit sich der Herzog übrigens selbst bereits seit längerer Zeit beschäftigt hatte. Die Stürme der Märzbewegung 1848 gingen an dem Herzogthum vergleichungsweise leichter vorüber, doch fanden auch hier die allgemeinen politischen Wünsche den lebhaftesten Anklang, u. bald gesellten sich auch noch materielle Verlangen zu ihnen, namentlich Verminderung des Wildstandes, sowie der Salz- u. Holzpreise. Als am 7. März der Herzog aus England zurückkehrte, erklärte er, daß die politischen Wünsche der Petenten völlig mit seinen eigenen Wünschen u. politischen Ansichten übereinstimmten, u. gestand neben den allgemeinen deutschen Wünschen auch eine Änderung im Ministerium, Vereinigung des Kammervermögens mit der Obersteuerkasse, ein zeitgemäßes Innungsgesetz u. für Gotha bes. eine neue Verfassung zu. Kurz darauf erließ das Ministerium den Grundgesetzentwurf über die landständische Verfassung. Mehrfache Ausschreitungen, namentlich Seitens einzelner Bauernschaften in Koburg[721] u. Gotha, gerichtet vornämlich gegen die Forstbeamten, die Waldungen u. das Wild, nahmen nirgends einen bedenklichen Charakter an. Dem am 3. April eröffneten außerordentlichen koburgischen Landtag gegenüber sprach es der Herzog als seinen Wunsch aus, daß Koburg u. Gotha durch eine gemeinschaftliche Verfassung vereinigt würden, doch fand dieser Gedanke im Lande wenig Anklang. Im Übrigen bewies der koburgische Landtag viel Besonnenheit u. Mäßigung bei der Lösung seiner Aufgabe, die Landesverhältnisse an die Forderungen der Neuzeit anzupassen, wogegen die verfassunggebende Versammlung in Gotha, welche am 4. October zusammentrat, sofort decretirte, daß ihre Beschlüsse nicht der Genehmigung der Regierung bedürften, sondern von derselben nur auszuführen wären, was indeß der Herzog einfach zurückwies. Die Thüringische Frage, namentlich das Gerücht von einer Verschmelzung der Thüringischen Länder zu einem Königreich, dessen Regent der Großherzog von Weimar werden sollte, hielt das Land von der Mitte des Jahres an in lebhafter Bewegung. Die Besetzung des Landes durch Reichstruppen erfolgte trotz dem vom Landtag dagegen erhobenen Protest vom 5. November an. In Koburg traten die Geschwornengerichte bereits Anfang December ins Leben. Mitte Januar 1849 kam zwischen dem gothaischen Landtage u. der Regierung endlich ein Übereinkommen zu Stande, welchem zufolge das Kammergut Staatseigenthum werden, der Herzog aber jährlich 100,000 Thlr. u. außerdem für Wittthümer u. Bauten 25,640 Thlr. erhalten sollte; doch sollte, wenn er zu regieren aufhöre, sein bisheriges Recht wieder aufleben. Zugleich wurde vom Landtage das Schuldenwesen des Staates geordnet. Das vereinbarte Gesetz über Ablösung der Grundlasten erschien bereits am 25. Januar. Am 22. März kam denn endlich auch die Verfassung für Gotha zu Stande u. wurde am 27. März vom Herzog bestätigt, worauf derselbe, vom Reichsministerium mit dem Oberbefehle der thüringischen Truppen in Schleswig-Holstein betraut, am 30. März zum Heere abreiste u. am 5. April Theil an dem Siege über die dänische Flotille bei Eckernförde nahm. Die vom Reichsministerium so dringend empfohlene Vereinigung Gothas mit Koburg war dagegen auch in Gotha auf Widerstand getroffen. In der Deutschen Frage hatte die Regierung in Übereinstimmung mit den übrigen Thüringischen Staaten sich für die Übertragung der Kaiserwürde an den König von Preußen ausgesprochen, als jedoch dieser diese Würde ablehnte, trat der Herzog am 26. Juli dem Berliner Bündnisse u. schließlich dem Interim bei. Zu den wichtigeren vom gothaischen Landtage berathenen Gesetzen gehörten noch ein Preß- u. ein Jagdgesetz; derselbe entschied sich bei den Verhandlungen über die Finanzen zur Deckung der Fehleinnahme für die Einführung einer Einkommensteuer u. sprach sich hinsichtlich der Thüringischen Frage (s. oben Sachsen-Weimar S. 704) für schleunige Errichtung eines allgemeinen Organs für thüringische Gesetzgebung aus. Am 11. Aug. kehrte der Herzog aus Schleswig nach Koburg zurück u. berief gegen Ende des Jahres an die Spitze des neuen Ministeriums den bisherigen königl.-sächsischen Appellationsrath von Seebach. Die neuen Landtage wurden für Gotha auf den 4., für Koburg auf den 7. März einberufen; die Vorberathung der Vorlage hinsichtlich der Vereinigung beider Landestheile wurde einer aus beiderseitigen Abgeordneten gebildeten Commission überwiesen, welche erst 1851 zu dem Resultate kam, daß neben den Einzellandtagen noch ein vereinigter Landtag bestehen sollte, welcher aber nur über Justizpflege, Militärwesen u. das politische Verhältniß zum Deutschen Bund zu berathen u. zu beschließen habe. Zu den wichtigsten Berathungsgegenständen des gothaischen Landtages 1850 gehörte ein neues Einkommen- u. Klassensteuergesetz u. die Frage über das Hausallodium. Der verstorbene Herzog Ernst I. hatte nämlich im J. 1836 mit dem Herzoge Wilhelm von Nassau, als Vormund der Söhne Ernst u. Albert, einen Hausvertrag abgeschlossen, kraft dessen den beiden Letzteren aus einem, von dem Nachlaß der verstorbenen Speciallinie verbliebenen Allodium eine Jahresrente von 50,000 Fl. zugestanden wurde. Der Landtag von 1849 aber, welcher die Domänen für Staatsgut erklärte, hatte die fernere Auszahlung jener Rente untersagt, worauf Prinz Albert einen Proceß begonnen hatte, welcher zu Gunsten des Klägers entschieden wurde, weil jener Vertrag zu Recht bestände. Das Ministerium nun legte dem Landtage einen Vergleich vor, nach welchem jener Vertrag in allen seinen Theilen anerkannt, die Rente um 10,000 Fl. verringert u. zur Ablösung des Rentenanspruchs ein Complex von Gütern aus dem gothaischen Grundvermögen ausgeschieden werden sollte. Der Landtag beschloß jetzt auch die Annahme des Vergleichs u. das Staatsvermögen wurde in Folge dessen um 1 Mill. Fl. verringert. Rücksichtlich der einstigen Erbfolge in Koburg-Gotha bei der Kinderlosigkeit des Herzogs wurde dem vereinigten Landtage eine Vorlage gemacht, zufolge welcher laut einem bei der Vermählung des Prinzen Albert mit der Königin von England errichteten Familienstatut, falls die Succession auf die Nachkommen des Prinzen Albert übergehen sollte, dieselbe unmittelbar mit dem zweiten Sohne des Inhabers des englischen Thrones u. dessen Nachkommenschaft beginnen würde. Am 26. December wurde das Thüringische Strafgesetzbuch publicirt; doch blieben neben demselben das Gesetz über Militärverbrechen, das Dienstgesetz der öffentlichen Schulanstalten, das Preßgesetz u. das Gesetz gegen Nachdruck in Geltung. Gegen Ende des Jahres war auch die Regierung in den Stand gesetzt die Vorlagen hinsichtlich der organischen Vereinigung beider Herzogthümer, wie sie mit den beiderseitigen Landtagscommissarien vereinbart worden waren, an die Stände zu bringen. Sie bestanden in dem neuen Staatsgrundgesetz für die Herzogthümer, der Wahlordnung für die beiderseitigen Landtage, der Geschäftsordnung für dieselben, dem Gesetz über die Organisation des Staatsministeriums, dem provisorischen Gesetz über die Pensionsverhältnisse der Offiziere, den provisorischen Bestimmungen über verschiedene Gegenstände der Criminalrechtspflege u. der Polizei, dem Gesetz über den Civilstaatsdienst u. dem Einführungsgesetz über das neue Staatsgrundgesetz; die von der Regierung gegenüber der Verfassung von 1849 geforderten Revisionspunkte beschränkten sich übrigens auf Wiederherstellung des absoluten Veto, Vereidigung des Militärs nur zur Treue gegen den Fürsten, Einführung des indirecten Wahlmodus u. Verlängerung der Wahlperiode auf vier Jahre. Die koburgischen Stände nahmen die gesammten Vorlagen an,[722] schwieriger aber erschienen bereits von vornherein die am 1. December zusammentretenden gothaischen Stände. Schon der Ausgang der Verhandlungen über den von der Regierung gegenüber dem, von dem Prinzen Albert, dem König der Belgier u. dem Herzog von Koburg-Kohary wider die Abtretung der Domänen an den Staat erhobenen Protest, vorgelegten Entwurf einer Vereinbarung der herzoglichen Familie mit dem Lande zeigte ein der Regierung ungünstiges Resultat. Letztere hatte eine Theilung des gegenwärtigen Staatsgutes in zwei Parzellen proponirt, von denen die eine die Eigenschaft des Staatsgutes behalten, die andere Fideicommiß der herzoglichen Familie mit einem Reinertrag von 100,000 Thlrn. werden sollte, wogegen der Herzog auf seine jetzige, ebensoviel betragende Civilliste verzichtete. Die Stände lehnten am 9. Januar 1852 den Entwurf ab u. verwarfen dann auch die Vorlage der Regierung über die Vereinigung der Herzogthümer u. über die Verfassungsrevision. Darauf erfolgte am 28. Januar die Auflösung des gothaischen Landtags. Gelegentlich des neuen Wahlausschreibens erließ der Herzog am 24. Februar eine Ansprache an das Land, worin er nochmals seinen Entschluß die Vereinigung zu Stande zu bringen auf das bestimmteste aussprach, dabei aber zugleich hervorhob, daß die Vereinigung sich keineswegs auf die finanziellen Verhältnisse beider Herzogthümer beziehen, sondern nur in einer Gemeinschaftlichkeit der Verfassung, der Verhältnisse zum herzoglichen Hause u. zum gesammten Deutschland, wie hinsichtlich der Rechtspflege, des Militär-, Post- u. Zollwesens bestehen sollte. Der neue gothaische Landtag wurde am 22. April eröffnet u. gab dem Regierungsprojecte nun seine Zustimmung, so daß die Publication des neuen Staatsgrundgesetzes am 14. Juni erfolgen konnte, worauf der Schluß des Landtags am 15. Juni erfolgte. Bezüglich der Vereinigung beider Herzogthümer war darin nur den factisch schon bestehenden Verhältnissen (Gemeinsamkeit im Zoll-, Postwesen etc.) eine gesetzliche Festigung gegeben u. durch Gemeinsamkeit des Staatsgrundgesetzes u. durch einen gemeinschaftlichen Landtag u. Appellhof eine Vereinfachung der Geschäfte erzielt. Die Ritterschaft des Landes hatte übrigens schon vor dem völligen Zustandekommen der neuen Verfassung eine Rechtsverwahrung wider dieselbe bei dem Bundestage erhoben u. auf ein Inhibitorium angetragen, wodurch wieder Seitens der Regierung eine Entgegnung zu ihrer Rechtfertigung hervorgerufen wurde. In Koburg trat mit dem 1. Juli eine Behördenorganisation dergestalt ein, daß das Kammercollegium, das Consistorium u. die Forstmeisterei mit der Landesregierung verschmolzen u. die Hauptlandeskasse u. die Hauptkammerkasse in eine Staatskasse vereinigt wurden.

Nach der Vereinigung beider Herzogthümer war dem Lande noch die schwierige Lösung der Domänenfrage übrig geblieben. Sie war es auch, welche sowohl den Sonderlandtagen wie dem Gemeinschaftlichen Landtage von 1853, welcher letztere am 12. Mai zum ersten Male zusammentrat, als wesentlichste Aufgabe der landständischen Thätigkeit vorlag, wie anderer Seits die Regierung über die selbe mit den Regierungsbevollmächtigten von Altenburg u. Meiningen u. dem Beauftragten des Prinzen Albert Mitte October zu einer Berathung zusammengetreten war. In Koburg erfolgte zunächst mindestens der erste Schritt zu einer Ausgleichung, indem zwischen dem Landtage u. der Regierung vereinbart wurde, daß die Domänen u. Kammergüter so zwischen dem Herzoglichen Haus u. dem Staate getheilt würden, daß jeder von beiden Theilen die Hälfte der Güter zum ausschließlichen Eigenthum erhalte, dem regierenden Herzoge aber u. den übrigen Mitgliedern seines Hauses eine supplementarische Civilliste verwilligt werde. Dagegen ward in Gotha die Ordnung der Angelegenheit nach einem andern Princip versucht. Dem am 6 Dec. neu zusammentretenden Landtage wurde auf Grund der zwischen dem Bevollmächtigten des Prinzen Albert, der Staatsregierung u. dem ständischen Ausschuß zu Stande gekommenen Einigung ein neuer Vorschlag vorgelegt, doch blieb die Vertagung dem nächsten Jahre vorbehalten. Unter den anderweiten der Landesvertretung zur Berathung vorgelegten Gegenständen befand sich ein Ablösungsgesetz, welches der Gemeinschaftliche Landtag im Juni annahm; für den Landtag von Koburg eine Bezirksordnung, ein Abgabengesetz, ein Einkommen- u. Klassensteuergesetz; für Gotha ein Gesetz über Zusammenlegung der Grundstücke, über Bildung einer Landescreditkasse behufs der Ablösungen u. ein revidirtes Steuergesetz. An der Lösung der schwierigen Werrabahnfrage betheiligte sich auch die Koburg-gothaische Regierung in diesem u. dem folgenden Jahre (s.u. Sachsen-Weimar). Bezüglich der Allodialrentenfrage trat der gothaische Landtag am 10. April 1854 einem neugemachten Vorschlage von Seiten des Vertreters der beiden Allodialerben (des Herzogs u. des Prinzen Albert) bei, wonach unter dem Namen Ernst-Albert-Fideicommiß eine Domäne aus drei Forsten u. einem Landgute mit einem jährlichen Reinertrag von 40,000 Fl. bestellt werden sollte, deren Verwaltung während der Regierung des jetzigen Herzogs der Staat führte u. die Nutzungen in der bezeichneten Höhe an die Fideicommißinhaber abtrüge. In der Domänenfrage faßte dieser Landtag in seiner Herbstsitzung einen dieselbe zum Abschluß bringenden Beschluß, indem er die bezügliche Beilage des Staatsgrundgesetzes, wonach der ganze Complex des Kammer- u. Domänenvermögens für Staatsgut erklärt u. wodurch vornämlich der agnatische Protest hervorgerufen worden war, für nichtig erklärte u. ebenso den von der Staatsregierung proponirten Vergleich genehmigte, dessen Grundzüge folgende waren: Das frühere Kammer- u. Domänenvermögen wird in zwei Theile getheilt, in Staatsgut u. Domänengut; das Domänengut ist zu Gunsten des Mannsstammes im herzoglich Gothaischen Gesammthause mit dem Fideicommißverband belegt; für den Schuldenbestand der vormaligen Kammerkasse bleibt das Domänengut verhaftet; das Domänengut überläßt die dem bisherigen Kammer- u. Domänenvermögen gehörigen Domanialgefälle im Betrage von 60,631 Thlrn., wogegen die Domänenkasse von dem Staatsfiscus ein Capital von 950,000 Thlrn. durch Vermittlung der Ablösungskasse erhält. Nun war noch die Genehmigung zu dem, von den Agnaten des herzoglichen Hauses bezüglich des künftigen fideicommissarischen Domänengutes vereinbarten Hausgesetze erforderlich. Nachdem am 31. Januar 1853 die Sonderlandtage in Koburg u. Gotha abermals zur Berathung des Hausgesetzes, gegen dessen Abänderungen die Agnaten wieder protestirt, zusammengetreten waren, u. nun der gothaische Landtag[723] dem von der Regierung eingebrachten Amendement keine Zustimmung gegeben, der koburger dagegen sich nochmals gegen das ganze Gesetz verwahrt hatte, begann am 22. Februar der Gemeinschaftliche Landtag seine Sitzungen darüber, u. mit ihm kam bis zum 17. endlich die erwünschte Einigung zu Stande, so daß das Domänengesetz am 14. April, das Hausgesetz am 18. publicirt werden konnte. Zu den weiteren wichtigeren Gegenständen der landständischen Berathungen während des Jahres 1855 gehörten ein Gesetz über Wiedereinführung der Todesstrafe, über Erfüllung der Wehrpflicht, ein allgemeines Expropriationsgesetz u. eine das endliche Zustandekommen der Werrabahn betreffende Vorlage wegen Übernahme der Zinsengarantie u. Betheiligung des Landes bei der Actienzeichnung für die Bahn. Das Jahr 1856 brachte dem Lande eine durchgreifende Veränderung im Gerichtswesen; die sogen. Thüringische Strafproceßordnung wurde dem am 22. Mai zusammengetretenen Gemeinschaftlichen Landtage nebst Vorlagen über die Gerichtsorganisation, die Competenz der Gerichte in Civilsachen, die Aufhebung des privilegirten Gerichtsstandes u. den Verlust der staatsbürgerlichen u. Ehrenrechte wegen Verbrechen zur Berathung übergeben u. von demselben alsbald angenommen. Auch die Wiedereinführung der Todesstrafe wurde genehmigt. Die neue Gerichtsorganisation (s. oben S. 668) trat erst 1858 ins Leben. Der noch im Juni tagende gothaische Sonderlandtag genehmigte ein Gesetz über Verjährungsfristen bei geringeren Forderungen, sowie über das Lehnwesen u. gab seine Zustimmung zu der Errichtung einer Privatbank in Gotha. Nachdem sich der Herzog gegenüber dem am 16. April eröffneten Gemeinschaftlichen Landtag nochmals von der Nothwendigkeit einer zustandekommenden völligen Vereinigung der beiden Herzogthümer ausgesprochen hatte, wurde aus dem Landtage selbst nun sofort ein Antrag auf Vorlegung eines darauf bezüglichen Gesetzes eingebracht. Der Antrag wurde am 24. berathen, u. da der Landtag, obschon die Koburger Abgeordneten sich der Abstimmung enthielten, beschlußfähig blieb, angenommen, worauf das Ministerium am 30. einen Entwurf bezüglich der durch die Union erforderlichen Abänderungen im Staatsgrundgesetz u. in der Organisation des Ministeriums vorlegte, welchen der Landtag, nach Ablehnung des antiunionistischen Minoritätsgutachtens des Ausschusses annahm, aber möglichste Berücksichtigung der Koburger Interessen (Verlegung des Appellhofes, des Ministeriums für das Herzogliche Haus nach Koburg, Verbleiben der Koburger Recrutirung daselbst etc.) empfahl. Als darauf der Antrag den Sonderlandtagen zur Cognition mitgetheilt ward, nahm der gothaische das neue Staatsgrundgesetz an, der koburger dagegen lehnte am 1. August die auf die Union bezügliche Regierungsvorlage ab, worauf er vertagt wurde. Am 19. August berief die Regierung wieder den Gemeinschaftlichen Landtag ein u. legte demselben einen Gesetzentwurf betreffend die Organisation des Staatsministeriums vor, nach welchem dieses aus einer koburgischen u. einer gothaischen Abtheilung mit dem Sitz resp. in Koburg u. in Gotha bestehen, die gemeinschaftlichen Angelegenheiten aber derjenigen Abtheilung zufallen sollen, deren Vorstand der Staatsminister ist. Dagegen fehlte die in der früheren Fassung des Gesetzentwurfes enthaltene Bestimmung, daß eine etwaige Verlegung des Sitzes der Ministerialabtheilungen von der Zustimmung der Sonderlandtage abhängig sein soll. Die koburger Abgeordneten erhoben Zweifel an der Competenz des Gemeinschaftlichen Landtags zur Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfs, u. es wurde als Schiedsgericht zur Entscheidung über diese Frage das Oberappellationsgericht zu Jena erwählt, welches dahin entschied, daß die Verlegung des ständigen Sitzes des gesammten Ministeriums nach Gotha auch ohne Mitwirkung des koburger Speciallandtags zur Durchführung gebracht werden könne. Die Regierung legte nun den früher abgelehnten Unionsentwurf dem koburger Sonderlandtag nochmals vor, aber in der Sitzung vom 12. December lehnte der Landtag ihn wiederum ab u. wurde nun auf unbestimmte Zeit vertagt. Auf die Beschwerde der gothaischen Ritterschaft wegen Aufhebung der landschaftlichen Verfassung u. Entziehung landständischer Rechte gab die Regierung an die Bundesversammlung eine Erklärung ab, welche die Beschwerde als durchaus unbegründet zurückwies. Durch die Weigerung eines für die katholische Gemeinde in Gotha neuangestellten Geistlichen, die eidliche Zusage des Gehorsams gegen die Landesgesetze zu leisten, kam die Regierung in einen Conflict mit dem Bischof von Paderborn, welcher zwar dadurch, daß der betreffende Geistliche das Staatsgrundgesetz beschwor, vorläufig beigelegt wurde, aber zu weiteren Verhandlungen führte. Nachdem am 23. December noch das Gesetz über die Organisation des Staatsministeriums erschienen war, erfolgte mit Anfang des Jahres 1859 die Durchführung der neuen Gesetze: an die Spitze der koburgischen Ministerialabtheilung wurde der Geheime Staatsrath Francke gestellt, an die Spitze der gothaischen Abtheilung u. des Staatsministeriums überhaupt blieb der Staatsminister von Seebach. Mit dem 1. Juli traten die neuen Gesetze ins Leben, nachdem der Gemeinschaftliche Landtag, wiewohl unter Protest der koburger Abgeordneten, die Neugestaltung definitiv genehmigt u. die erforderlichen Mittel hierzu verwilligt hatte. Das neue Organisationsgesetz, welches nächst der Trennung der Verwaltung von der Justiz Aufhebung der Mittelbehörden, Bestimmungen über Competenzconflicte u. Einräumung der Polizeigewalt an die Gemeindevorstände enthielt, wurde am 14. Juni publicirt. Dem unmittelbar nach dem Gemeinschaftlichen Landtag wieder zusammengetretenen gothaischen Speciallandtag lagen der Entwurf zu einem Gemeindegesetz, die Vorlagen wegen der Organisation der Unterbehörden u. der Domänenetat für 1858–61 vor; sie wurden im Wesentlichen nach den Vorlagen der Regierung erledigt, auch eine Aufbesserung der Gehalte der Staatsbeamten genehmigt. Der koburgische Sonderlandtag hatte außer den Organisationsvorlagen, dem Gemeindegesetz u. dem Etat noch ein Schulgesetz, ein Gesetz die Gestattung von Glücksspielen betreffend, ein anderes über Hundesteuer, über Abänderung der Einkommensteuer u. andere in das Finanzwesen einschlagende Entwürfe zu berathen. Von besonderer Wichtigkeit war auch ein Gesetz zur Verbesserung des Civilproceßverfahrens. Auf dem kirchlichen Gebiete folgte die Regierung einer sehr freisinnigen Richtung, u. es fanden in Gotha Trauungen einer [724] Anzahl geschiedener Personen Statt, denen diese in ihrem Heimathlande Preußen versagt worden war. Die Eröffnung der Werrabahn von Eisenach nach Koburg (6. November 1858) stellte ein wichtiges Mittelglied in dem Verkehrsystem Mitteldeutschlands her. Um in dem Conflicte, welcher im Anfang 1859 zwischen Frankreich u. Sardinien einer u. Österreich andererseits ausbrach, eine gemeinsame Vermittelung Englands u. Preußens herbeizuführen, unternahm der Herzog Reisen nach Berlin u. London, doch ohne Erfolg. Der Gemeinschaftliche Landtag verwilligte einen Credit von 150,000 Thalern für die Kriegsbereitschaft; auch der gothaische Sonderlandtag berieth ein Gesetz über Einquartirung u. sonstige Leistungen zu Militärzwecken. Die Bestrebungen der Liberalen in Deutschland, deren Ziel auf Herstellung einer einheitlichen deutschen Centralgewalt mit Volksvertretung u. einheitlicher diplomatischer u. militärischer Führung geht, fanden bei dem Herzog Unterstützung u. Förderung; hiernach regelte sich auch dessen Verhalten in den allgemeinen deutschen Bundesfragen, in denen die Gothaische Regierung regelmäßig den preußischen Standpunkt theilte. Eine vom Herzog bei Gelegenheit der Überreichung einer Adresse mehrer gothaischer Bürger rücksichtlich der deutschen Reformbewegung ausgesprochene Erklärung veranlaßte sogar im Septbr. einen diplomatischen Notenwechsel mit dem Österreichischen Cabinet, welcher eine ziemlich gereizte Sprache annahm. Der deutsche Nationalverein, welcher sich am 16. Septbr. in Frankfurt constituirt hatte, verlegte den Sitz seines Ausschusses, nachdem demselben in Frankfurt die polizeiliche Erlaubniß dazu verweigert worden war, am 18. Octbr. nach Koburg, wo er ohne Belästigung blieb, u. seitdem knüpfen sich die Bestrebungen dieses Vereins wesentlich an den Namen Koburg. An den Würzburger Conferenzen betheiligte sich Koburg-Gotha nicht. Im Juni 1859 tagte zu Gotha ein Concil deutsch-katholischer u. frei-evangelischer Gemeinden. Auf Verbesserung des Schulwesens verwendete die Regierung unausgesetzte Aufmerksamkeit. Hinsichtlich der Reform des Gewerbewesens traf die Regierung mehre wichtige Maßregeln; nicht nur wurden im Innern des Landes die lästigsten Beschränkungen der Zunftordnungen aufgehoben, die Innungsgebühren herabgesetzt, die Handelsbefugnisse der Gewerbetreibenden erweitert u. die Berechtigungen der Handeltreibenden ausgedehnt, sondern auch zunächst durch Abschluß einer Convention mit Meiningen das Arbeitsgebiet der Handwerker nach Außen erweitert u. gleiche Ausdehnung auf andere Nachbargebiete ins Auge gefaßt. An dem Fürstencongreß in Baden nahm der Herzog Theil; eine dort von dem Könige von Württemberg an die versammelten Fürsten gerichtete Ansprache u. speciell eine den Nationalverein betreffende Stelle derselben gab dem Herzog Anlaß zu einer Correspondenz mit den deutschen Königen, in welcher derselbe für die Berechtigung der nationalen Bestrebungen des Deutschen Volkes eintrat, in denselben keine Gefahr für die Regierungen erblickte u. erklärte, daß er dem Verein, so lange er sich innerhalb legaler Grenzen halte, nicht hindernd entgegentreten werde. Auch in diesem Jahre waren die Landtage versammelt, die Berathungen betrafen im Allgemeinen nur Gegenstände von untergeordnetem Interesse; ein Gesetzentwurf über Aufhebung der Beschränkung des vertragsmäßigen Zinsfußes wurde angenommen. Dem Sonderlandtag in Koburg lagen hauptsächlich Vorlagen über Anfertigung eines neuen Papiergeldes, Bonitirung des Grundbesitzes u. die allgemeine Grundsteuer, den Beitritt zu dem Süddeutschen Münzverein, die Verwilligung eines Zuschusses zur Verzinsung der Werrabahnactien vor; dem zu Gotha Entwürfe über Bestrafung von Forstvergehen, Anlegung von Mündelgeldern, Neuausgabe von Kassenscheinen, Einführung von freien Gerichtstagen. Statt der letzteren beschloß der Landtag jedoch die Errichtung von Friedensgerichten. Koburg sah im Laufe des Jahres 1860 mehre größere Versammlungen in seinen Mauern; außer der ersten Generalversammlung des Nationalvereins wurde dort ein allgemeines deutsches Turnfest u. kurz darauf ein großes Sängerfest gefeiert. Beiden Festen schenkte der Herzog seine Theilnahme. Das Arbeitsgebiet der Gewerbtreibenden im Herzogthum Koburg wurde auch auf die baierischen Regierungsbezirke Unterfranken u. Aschaffenburg u. gegenseits ausgedehnt. Im Jahr 1861 lag dem Landtag in Gotha außer dem Etat für 1861–65 u. einer Anwaltsordnung namentlich ein Gesetzentwurf vor, welcher zur Beseitigung der Beschwerde der Gothaischen Grafencurie u. Ritterschaft im Einverständniß mit den Fürsten von Hohenlohe als Grafen von Gleichen vorschlug, daß die Fürsten von Hohenlohe künftig einen Abgeordneten, die größeren Grundbesitzer drei Abgeordnete in den Landtag wählen sollten. Der Landtag lehnte jedoch diesen Vorschlag ab. In diesem Jahre wurde von der Regierung auch eine Militärconvention mit Preußen abgeschlossen; nach dieser soll Preußen die vollständige Erhaltung des Koburg-Gothaischen Bundescontingents im Frieden wie im Kriege gegen eine Bauschsumme von jährlich 80,000 Thlrn. in Friedenszeiten, 9000 Thlrn. für jede Mobilmachung u. 148,000 Thlrn. für jährliche Erhaltung im mobilen Zustande übernehmen. Alle in der preußischen Armee gültigen Disciplinar-, Straf- u. Verwaltungsvorschriften treten auch für das Herzogliche Militär in Geltung; das Offiziercorps wird in die preußische Armee eingereiht, das Unteroffiziercorps aus dem Contingent ergänzt; der Herzog tritt zu dem Contingent in das Verhältniß eines commandirenden Generals etc. Der Landtag ertheilte der Convention, welche mit 1. Juli 1862 vollständig ins Leben treten sollte, unter einigen Modificationen seine Zustimmung. Dagegen veranlaßte sie einen Protest des Herzogs von Meiningen vom 22. Nov. 1861, welcher seine agnatischen Rechte verwahrte u. der Convention seine Anerkennung versagte. Einer Erwiderung von Seiten Koburg-Gothas folgte eine nochmalige Replik von Meiningen. Von anderen Vorlagen an die Landtage ist noch ein Gesetzentwurf über Zusammenlegung von Grundstücken u. eine Medicinalordnung hervorzuheben. Vom 8. bis 11. Juli 1861 fand in Gotha ein Thüringer Turntag u. ein allgemeines Deutsches Schützenfest statt, welches vom Herzog eröffnet wurde u. zur Gründung eines Deutschen Schützenbundes führte, welcher sich die Erhöhung der Wehrhaftigkeit des Volkes zur Aufgabe machte. Mit Preußen schloß die Regierung eine Etappenconvention u. mit Meiningen einen Vertrag über Gewähr gegenseitiger Rechtshülfe ab. An den Verhandlungen, welche die Herstellung einer übereinstimmenden Gesetzgebung der Thüringischen Staaten namentlich[725] im Gewerbewesen u. bei Einführung des Deutschen Handelsgesetzbuches bezweckten, nahm Koburg-Gotha Antheil u. beschickte die zu diesem Zweck committirten Versammlungen; auch der Errichtung eines gemeinschaftlichen Statistischen Bureau's in Jena gab es seine Zustimmung. Durch die Agitationen, welche ein Theil des Handwerkerstandes gegen den Entwurf des gemeinsamen Thüringischen Gewerbegesetzes einleitete u. welche namentlich durch einen am 5. Jan. 1862 in Gotha versammelten Handwerkertag Ausdruck fanden, ließ sich die Regierung nicht beirren u. legte den Landtagen diesen auf der Basis der Gewerbefreiheit beruhenden Entwurf vor, u. es fand derselbe nur insofern Anstand, als die Preßgewerbe den concessionspflichtigen Gewerben beigezählt u. nicht vollständig freigegeben waren. Ende Febr. 1862 trat der Herzog mit seiner Gemahlin eine größere Reise nach Afrika an, welche bis nach den Bogosländern ausgedehnt werden sollte. Ein dem gemeinschaftlichen Landtag gleichzeitig vorgelegter Gesetzentwurf, nach welchem die Regierungsverwesung für den Fall des Ablebens des Herzogs vor Eintritt der Mündigkeit des wahrscheinlichen Regierungsnachfolgers Prinzen Alfred von England, von dem (katholischen) Prinzen August von Koburg-Gotha-Kohary übernommen werden soll, wurde zwar unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Speciallandtage angenommen, blieb aber, da die Regierung diesen Vorbehalt nicht anerkannte, unerledigt. Auch hinsichtlich einer weiteren Vorlage, die auf die Militärconvention mit Preußen bezüglichen Gesetze betreffend, wichen die Beschlüsse des Landtages mehrfach von den Regierungspropositionen ab, u. wahrscheinlich wird in Folge dieser Beschlüsse die für den 1. Juli festgesetzte Ausführung der Convention bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu Stande kommen.

Vgl. Allgemeine Schriften über die Sächsische Geschichte: I. B. Mencke, Scriptores rerum Germanicarum, praecipue Saxonicarum, Lpz. 1728, 3 Bde., Fol.; I. G. Horn, Historische Handbibliothek von S., ebd. 1728–36, 9 Bde.; Schöttgen u. Kreysig, Diplomatische u. curieuse Nachlese der Geschichte von Obersachsen, Dresd. 1730–33, 12 Bde.; Kreysig, Beiträge zur Historie der kur- u. fürstlichen Sächsischen Lande, Altenb. 1754–64, 6 Bde.; Klotzsch u. Grundig, Sammlung vermehrter Abhandlungen zur Sächsischen Geschichte, Chemnitz 1767–77, 12 Bde.; Hasche, Magazin der Sächsischen Geschichte, Dresden 1784–1788, 5 Bde.; J. S. Müller, Annalen des chur- u. fürstlichen Hauses S. vom Jahre 1400–1700, Weimar 1700, Fol.; Glafey, Kern der Geschichte des chur- u. fürstlichen Hauses S., Nürnb. 1753; I. F. von Braun, Geschichte des chur- u. fürstlichen Hauses S., Langensalze 1778–81, 6 Bde.; J. E. Witschel, Sächsische Geschichte, Lpz. 1784–88, 4 Bde.; Engelhardt, Denkwürdigkeiten aus der Sächsischen Geschichte, Dresden 1796–99, 4 Bde.; Dessen Geschichte der chur- u. herzoglich Sächsischen Lande, Lpz. 1802–1803, 3 Bde.; Dessen Tägliche Denkwürdigkeiten aus der Sächsischen Geschichte, ebd. 1809–12, 3 Bde.; C. G. Heinrich, Sächsische Geschichte, Lpz. 1810–12, 2 Bde.: F. Wachter, Thüringische u. Obersächsische Geschichte, Lpz. 1826–30, 3 Bde.; H. Meynert, Geschichte des Sächsischen Volkes, Lpz. 1833–35, 2 Bde.; F. Wachter, Geschichte S-s von der ältesten bis auf die neueste Zeit, Lpz. 1839, 3 Bde.; C. Gretschel, Geschichte des Sächsischen Volkes, Lpz. 1841 ff.; Historischer Atlas von S. od. Übersicht der Besitzungen dieses Landes von 950–1815, Lpz. 1815, 26 Karten. Schriften über die besonderen Linien u. Landestheile: Über das Kurfürstenthum u. Königreich S.: Weiße, Geschichte der chursächsischen Staaten, Lpz. 1802–11, 7 Bde.; Pölitz, Geschichte, Statistik u. Erdbeschreibung des Königreichs S., Lpz. 1810, 3 Bde.; Derselbe, Geschichte des Königreichs S., Dresd. 1826, 2 Bde.; C. W. Böttiger, Geschichte des Kurstaates u. Königreichs S-s, Hamb. 1830, 2 Bde.; Engelhardt, Geschichte des Sächsischen Vaterlandes, fortgesetzt von G. Klemm, Lpz. 1836; Günther, Geschichte S-s, ebd. 1842 ff., 2 Bde.; Über die herzoglichen Länder: Weimar: K. W. Schuhmacher, Vermischte Nachrichten u. Anmerkungen zur Erläuterung der Sächsischen, bes. aber der Eisenachschen Geschichte, Gött. 1766–72, 6 Hefte; J. G. Gottschalg, Geschichte des herzoglichen Fürstenhauses Sachsen-Weimar u. Eisenach, Lpz. 1797; de Wette, Lebensgeschichte der Herzöge zu Sachsen, welche vom Kurfürst Johann Friedrich an bis auf den Herzog Ernst August Constantin regiert haben, Weim. 1770; von Gotha: F. Rudolphi u. v. Gleichenstein, Gotha diplomatica od. Ausführliche Beschreibung des Fürstenthums Sachsen-Gotha, Frankf. 1717, 2 Bde., Fol.; Heydenreich, Annales vom Fürstenthum Gotha u. dessen Residenzstadt von 1665–90, Gotha 1721; von Koburg: Hönn, Sachsen-Koburgische Chronik, Koburg 1700, fortgesetzt von Dotzauer, ebd. 1792–1801, 2 Bde.; Gruner, Historisch-statistische Beschreibung des Fürstenthums Koburg, Saalfeldischen Antheils, ebd. 1783–1809, 5 Bde.; Schultes, Koburgische Landesgeschichte des Mittelalters, Hildb. 1814; Derselbe, Sachsen-koburg-saalseldische Landesgeschichte, Koburg 1818 = 21, 2 Bde.; von Altenburg: Meyner, Entwurf einer Geschichte des Fürstenthums Altenburg, Altenburg 1789; F. G. von Beust, Jahrbücher des Fürstenthums Altenburg, ebd. 1800–1803, 5 Bde.; Ch. F. H. Sachse, Die Fürstenhäuser Sachsen-Altenburg, Altenb. 1826; M. K. Frommelt, Geschichte des Herzogthums Sachsen-Altenburg, Lpz. 1836; H. v. Thümmel, Historisch-statistisch-topographische Beiträge zur Kenntniß des Herzogthums Altenburg, ebd. 1820, Fol.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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